Reaktionen zum Bonner Koalitionsvertrag Einzelhandel fühlt sich von neuer Ratsmehrheit im Stich gelassen

Bonn · Erste, überwiegend kritische Statements aus der Ratsopposition und Wirtschaft zeigen: Die Koalitionsvertrag der neuen Ratsmehrheit stößt größtenteils auf Ablehnung, insbesondere in Bezug auf die verkehrs- und wohnungsbaupolitischen Pläne.

 Die Opposition übt Kritik: (v.l.) Werner Hümmrich (FDP), Johannes Schott (Bürger Bund Bonn) und Guido Déus (CDU).

Die Opposition übt Kritik: (v.l.) Werner Hümmrich (FDP), Johannes Schott (Bürger Bund Bonn) und Guido Déus (CDU).

Foto: Westhoff/Privat

Unisono negativ fällt die Reaktion der drei Ratsfraktionen auf der Oppositionsbank zur Koalitionsvereinbarung des Grün-Links-Bündnisses aus.

So sehen CDU-Fraktionschef Guido Déus und CDU-Kreisparteichef Christos Katzidis insbesondere die Pläne für eine Verkehrswende und die Finanzierungsmöglichkeiten der Vorhaben kritisch. Ihre Sorge: „Die Verkehrspolitik in Bonn wird nach diesen Plänen in endlose Staus führen.“ Ein klares Konzept, das zudem finanzierbar sei, könne er bei diesem „stimmungsgesteuerten Koalitionsvertrag“ nicht erkennen, so Katzidis. Zum Ziel der Bündnispartner, eine möglichst autofreie Innenstadt zu schaffen, sagte Déus: „Wie soll diese holzschnittartige, undifferenzierte Planung mit dem Bekenntnis zur Wirtschaftsförderung einhergehen?“ Dies führe vielmehr zu einer Verödung der Innenstadt und der Ortsteile. Sein Fazit: „Maßlose Versprechungen als ungedeckter Scheck. Man mag es ‚ambitioniert‘ nennen, wir nennen es höchst unseriös.“

 „Bekanntlich ist Papier geduldig. Den Bereich Finanzen als letzten Punkt zu führen, zeigt allerdings deren Wertigkeit und lässt auf eine gewisse Realitätsferne schließen“, kommentiert FDP-Ratsfraktionschef Werner Hümmrich die Koalitionsvereinbarung. „Wenn die neue Mehrheit dieses kostenintensive Programm durchziehen möchte, wird sie an Steuererhöhungen nicht vorbeikommen.“ Wie berichtet, sieht das Bündnis in der Vereinbarung „aktuell“, wie es heißt, aufgrund der Pandemie keine Steuererhöhungen vor. Für FDP-Parteichefin Franziska Müller-Rech beinhaltet das Papier vor allem „Lippenbekenntnisse und Prüfaufträge“. In dasselbe Horn stößt Johannes Schott vom Bürger Bund Bonn (BBB). „Der Koalitionsvertrag ist eine Katastrophe für Bonn.“ So sage die neue Ratsmehrheit nicht, wie sie ihre „Wunschträumereien finanzieren möchte“. Die beabsichtigte massive Wohnraumschaffung werde zu Lasten der wichtigen Kaltluftschneisen und Freiflächen gehen und Autos würden aus „ideologischen Gründen“ immer weiter verbannt.

Für Stefan Hagen, Präsident der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg, enthält der Koalitionsvertrag gute und kritische Vorschläge. „Das Bekenntnis zur regionalen Kooperation, die Förderung der Digitalisierung und neue Akzente in der Gründungs- und Startup-Szene klingen vielversprechend. Die Vorschläge mit Blick auf Wohnen und Planen sowie Verkehr und Mobilität enthalten jedoch einige Punkte, die die IHK Bonn/Rhein-Sieg kritisch beurteilt.“ Ein Bekenntnis zur Industrie fehlt aus Sicht der Wirtschaft ganz.

Karina Kröber vom Vorstand des Vereins City-Marketing sieht die Vereinbarung ebenfalls differenziert. Die erneut geplante Kappung des Cityrings sieht sie als „wirtschaftlichen Ruin für alle Innenstadthändler“. „Die Attraktivität der Innenstadt wäre dann obsolet, weil die meisten Händler pleite sind.“ Eigentlich bräuchte der Handel in diesen Pandemiezeiten erstmalig die volle Rückendeckung der Politik, doch die neue politische Führung falle ihr noch den Rücken. Die Verbesserungen für den ÖPNV begrüßt Kröber dagegen in großen Teilen.

Dirk Vianden, Vorsitzender der Eigentümergemeinschaft Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg hat vor allem den Wohnungsbau im Blick. „Natürlich begrüßen wir das Ziel, dass mehr bezahlbare Wohnungen durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft Vebowag gebaut werden sollen. Es ist gut, dass die Stadt 15 Prozent öffentlich geförderten Wohnraum anstrebt, denn so erhöht sie das Angebot für günstigeres Wohnen.“ Strengere Regeln für Investoren seien jedoch kontraproduktiv, so Vianden. Dies werde private Investoren abschrecken, da sich so immer weniger eine angemessene Rendite erzielen ließe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Bonn-Vertrag vor dem Aus
Eine Fahrt auf das Abstellgleis Bonn-Vertrag vor dem Aus
Große Pläne, wenig Geld
Kommentar zum Bonner Koalitionsvertrag Große Pläne, wenig Geld
Aus dem Ressort