Zeit geben, Zeit nehmen Projekt WERKstattSCHULE gibt Jugendlichen eine Perspektive

Bonn · Das Projekt „WERKstattSCHULE“ unterstützt Jugendliche, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Ein Erfolgsbeispiel ist ein junges Mädchen, das sich dem Projekt anschloss und eine ganz neue Leidenschaft entdeckte.

 Verena Di Tomaso sprüht mit Jugendlichen Graffiti in der WERKstattSchule.

Verena Di Tomaso sprüht mit Jugendlichen Graffiti in der WERKstattSchule.

Foto: Benjamin Westhoff

Eine behütete Kindheit, Chancen auf eine optimale Schul- und Berufsausbildung sowie Zugang zu Kunst, Kultur und Sport: Nicht alle Kinder wachsen in Bonn in idealen Familienverhältnissen auf. Chancengleichheit und Bildungschancen sind größtenteils immer noch vom Elternhaus abhängig. Oft entscheidet sich bereits in frühester Kindheit, welchen Weg ein Jugendlicher einmal gehen wird. Ohne Perspektiven sowie Aussichten auf ein Leben in festen Strukturen fällt es vielen daher schwer, sich in Schule oder Ausbildung zu engagieren. Mit der Initiative „WERKstattSCHULE“ fängt die Katholische Jugendagentur Bonn genau diese Heranwachsenden auf und hilft ihnen, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden.

„Wir wollen junge Menschen in ihrer Selbstwirksamkeit bestärken und dazu befähigen, ihre private sowie berufliche Laufbahn aktiv in die Hand zu nehmen“, so stellt Verena Di Tomaso das Projekt vor. Derzeit betreuen die Pädagogen zwölf Jugendliche zwischen 15 und 22 Jahren. Viele haben keinen Schulabschluss, sind aus dem System ausgebrochen oder haben psychische Probleme. „Wir geben Zeit und wir nehmen Zeit“, stellt sie das Motto des Projekts vor.

Jugend bedeutet Entwicklung, Entfaltung, Ankommen. Neue Erfahrungen werden gemacht und die ganz persönlichen Akzente für den eigenen Lebensweg gesetzt. Dieser Weg ist gleichzeitig mit der Bewältigung einiger Hürden verbunden. Viele junge Menschen sind in ihrem Alltag starken Belastungen ausgesetzt, die es ihnen erschweren, ihren Weg erfolgreich und kontinuierlich zu meistern. Schule und Berufseinstieg können dabei schnell als Belastung empfunden werden.

Im Gegensatz zu anderen Maßnahmen, die viele der „WerkstattSchule“-Teilnehmer bereits durchlaufen haben, sollen bei dem Programm Struktur, Disziplin und Leistung zunächst an zweiter Stelle stehen. „An erster Stelle steht der Jugendliche mit seinen Gedanken, Wünschen und Sorgen. Ganzheitlich wahrgenommen, im Blickfeld einer vertrauensvollen Pädagogik. Darauf aufbauend werden nötige Kompetenzen für das Berufsleben schrittweise eingeübt. Im Mittelpunkt stehen Erfolgserlebnisse, die Ehrgeiz und Motivation nach sich ziehen“, so die Leiterin.

Beitrag zur Heilung

„WERKstattSCHULE“ soll junge Menschen in ihrer Selbstwirksamkeit bestärken und dazu befähigen, ihre private sowie berufliche Laufbahn aktiv in die Hand zu nehmen. Viele hätten seit ihrer Kindheit meist Ablehnung und Ausgrenzung erfahren. „Die Reintegration in vorhandene Strukturen ist nicht unser vorrangiges Ziel. Sondern wir wollen vielmehr zur Heilung beitragen. Wir möchten, dass die Jugendlichen wieder mit dem Fuß auf dem Boden stehen“, erklärt Di Tomaso.

Konkret bedeutet das, dass man gemeinsam wieder verbindliche Tagesstrukturen aufbaut, den Teilnehmern hilft, ihre persönlichen Stärken zu entdecken. Entwicklung einer realistischen Selbsteinschätzung, Förderung von Fähigkeiten, Selbstständigkeit sowie Interessen und eine Horizonterweiterung durch die Arbeit im Praktikum, den Austausch mit Anderen und die Gruppenangebote werden in verschiedenen Workshops vermittelt. „Wir ermuntern sie, sich auf ihre Stärken zu besinnen und nicht nur ihre Schwächen zu thematisieren“, so Verena Di Tomaso.

Dass es manchmal nur einen kleinen Stupser braucht, um wieder zurück in die Bahn zu kommen, das haben die Pädagogen erst kürzlich erlebt. Ein junges Mädchen ohne Schulabschluss und berufliche Perspektiven fand den Weg in das Projekt. „Sie konnte wirklich hervorragend malen und zeichnen“, erzählt die Leiterin. „Wir haben sie dann darin bestärkt, ihren Neigungen und ihrer Leidenschaft nachzugehen. Mittlerweile geht sie wieder zur Schule und möchte später im Bereich Modedesign arbeiten“, so Di Tomaso. Nicht ungewöhnlich, wie das Team immer wieder beobachtet. „Viele gehen im Anschluss wieder zurück in die Schule“, so die Projektleiterin.

Weitere Informationen unter www.kja-bonn.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Rheinischer Protest
Kommentar zur Besetzung der Bonner Grünen-Parteizentrale Rheinischer Protest