Gesundheitsministerium in Bonn Psychotherapeuten demonstrieren vor Ministerium

Duisdorf · Die Psychotherapeuten in Ausbildung sehen diese von starker Ausbeutung überschattet. Nach Abschluss des Hochschulstudiums müssen sie nämlich eine drei- bis fünfjährige Ausbildung absolvieren, die viel Geld kostet und wenig einbringt. Am Dienstag demonstrierten sie in Bonn.

 Demo vor dem Gesundheitsministerium: Die Psychotherapeuten in Ausbildung fordern ein Ende der Ausbeutung.

Demo vor dem Gesundheitsministerium: Die Psychotherapeuten in Ausbildung fordern ein Ende der Ausbeutung.

Foto: Flick

Mit großen Transparenten und Trillerpfeifen ausgerüstet machten sie auf sich aufmerksam: Rund 40 Studenten der Psychotherapie demonstrierten am Dienstagnachmittag vor dem Bundesministerium für Gesundheit. Fast zwei Stunden waren sie vor Ort, um eine stärkere Wertschätzung ihrer Arbeit während der Ausbildungszeit zu fordern. „ 25 000 Euro Ausbildungskosten – 3,50 Euro Stundenlohn“, „0 Tage Urlaub? Danke schön!“ oder „Tarifiert uns!“ war während der Kundgebung auf den Plakaten zu lesen. „Wir sind hier, um darauf aufmerksam zu machen, dass wir wichtige Arbeiten in den Kliniken machen, ohne angemessen vergütet zu werden“, sagt Helen Hornig, Psychotherapeutin in Ausbildung (PiA).

Nach Abschluss des Hochschulstudiums müssen Psychotherapeuten eine drei- bis fünfjährige Ausbildung absolvieren, bevor sie ihre Approbation erhalten. In dieser Zeit sind die Auszubildenden 1800 Stunden in psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen tätig, übernehmen verantwortungsvolle Aufgaben wie beispielsweise die Leitung von Gruppentherapien oder Einzelgespräche mit Patienten. Bezahlter Urlaub wird ihnen in dieser Zeit nicht gewährt, zudem kommen sie auf einen Stundenlohn von gerade einmal rund drei Euro. „Wir sind quasi Praktikanten“, fasst Sam Kirch, Psychotherapeut in Ausbildung (PiA) zusammen.

Hinzu kommen die Kosten für die Ausbildung: Bis zu 25 000 Euro zahlen die angehenden Psychotherapeuten aus eigener Tasche an die überwiegend privat geführten Institute, an denen sie ihre theoretische Ausbildung absolvieren. „Viele von uns müssen einen Kredit aufnehmen und werden dadurch hoch verschuldet“, sagt Felix Klein vom PiA-Bündnis Köln. Die Vergütung weit unter dem gesetzlichen Mindestlohn könne man nicht länger akzeptieren: „Wir leisten volltherapeutische Arbeit in einer Zeit, in der immer mehr Menschen therapeutische Hilfe suchen. Die Ausbeutung muss jetzt enden“, betont Klein. Das PiA-Bündnis fordert daher die Bezahlung nach einem Tarifvertrag gemäß eines Master-/Diplomabschlusses in Psychologie und geregelte Urlaubszeiten. „In Baden-Württemberg gibt es bereits einen Tarifvertrag für PiA's. Das ist, was wir auch hier erreichen möchten“, sagt Kirch.

Anfang des Jahres hat das Bundesministerium für Gesundheit den „Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform der Psychotherapeutenausbildung“ vorgelegt. Der Entwurf sieht unter anderem vor, die Ausbildung von Psychotherapeut*innen in ein Bachelor- und Masterstudium zu überführen, das zur Erteilung der Approbation führt. Der praktische Teil der Ausbildung entspricht dann nicht mehr einem Praktikum, sondern umfasst eine angemessene Vergütung der „Psychotherapeuten in der Weiterbildung“.

Bis der neue Entwurf jedoch in Kraft tritt, werden jedoch bis zum Jahr 2032 insgesamt 20 000 PiA's in Kliniken weiterhin unter dem gesetzlichen Mindestlohn ohne sozialrechtlichen Status und ohne vertraglich geregelte Arbeitsbedingungen ihren verantwortungsvollen Aufgaben nachgehen. Das PiA-Bündnis fordert deshalb für die betroffenen PiA's eine Übergangsregelung, bis die Reform der Psychotherapeutenausbildung in Kraft tritt. Gleichzeitig mit der gestrigen Demo vor dem Bundesministerium für Gesundheit gingen auch Psychotherapeuten in Berlin und Hamburg auf die Straße.

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