Discounter am Rheinweg Rat entscheidet am Donnerstag über Aldi-Filiale

BONN · Wird es vielleicht doch bald eine Aldi-Filiale am Rheinweg in Kessenich geben? Auf diese seit Jahren diskutierte Frage könnte es bald eine Antwort geben. Denn die Stadt legt am Donnerstag in der Ratssitzung eine nicht-öffentliche Beschlussvorlage vor, die dem General-Anzeiger vorliegt.

 Auch diesem Areal am Rheinweg könnte der Discounter Aldi in einem 13,50 hohen Gebäude eine 800 Quadratmeter große Filiale eröffnen. Der Neubau soll zudem als Lärmschutz zur Bahnlinie hin dienen.

Auch diesem Areal am Rheinweg könnte der Discounter Aldi in einem 13,50 hohen Gebäude eine 800 Quadratmeter große Filiale eröffnen. Der Neubau soll zudem als Lärmschutz zur Bahnlinie hin dienen.

Foto: Malsch

Stimmen die Politiker zu, werden die Vergleichsverhandlungen wieder aufgenommen.

Wie berichtet, ist der Standort am Rheinweg umstritten. Ein Discounter an dieser Stelle ziehe zu viel Kaufkraft aus dem Kessenicher Zentrum ab, hieß es aus der Politik. Außerdem war der Standort 2008 im Zentrenkonzept als ungeeignet eingestuft worden. Aber auch das bisherige Vorgehen der Verwaltung rief massive Bedenken hervor. Weil die Verwaltung eine Bauvoranfrage des Unternehmens im Jahr 2002 zurückgestellt hatte, die sie positiv hätte bescheiden müssen, forderte Aldi-Süd Schadensersatz in Millionenhöhe von der Stadt.

Schließlich entstand eine neue Idee: Sollte der Discounter die Genehmigung erhalten, sich an einem anderen Standort - am Rheinweg - anzusiedeln, würde er auf den Schadensersatzanspruch verzichten. Seine Bedenken fasste der Rat 2011 in einem Beschluss zusammen - und forderte weitere Stellungnahmen, bevor eine Entscheidung fallen sollte.

Nun sieht die Verwaltung diese Forderung als erfüllt an. Mittlerweile wurden zwei anwaltliche Stellungnahmen eingeholt, und auch das Vergabeamt wurde (nochmals) befragt. Auf Grundlage dessen wurde ein Fahrplan erstellt, mit dem das Vorhaben nach Meinung der Stadt ohne Probleme umgesetzt werden kann. So sei nochmals geprüft worden, ob ein Discounter an dieser Stelle verträglich sei. Nun kamen die Gutachter zu einem anderen Ergebnis als 2008: Bis maximal 800 Quadratmeter Verkaufsfläche habe ein Lebensmittel-Discounter keine ne-gativen Auswirkungen. Das gelte auch für einen Lebensmittel-Vollsortimenter bis maximal 1200 Quadratmeter, führt die Verwaltung in ihrer Beschlussvorlage aus.

Und: Der Verzicht auf den Schadensersatz - 2011 war die Rede von 2,8 Millionen Euro, in einem Schreiben eines Anwalts, das dem GA ebenfalls vorliegt, heißt es, es geht um eine Betrag von bis zu siegen Millionen Euro - wird nicht an die Baugenehmigung, sondern an den Verkauf des Grundstücks gekoppelt. Soll heißen, dass die Stadt das Areal zum marktüblichen Preis an Aldi verkauft und das Unternehmen daraufhin "unbedingt und unwiderruflich" auf Entschädigung verzichtet.

Damit Politiker und Stadt im weiteren Verlauf unabhängig bleiben, soll an diesen Deal keine Baugenehmigung gekoppelt sein. Das Bebauungsplanverfahren soll erst eingeleitet werden, wenn der Kaufvertrag unterzeichnet ist. Sollten Verwaltung oder politische Gremien an irgendeinem Punkt zu dem Entschluss kommen, dass es ausreichende Gründe gibt, den Discounter am Rheinweg abzulehnen, kann Aldi zwar das Grundstück an die Stadt zurückgeben. Die Schadensersatzforderungen aber sind nach wie vor hinfällig, die Entscheidung hängt somit nicht von diesen ab, führt die Verwaltung aus.

