Künstlerin und Aktivistin Bonnerin kämpft gegen Rassismus in der Gesellschaft

Bonn · "Schon früh habe ich gemerkt, anders zu sein": Die Bonnerin Eliza Kuhland kämpft als Künstlerin und Aktivistin gegen Rassismus in der Gesellschaft. Sie sieht dabei auch Missstände in Bonn.

 Eliza Kuhland versteckt sich hinter dem Zitat („Ich traf Gott. Sie ist schwarz“), um sich in Bonn nicht als Zielscheibe zu positionieren.

Eliza Kuhland versteckt sich hinter dem Zitat („Ich traf Gott. Sie ist schwarz“), um sich in Bonn nicht als Zielscheibe zu positionieren.

Foto: Stefan Hermes

Eliza Kuhland ist jung, gebildet und sagt von sich, dass sie privilegiert sei. Bis zu ihrem Abitur hat sie die Waldorfschule in Tannenbusch besucht, weil es an ihrem damaligen Wohnort in der Grafschaft keine gab. Heute lebt sie in einer Wohngemeinschaft in Bonn. Einer Sache hat sie sich ganz verschrieben: dem Kampf gegen Rassismus.

Nach ihrer Hospitanz am Bonner Schauspielhaus hatte Schauspieldirektor Jens Groß ihr eine Stelle als Regieassistentin angeboten. Somit hat sich ein geplantes Studium erst einmal verschoben. Sie fühlt sich am Theater wohl. In zehn Jahren sieht sie sich „in der Intendanz“. Kuhland möchte Spielpläne gestalten, weil sie an die Kraft und den Einfluss des Theaters auf die gesellschaftliche Entwicklung glaubt. Und weil ihr am Theater zu wenige schwarze Menschen arbeiten, schwarze Themen unterrepräsentiert sind. Ihren Vater aus Kamerun hat sie nie kennengelernt. Aufgewachsen ist sie mit ihrer Mutter und den Großeltern.

Ihren wahren Namen möchte Eliza Kuhland genauso wenig in der Zeitung lesen wie sie ein Foto veröffentlicht sehen möchte, auf dem sie deutlicher zu erkennen wäre. Aus dieser Anonymität heraus sucht Eliza die Öffentlichkeit. Der Grund: „Ich glaube, dass sich die Verhältnisse in Deutschland zuspitzen. Ich möchte mich nicht als Zielscheibe positionieren“, sagt sie. Ihre Person sei weniger wichtig als das, was sie zu sagen hätte. Und sie habe begriffen, dass sie sich mit jeder Gesellschaftskritik tätlich angreifbar macht. „Ich möchte die Hasskommentare nicht lesen“, sagt sie.

Die Corona-Pandemie verhinderte im Kult 41 die Ausstellung „Black only“, die am 25. Mai, dem jährlichen Erinnerungstag an die Gründung der Organisation für Afrikanische Einheit, auf „Schwarzes Leben in Bonn“ aufmerksam machen wollte. Kuhland gehörte mit zu den ausstellenden Künstlern. Das Projekt ist nun auf 2021 verschoben. Ihre Objekte hätten an den Tod von Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle erinnern und provozieren wollen. Tragischerweise wurde das diesjährige Datum des African Union Days zum Todestag von George Floyd, der in den USA während eines Polizeieinsatzes ermordet wurde.

Kuhland wurde Mitorganisatorin beim Aktionsbündnisses „Black Live Matters“ in NRW, dem es in kur­zer Zeit gelang, mit mehr als 10 000 Demonstranten in Köln gegen den Rassismus in den USA und auch in Deutschland zu protestieren. Schon als kleines Mädchen sei sie durch ihre 1921 geborene Großmutter politisiert worden. Deren bildhafte Schilderungen von Kriegserlebnissen beeindruckten sie als Kind und sind ihr bis heute vor Augen geblieben.

Schon früh habe sie gemerkt, dass sie anders sei, sagt sie. Anders als die anderen Kinder. Obwohl sie sehr geschützt aufwuchs und dabei keine rassistischen Anfeindungen erfahren habe. Auch ihre Familie habe erst spät angefangen, sich mit Rassismus auseinanderzusetzen. Zusammenfassend stellt sie fest, dass ihre Perspektive lange Zeit die einer weißen Mehrheitsgesellschaft war. „Ich möchte meine Erfahrungen auf keinen Fall mit Menschen vergleichen, die weniger Privilegien genießen oder auch dunkler sind als ich.“ Trotzdem gebe es „bestimmte Strukturen“, die sie zu spüren bekommen habe.

Engagement bei den Jungen Grünen und Amnesty

Aufgrund ihrer Bildung sei es für sie jedoch meist möglich gewesen, sich gegen Anfeindungen zu wehren. Sie habe schon früh versucht, „den Makel schwarz zu sein“, auszugleichen. Sie engagierte sich bei Amnesty International und war bei den Jungen Grünen aktiv. „Ich habe einfach immer wahnsinnig viel diskutiert, habe mich dabei gegen so abscheuliche Begriffe wie Flüchtlingswelle gewehrt und zusammen mit vielen Gleichgesinnten für gendergerechte Sprache eingesetzt“, sagt sie.

Schon als Jugendliche stand Kuhland im Theater Marabu in der Beueler Brotfabrik auf der Bühne. Erarbeitung und Aufführung von politisch ambitionierten Stücken trugen zu ihrer Prägung bei. In ihrer Utopie gebe es weder einen Unterschied zwischen den Geschlechtern noch in den Rassen, so die junge Frau. In Deutschland sei es ja leider so, „dass die wenigsten Menschen anerkennen wollen, dass es ein Rassismusproblem gibt.“ Auch in Deutschland müsse die Polizei reformiert werden. Obwohl anlasslose Personenkontrollen allein aufgrund eines phänotypischen Erscheinungsbildes gegen das Grundgesetz verstoßen, sei aktenkundig, dass es im deutschen Alltag zu Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit kommt.

Für Kuhland ist es nicht zu viel verlangt, wenn es zum Bildungsauftrag dazu gehörte, sich mit der Sichtweise Schwarzer in einer weißen Gesellschaft auseinanderzusetzen. Lange habe auch sie sich gefragt, warum wir nicht alle gleich sein könnten. Inzwischen wüsste sie, dass man dazu erst einmal die Ungleichheit begreifen muss, „um zu sehen, an welchen Stellschrauben gedreht werden muss, um den Diskurs so zu verändern, dass man sich auf Augenhöhe begegnen kann“. Als schwarzer Mensch sehe sie sich in der Pflicht, etwas für diejenigen zu tun, die selbst dazu nicht in der Lage sind. „Und das ist nicht immer lustig“, so Eliza.

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