Keine Beweise für Totschlag 57-jährige Bonnerin nach Tod der Mutter freigesprochen

Bonn · Eine 57-jährige Bonnerin ist vor Gericht freigesprochen worden. Zunächst hatte der Verdacht bestanden, sie habe ihre pflegebedürftige Mutter erstickt. Ein Gutachten der Rechtsmedizin entlastet sie.

 Eine 57-Jährige ist vor Gericht freigesprochen worden.

Eine 57-Jährige ist vor Gericht freigesprochen worden.

Foto: picture alliance/dpa/David-Wolfgang Ebener

Eine 57-jährige Bonnerin ist am Donnerstagmittag vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen worden. Die Richter des Schwurgerichts sahen keine Beweise dafür, dass die Frau ihre pflegebedürftige und bettlägerige 81-jährige Mutter erstickt hat. Der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen bestätigte sich hingegen: Die Frau hatte von Anfang an unumwunden eingeräumt, ihre Mutter einige Male mit der flachen Hand geschlagen zu haben. Und so verurteilte das Gericht sie für diese Taten zu einer einjährigen Bewährungsstrafe.

Der Fall habe zwei Komponenten, sagte der Vorsitzende Richter Klaus Reinhoff bei der Urteilsbegründung. Man habe durchaus ein gewisses Verständnis dafür, dass jemand, der seine Angehörigen pflegt, angesichts des Stresses auch einmal die Nerven verlieren könne. Das dürfe aber nicht dazu führen, dass die Hilfe in ihr Gegenteil umschlage und zu Übergriffen wie den eingeräumten Schlägen führe. Ihre Mutter sei immer eine durchsetzungsstarke Frau gewesen, berichtete die Angeklagte. Und das habe es zunehmend schwierig gemacht, sie zu pflegen. So habe eine Gemengelage aus Sorge, Angst, Wut, Panik und Müdigkeit schließlich dazu geführt, dass sie ihre Mutter am Wochenende zum 3. Oktober vergangenen Jahres „robust“ behandelt habe. Bereits am Vortag ihres Todes habe die Bettlägerige die Nahrung verweigert. Das habe sie wütend gemacht und so habe sie ihrer Mutter die Nase zugehalten und versucht, ihr Essen in den Mund zu stopfen. Später sei es dann auch zu Schlägen mit der flachen Hand gekommen.

Verdacht auf Erstickungstod der Seniorin

Den Vorwurf des Totschlags hatte ihr aber letzten Endes das rechtsmedizinische Gutachten eingebracht: Möglicherweise durch die aus den Schlägen resultierenden Hämatome sensibilisiert, ging die Rechtsmedizinerin nach einer Untersuchung der Lungen davon aus, dass die Seniorin erstickt worden sein müsse. Als Indiz für ihre Vermutung gab sie eine Überdehnung der Lunge an. Weil die Angeklagte diesen Vorwurf weit von sich gewiesen hatte, führten die Rechtsmediziner dann noch eine weitere Untersuchung durch. Und die zeigte schließlich, dass die Verstorbene auch an einer Lungenentzündung gelitten hatte.

Und genau hier lag die Krux: Aufgrund der Pneumonie mochte die Rechtsmedizinerin nach langer Befragung vor Gericht und beständigem Nachhaken von Verteidiger Martin Kretschmer schließlich auch eine natürliche Todesursache nicht mehr ausschließen. Die Angeklagte hatte nämlich angegeben, ihrer Mutter kurz vor deren Tod eine Banane gefüttert zu haben. Da aber Reste der Südfrucht nur hinter den Zähnen der Toten gefunden worden waren und nicht in der Lunge, gingen die Rechtsmediziner davon aus, dass die Banane nicht ursächlich für den Tod gewesen sein könne. Erst nach der fast zweistündigen Anhörung der Gutachterin kristallisierte sich dann heraus, dass aufgrund der bestehenden Lungenentzündung bereits ein einfaches „sich Verschlucken“ tödlich gewesen sein könnte.

Als Folge dieser Erkenntnis hob die Kammer den Haftbefehl bereits am vergangenen Montag auf, zur Urteilsverkündung konnte die Angeklagte den Gerichtssaal bereits als freie Frau betreten. Nach der Urteilsverkündung verzichteten sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung auf Rechtsmittel. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

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