Dieses Vorgehen sei aus Sicht des ersten Anwalts in Ordnung, so die Verwaltung. Er habe jedoch eingeräumt, dass man sich in einer rechtlichen Grauzone befinde, "nicht jede Möglichkeit der Entstehung eines entsprechenden Tatverdachts" könne ausgeschlossen werden. In öffentlich-rechtlicher Hinsicht wurde ein anderer Anwalt befragt. Sein Ergebnis: keine Bedenken. Und auch das Vergabeamt bewertet das Vorgehen als unbedenklich.

Nachdem klar gewesen sei, dass der Fahrplan durchgeführt werden könne, habe man die städtebaulichen Arbeiten weiter voran getrieben. Für den Standort gelten einige Besonderheiten. Entlang der Bahntrasse müsse Raum gelassen werden "für einen künftigen weiteren S-Bahn-Ausbau mit bis zu zwei zusätzlichen Gleisen". Auch Flächen für eine Lärmschutzwand sowie Radwege samt Grün- und Sicherheitsstreifen müssten frei bleiben. Der Neubau der Haltestelle Bonn-Bundesviertel müsse ebenfalls berücksichtig werden - ebenso die Tatsache, dass die zehn Meter breite Kanaltrasse, die über das Grundstück verläuft, nicht bebaut werden könne. Erschlossen werden soll das Gelände östlich des Areals mit der Nummer 67. Der Moselweg soll zwischen den Häusern 11 und 13 mit Fuß- und Radweg angebunden werden.

Die Stadt stellt sich die Bebauung folgendermaßen vor: Im nordöstlichen Teil entsteht ein 13,50 Meter hohes Gebäude, in dessen Erdgeschoss der Discounter auf 800 Quadratmetern unterkommt. Es dient gleichzeitig als Bahn-Lärmschutz für die südwestlich angrenzenden Flächen. Dort sollen auch 60 oberirdische Parkplätze und eine Tiefgarage entstehen. Südöstlich (parallel zum Haltepunkt UN-Campus) könnte ein vier- bis fünfgeschossiges Haus gebaut werden. Denkbar sei aber auch ein so genanntes Boardinghouse mit Kiosk und Bistro, das ebenfalls 13,50 Meter hoch würde und ebenfalls als Lärmschutz diene. Auch dort sind weitere Parkplätze geplant - egal ob ober- oder unterirdisch. Im westlichen Teil sollen 85 Wohneinheiten entstehen, die in dreigeschossigen Gebäuden mit Dachgeschoss unterkommen. Geparkt wird in Tiefgaragen. Dieser Plan soll den Bürgern vorgelegt werden, um deren Meinung einzuholen.

Gegenüber dem GA wollte Aldi Süd am Dienstag kein Stellungnahme abgeben.

Schadensersatz

Am 18. Dezember 2002 hatte Aldi den Antrag gestellt, auf einem Grundstück an der Straße In der Raste in Dottendorf eine Filiale errichten zu dürfen. Dieser wurde zurückgestellt. Denn einige Tage vorher, am 12. Dezember 2002, hatte der Rat beschlossen, das Areal dürfe nicht vom Einzelhandel genutzt werden und der Bebauungsplan müsse neu aufgestellt werden. Nach GA-Informationen machte die Stadt damals einen Fehler: Sie versah den Zurückstellungsbescheid nicht mit der sofortigen Vollziehung - so wurde er nicht gültig. Dies geschah erst am 30. Juli 2003. Der Discounter klagte, und das Verwaltungsgericht Köln stellte am 26. Januar 2005 fest, dass das Verhalten der Stadt Bonn rechtswidrig war. Sie hätte den Bauvorbescheid erteilen müssen.

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