Angeklagter wartet mit zweitem Alibi auf Prozess wegen Raubüberfalls erneut unterbrochen

BONN · Der Mann auf der Anklagebank, der am frühen Nachmittag des 23. Juli 2010 mit zwei Komplizen ein Schmuckgeschäft in der Bonner City ausgeraubt haben soll, hält das Gericht auf Trab und verzögert den Prozess weiterhin.

Nachdem der Rumäne am ersten Tag ein Alibi präsentiert hatte, das einer Überprüfung nicht standhielt, wartete er gestern mit einer neuen abenteuerlichen Geschichte auf, die beweisen soll, dass er am Tattag nicht in Bonn gewesen sein kann. Die Verhandlung wurde erneut unterbrochen.

Am Montag hatte der seit Februar in U-Haft sitzende 41-Jährige zur allgemeinen Überraschung erklärt: Er könne gar nicht der Räuber sein, da er erst am Tattag in Rumänien nach sechsmonatiger Haft aus dem Gefängnis entlassen worden sei (der GA berichtete). Die 1. Große Strafkammer unterbrach den Prozess, Kammervorsitzender Hinrich de Vries nahm Kontakt mit der rumänischen Justizverwaltung auf und teilte am gestrigen zweiten Prozesstag das Ergebnis mit: Das Alibi tauge nichts, denn die Haftentlassung sei bereits am 23. April gewesen.

Doch nun erinnerte sich der 41-Jährige, der seit Jahren auf Ibiza lebt und im Februar nach einmonatiger Auslieferungshaft in Spanien hinter Kölner Gittern gelandet war, plötzlich ganz genau: Er habe sich geirrt, in Wahrheit sei er am 23. Juli 2010 bei der Polizei in seiner rumänischen Heimatstadt gewesen wegen eines Mordkomplotts gegen ihn. Staatsanwalt Heinz Clemens machte kein Hehl daraus, dass er kein Wort glaubt. Und auch Richter de Vries hielt ihm vor: "Warum haben Sie das nicht schon in Spanien gesagt?" Denn immerhin säße er dann nicht schon seit Januar in Haft.

Zwei Männer und eine Frau hatten damals den Überfall begangen. Die Verkäuferin war gefesselt und mit einer Pistole bedroht worden, das Trio war mit Schmuck im Wert von 125 000 Euro geflüchtet. Die Ermittler kamen auf den 41-Jährigen durch eine DNA-Spur am Tatort, die erst nach einem europaweiten Abgleich zum Treffer bei den spanischen Kollegen geführt hatte. Die Bonner Richter wollen nun auch die zweite Alibi-Geschichte überprüfen.

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