Kommentar zu Flüchtlingsunterkünften Raus aus den Turnhallen

Meinung | Bonn · Es ist ein Thema mit Beunruhigungspotenzial, über das die Stadtverwaltung ungern spricht. Verschweigen nützt aber nichts beim Offenkundigen: Die Situation in der Flüchtlingsunterkunft am Schieffelingsweg ist derart angespannt, dass immer wieder die Polizei anrücken muss, um Konflikte zwischen Insassen zu schlichten – ein Phänomen, das bundesweit zu beobachten ist.

Mit der Herkunft der Flüchtlinge hat das nur am Rande zu tun, sehr viel dagegen mit räumlicher Enge, fehlender Privatsphäre, tatenlosem Abwartenmüssen und – vor allem bei den Syrern – möglichen Kriegstraumata. Deutschstämmige Bonner, Rheinbacher oder Siegburger würden unter vergleichbaren Umständen ebenso zu Streitlust und Aggressivität neigen. Das gilt besonders, wenn über Monate hinweg ausschließlich junge Männer eine karge Unterkunft teilen.

Exakt das ist das Problem am Schieffelingsweg. Die Stadt bringt Familien, Frauen und Kinder bewusst anderswo unter und verlegt auch Männer in die Turnhalle, die in anderen Unterkünften auffällig geworden sind. Das verschärft den Druck am Schieffelingsweg. Die Frage ist, ob es zu dieser Strategie eine Alternative gäbe. Ehrlicherweise muss man sagen: im Moment wohl nicht. Und die Duisdorfer Halle ist insofern gut gewählt, als dass sich keine 50 Meter entfernt eine Polizeiwache befindet.

Der einzige Ausweg ist, die konfliktträchtige Unterbringung in Turnhallen so schnell wie möglich zu beenden. Genau das will die Stadtverwaltung in den nächsten Wochen angehen. Dass sie die sechs betroffenen Hallen sehr zum Unmut des Stadtsportbundes trotzdem vorerst in Reserve halten will, ist zweifellos richtig – niemand weiß, wie viele Flüchtlinge in den nächsten Monaten nach Deutschland kommen werden. Bis Juni sollen in Bonn rund 1000 zusätzliche Plätze für Flüchtlinge in Bestandsgebäuden geschaffen werden, bis Oktober weitere 1000 in Containern und anderen Interimsbauten auf städtischen Flächen. Mit diesen Plänen nicht in Verzug zu geraten, ist jetzt die vorrangige Aufgabe der Stadt.

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