Unwetter in Bonn Rettungskräfte mussten 950 mal ausrücken

BONN · So viele Notrufe und Einsätze wie noch nie hatte die Bonner Feuerwehr am Donnerstagmittag, als Tief "Manni" halb Bonn unter Wasser setzte. "Nach unserem Einsatz in Sachsen-Anhalt waren wir ja schon in Übung. Wir waren auf alles vorbereitet, aber ich war schon geschockt, wie heftig der Niederschlag gewesen ist", sagte Feuerwehrchef Jochen Stein am Freitag bei einer Pressekonferenz im Stadthaus.

Wie viele Keller in Privathäusern standen auch zahlreiche städtische Immobilien sowie 30 Schulen und Kindergärten unter Wasser.

Durch Unterführungen und Straßen in der Stadt gab es wegen Überflutung kein Durchkommen mehr. Der Godesberger Tunnel wurde erst am Freitagmittag wieder für den Verkehr freigegeben.

Feuerwehr

350 Feuerwehrleute absolvierten in den Stunden nach dem Starkregen, der etwa 45 Minuten lang wie ein Sturzbach vom Himmel fiel, rund 950 Einsätze. Das sind Stein zufolge doppelt so viele wie beim Orkan "Kyrill", der im Januar 2007 in Bonn schwere Schäden angerichtet hatte. Allein 750 mal mussten die Wehren nach Bad Godesberg ausrücken.

[kein Linktext vorhanden]Insgesamt 2000 Notrufe gingen nach dem Unwetter bei der Feuerwehr ein. Weil zur gleichen Zeit auch in weiten Teilen des Rhein-Sieg-Kreises Land unter herrschte und die Feuerwehren dort deshalb den Bonnern nicht zur Seite springen konnte, rief Stein die Kollegen aus dem benachbarten Rheinland-Pfalz zur Hilfe.

90 kamen. Für Stein hat sich die neue Leitstelle bewährt. "Wir waren trotz der kurzfristigen Unwetterwarnung gut vorbereitet und sind froh, dass wir anstatt acht Notrufplätze wie früher jetzt 16 Notrufplätze besetzen konnten."

SGB

Ingesamt in 55 städtischen Gebäuden waren die Keller überflutet. Betroffen waren neben dem Stadtarchiv auch das World Conference Center Bonn (WCCB). Dort waren jeweils das Untergeschoss des WCCB-Hotels und des Parkhauses voll Wasser gelaufen, berichtet Marion Duisberg vom Städtischen Gebäudemanagement (SGB).

[kein Linktext vorhanden]Während in den meisten Gebäuden am Freitag alles wieder im grünen Bereich war, dauern die Aufräumarbeiten im Ludwig-Erhart-Berufskolleg noch an. Der Unterricht fiel gestern aus, er wird am Montag wieder aufgenommen. Im Keller der Schule an der Kölnstraße standen mehr als 50 Stühle und Tische einen halben Meter tief im Wasser, berichtet Schulleiter Friedhelm Kampmann.

Aus Sicherheitsgründen musste im Kolleg der Strom abgestellt. Wie hoch die Schäden insgesamt sind, konnte Duisberg noch nicht sagen. Auch nicht, wer für die Schäden aufkommt. "Das wird zurzeit geprüft."

Tunnel und Kanäle

Bei 79,4 Liter Wasser pro Quadratmeter in nur 45 Minuten streiken wohl die meisten Pumpen. So auch die unter dem Straßentunnel in Bad Godesberg. Sie sorgt normalerweise dafür, dass das über die Rampen herabfließende Regenwasser in den Abwasserkanal gepumpt wird, erklärt Peter Esch vom Tiefbauamt. Doch dieses Mal ging nichts mehr, der Tunnel war wie so viele andere in Bonn in wenigen Sekunden überflutet.

"So etwas habe ich noch nie erlebt", sagt Esch. Abschreiben muss er ein Pumpwerk am Goetheplatz in Godesberg. Schaden: rund 100 000 Euro. Erhebliche Schäden verzeichnet Esch auch an der Kläranlage in Beuel. Hart getroffen hat es die Bergstraße in Kessenich. Ein Regenrückhaltebecken war übergelaufen. Derzeit sind dort Bauarbeiter zugange.

Aus der Kläranlage am Salierweg gelangte Abwasser in den Rhein - allerdings sehr stark verdünnt, so dass davon keinerlei Gefahr ausgehe, versichert Hendrik Walther, Abteilungsleiter Stadtentwässerung. Bei den meisten der über die Ufer getretenen Bächen hat sich die Lage normalisiert. Die Stadt ist alle Bäche abgegangen und hat die Kanalgitter überprüft.

Schwimmbäder

Wegen der Verunreinigung durch den Starkregen bleibt das Melbbad dieses Wochenende geschlossen. Die Becken sind durch Schlamm verschmutzt und müssen gereinigt werden. Ab Montag steht das Bad wieder zu den gewohnten Öffnungszeiten zur Verfügung. Das Planschbecken im Ennertbad wird ab Mittwoch wieder in Betrieb genommen. Wegen des Unwetters konnten die Fliesenarbeiten nicht wie geplant durchgeführt werden.

Kaufhof

Die Galeria Kaufhof war ebenfalls vom Tief "Manni" betroffen und musste am Donnerstagmittag wegen Wassereinbruchs schließen. Seit gestern hat der Kaufhof wie gewohnt wieder ab 9.30 Uhr geöffnet. Laut Geschäftsführerin Angelika Finkernagel prüfen Sachverständige zurzeit die Schäden. Sie bedankt sich bei ihrer Belegschaft und ausdrücklich auch bei der Feuerwehr für die schnelle Hilfe.

Pantheon

In dem Theater am Bonn-Center wird nach der Überflutung des Theatersaals zurzeit klar Schiff gemacht. Die Vorstellung gestern musste kurzerhand ins Casino nebenan verlegt. werden. Nächste Woche ist das Pantheon wieder bespielbar, sagt Theatersprecher Harald Kirsch.

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