200 Bürgeranträge in Bonn Protest gegen Steuererhöhung

BONN · Weit mehr als 200 Bürgeranträge gegen die geplante Grundsteuererhöhung liegen der Stadt Bonn bisher vor. Und der Protest wächst.

FDP-Chef Christian Lindner (rechts) spricht bei der Tagung von Haus & Grund zu den Mitgliedern.

FDP-Chef Christian Lindner (rechts) spricht bei der Tagung von Haus & Grund zu den Mitgliedern.

Foto: barbara frommann

Rund 200 Teilnehmer der Tagung der Eigentümergemeinschaft Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg am Samstag im Haus der Evangelischen Kirche verabschiedeten nahezu einstimmig eine Resolution gegen die aktuell geplanten beziehungsweise bereits beschlossenen Erhöhungen in Bonn sowie in vielen Kommunen der Region. Das sei ein "maßloser Griff in die Taschen der Hauseigentümer", heißt es in der Resolution unter anderem. Nur wenn die Sparpotenziale ernsthaft ausgeschöpft würden, könne man Eigentümern und Mietern eine maßvolle Erhöhung der "ohnehin schon hohen Grundsteuer" zumuten.

Ein Thema, das auch FDP-Bundesvorsitzender Christian Linder anprangerte. Er eröffnete am Morgen den Rednerreigen und forderte "mehr Mut zur Marktwirtschaft". Unter den Zuhörern: die OB-Kandidaten Ashok Sridharan (CDU) und Peter Ruhenstroth-Bauer (SPD). Für beide war es der erste gemeinsame Auftritt in der Öffentlichkeit. Offiziell nicht eingeladen war Tom Schmidt, OB-Kandidat der Grünen.

Im Vorfeld der für August geplanten "Elefantenrunde" von Haus & Grund mit den aus Sicht des Vereins aussichtsreichsten Kandidaten für eine mögliche Stichwahl, habe man nur die beiden Bewerber von CDU und SPD zur Tagung eingeladen, erkläre Geschäftsführer Helmut Hergarten. Das praktiziere der Verein schon immer so, "und bislang hatten wir mit unseren Prognosen ja auch immer Recht".

Lindner verurteilte in seiner Rede die Grundsteuererhöhnung ebenso wie die Erhöhung der Grunderwerbssteuer und die "rot-schwarze" Mietpreisbremse. "Es ist immer leicht an der Steuerschraube zu drehen, um öffentliche Haushalte zu sanieren anstatt kritische Bestandsaufnahme zu üben", sagte er. "Eine marktwirtschaftliche Lösung ist in der Regel die sozialverträglichere Lösung", sagte der Hoffnungsträger der FDP, der gleich im Anschluss an seinen Auftritt in Bonn nach Bremen eilte, um dort den Wahlkampf anzuheizen für ein Comeback der Liberalen in der Bürgerschaft bei der Wahl im Mai.

Auch Haus & Grund-Vorsitzender Hans Rudolf Sangenstedt beklagte in seinem Jahresbericht das Vorgehen der Politik als "skandalös". Einerseits erhöhe sie die Steuern, andererseits solle die Mietpreisbremse dafür sorgen, dass diese Erhöhung nicht bei den Mietern ankomme. "Das ist ist so, als würde man einem Taxifahrer verbieten, bei einer Steigerung des Benzinpreises den Fahrpreis zu erhöhen", verglich er.

Sangenstedt zeigte aber auch Verständnis für die Lage der Kommunen, die mit ihren finanziellen Problemen "von Bund und Land alleine gelassen werden." In Bonn will die Jamaika-Koalition nach derzeitigem Stand die Grundsteuer rückwirkend zum 1. Januar voraussichtlich zwischen 100 und 200 Hebepunkte erhöhen. Die Stadtspitze hat eine Steigerung um 300 Hebepunkte vorgeschlagen. Das würde der Stadtkasse rund 38 Millionen Euro Mehreinnahmen pro Jahr bescheren.

Mit Blick auf die Oberbürgermeister-Wahl im September setzt Sangenstedt auf einen Nachfolger von Jürgen Nimptsch, "der mit dem Stadtrat gut zusammenarbeitet und die Stadt wieder nach vorne bringt. Geben Sie dem Ihre Stimme, von dem Sie glauben, dass er die Probleme und Dissonanzen zwischen Rat und Verwaltung lösen kann." Eine Empfehlung, die Sridharan und Ruhenstruth-Bauer nicht mehr hörten. Sie waren bereits zum nächsten Termin unterwegs.

Neben dem politischen Diskurs gab es auch viele Fachvorträge: So referierte Stadtwerke-Geschäftsführer Peter Weckenbrock über die Herausforderung des städtischen Konzerns im Zeichen der Energiewende. Die Stadtwerke machten sich in Bonn schon schon lange für die Energiewende stark. "Seit Jahrzehnten ist das Bemühen um eine sichere, bezahlbare, klimaverträgliche und damit nachhaltige Energieversorgung der Kern unseres unternehmerischen Handelns."

Tiefbauamtsleiter Peter Esch hatte eine ganze Menge Informationen zum Thema Starkregen im Gepäck und räumte mit so mancher Vorstellung über die Ursachen für überflutete Keller auf. Nicht die zunehmende Versiegelung oder die Zahl der Gullys seien verantwortlich für die sogenannte urbane Sturzflut, sondern die Häufung von Extremereignissen.

Und weil die statistische Wiederkehrzeit eines Starkregens letztlich unbedeutend sei und es im kommenden Sommer wieder so weit sein könne, riet Esch unter anderem: "Sichern Sie die Anschlüsse in ihren Häusern nur unterhalb der Rückstauebene." Viele Hausbesitzer würden die Rückstauventile an den falschen Stellen anbringen mit der Folge, dass die Keller überflutet werden.

Haus & Grund

Haus & Grund ist eine Eigentümerschutz-Gemeinschaft, die sich bundesweit seit mehr als 130 Jahren für die Belange von Haus- und Grundstückseigentümer einsetzt. Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg wurde 1903 gegründet und zählt zurzeit 6020 Mitglieder. Der Verein bietet seinen Mitgliedern Rechtsberatung an und vertritt ihre Interessen gegenüber den Verwaltungen und den politischen Parteien sowie den Medien. In der ausgegliederten Tochtergesellschaft Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg Service GmbH erhalten die Mitglieder verschiedene Dienstleistungen rund um das Eigentum.

Kontakt: Tel. 02 28/969 26 70 und www.haus-und-grund-bonn.de

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