Vor 50 Jahren Radikale stürmen Bonner Uni-Rektorat

Bonn · Aufregung an der Bonner Universität: Ein Sit-in von linksgerichteten Studenten vor dem Rektorat entwickelt sich am 7. Februar 1968 zum größten Krawall, den die Hochschule bis dato erlebt hat. So schreibt es der GA am Tag darauf.

 7. Februar 1968: Prorektor Edmund Gassner fordert die Studenten auf, die Vorhalle zum Rektorat zu räumen. Doch Worte helfen nicht, erst Taten der Polizei.

7. Februar 1968: Prorektor Edmund Gassner fordert die Studenten auf, die Vorhalle zum Rektorat zu räumen. Doch Worte helfen nicht, erst Taten der Polizei.

Foto: Engels

Ein Sit-in linker Studenten artet an der Bonner Universität in Krawalle aus. Auf der Freitreppe zum Festsaal und auf dem Uni-Gelände kommt Zusammenstößen zwischen Polizei und Studenten, von denen einer sogar ins Krankenhaus gebracht werden muss. Auslöser sind Schmierereien im Goldenen Buch.

Rektor Wilhelm Schneemelcher ruft die Polizei auf den Plan, die den Flur vor dem Rektorat räumt. Später kommt es auf der Freitreppe zum Festsaal und auf dem Uni-Gelände zu weiteren Zusammenstößen zwischen Polizei und Studenten, von denen einer sogar ins Krankenhaus gebracht werden muss.

Der General-Anzeiger rekonstruiert, wie es zu dem Krawall gekommen ist: Demnach hat Rektor Schneemelcher vier Vertreter der studentischen Gruppen zu einem Informationsgespräch in den runden Saal des Rektorats gerufen, nachdem linksorientierte Studenten am Vortag ins Rektorat eingedrungen waren und das Goldene Buch verunziert hatten.

Der Vertreter des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS), Hans Georg Heer, fordert am Tag des Gesprächs seine Mitstudenten auf, mit ihm ins Rektorat zu gehen. So haben sich gegen 17 Uhr bereits hundert Personen auf dem Schlossplatz vor der Quästur eingefunden.

Der Rektor spricht mit Heer, mit AStA-Chef Rudolf Pörtner, seinem designierten Nachfolger Peter Schon, Aktion-68-Vertreter Bernd Loch und dem Vorsitzenden des Rings Christlicher Studenten (RCDS), Jürgen Rosorius.

Wut linker Studenten entlädt sich

Wenig später entlädt sich die Wut der linken Studenten über den AStA-Vorsitzenden Pörtner und den RCDS-Chef Rosorius, der vorgeschlagen haben soll, gegen radikale Studenten mit Exmatrikulation vorzugehen. Die Studenten vor der Tür fordern nun lautstark eine persönliche Diskussion mit dem Rektor.

Die Polizei droht den Studenten, wegen fortlaufenden Hausfriedensbruchs den Flur zum Rektorat räumen zu lassen. Doch die Protestler machen sich auf dem Fußboden breit und lassen sich von den Polizeibeamten herausschleppen. Passiver Widerstand, Protest- und Buhrufe hindern die Polizisten nicht, die Studenten in kleinen Gruppen von drei bis fünf Personen zu entfernen und ihre Personalien festzustellen. Durchs Stockentor werden sie entlassen.

Im Nachgang der Krawalle leitet das Rektorat ein Disziplinarverfahren gegen die SDS-Mitglieder Heer und Glen Pate ein, um sie aus der Universität entlassen zu können. Und in einem Flugblatt zu einer Uni-Kundgebung stellt Rektor Schneemelcher einige Tage später fest: „Die Terrorwelle hat Bonn erreicht.“

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