Vogelsterben in der Bonner Rheinaue Rheinauensee wird für Küken zur tödlichen Falle

Bonn. · Wegen des niedrigen Wasserstands können die Jungtiere im Bonner Rheinauensee nicht ans Ufer. Die Folge: ein vermehrtes Kükensterben. Eine Bonner Tierschützerin fordert nun mehr Holzrampen.

 Bei diesen Höckerschwänen hat der Nachwuchs überlebt. Die Familie dreht ihrer Runden auf dem Rheinauensee.

Bei diesen Höckerschwänen hat der Nachwuchs überlebt. Die Familie dreht ihrer Runden auf dem Rheinauensee.

Foto: Niklas Schröder

Im Rheinauesee kommt es vermehrt zum Kükensterben. Der derzeit niedrige Wasserpegel begünstigt die prekäre Situation, denn bei Niedrigwasser kommen Jungtiere nicht aus dem Wasser heraus. Barbara Hohpe misst mit einem Zollstock: „35 Zentimeter trennen das Ufer vom Nass, normalerweise sind es maximal fünf“, erklärt sie.

Mit anderen Tierfreunden hat sich Hohpe in einer Facebookgruppe zusammengetan. Die Gruppe hat sich auf die Fahne geschrieben, den Wildtieren in der Rheinaue zu helfen. „Denn sonst hilft den Tieren ja niemand“, sagt Hohpe. Täglich fährt die Bonnerin durch die Wiesen Streife. Einen Großteil des Sees hat sie an diesem Tag schon umrundet. Von Küken fehlt bislang jede Spur. „Bis auf fünf junge Schwäne habe ich nichts gefunden.“ Ein Umstand, den Hohpe traurig macht, denn jetzt sei eigentlich Brutsaison.

Bei den Enten habe sie vor vier Tagen noch Küken gesehen. Die seien aber alle verschwunden. „Eine Ente hatte elf Küken, dann waren es nur noch fünf. Jetzt sind keine mehr da“, berichtet sie. Die Gründe für das Kükensterben sind vielschichtig: Mit einer Länge von 1,3 Kilometern und einer Breite von 155 Metern nimmt der künstlich angelegte Rheinauensee einen zentralen Teil der Parkanlage ein. Die eingemauerte Uferfläche liegt derzeit trocken in der Sonne. „An den glatten Steinwänden können die Tiere das Wasser nicht verlassen“, sagt Hohpe. Wo selbst ausgewachsene Tiere ihre Mühen haben, treffe es die Küken am schlimmsten. „Die Nachkommen von Enten, Schwänen und unterschiedlichen Gänsearten haben keine Chance“, sagt sie.

 Die Holzrampe soll eigentlich Tieren aus dem Wasser helfen. Zurzeit hängt sie aber in der Luft.

Die Holzrampe soll eigentlich Tieren aus dem Wasser helfen. Zurzeit hängt sie aber in der Luft.

Foto: Niklas Schröder

Schwierigkeiten auch für die Nutrias

Auch die bei Spaziergängern beliebten Nutrias haben beim Erklimmen der Wände Schwierigkeiten. Pumpen, die sonst das Gewässer mit Frischwasser versorgen, sind derzeit außer Betrieb, wie Stadtsprecher Markus Schmitz mitteilt: „Die Pumpen werden jedes Jahr gewartet. Dabei wurden massive Mängel festgestellt. Die Pumpen sind in Reparatur und werden Mitte Juni wieder installiert.“ Die gestoppte Frischwasserzufuhr und das trockene Klima zeigen Wirkung: Der See trocknet aus.

Die Stadt sieht keine Beeinträchtigungen für die Tiere. „Nach Angaben von Fachleuten, die die Stadt befragt hat, stellt der niedrige Wasserstand kein Problem für Wasservögel und Nutrias dar. Ausstiegsmöglichkeiten für die Tiere sind vorhanden“, erklärt Schmitz. Er meint damit fünf Holzrampen, die am See verteilt sind. Diese wurden nach einem Bürgerantrag von Hohpe installiert. „Durch den niedrigen Wasserstand hängen die Rampen aber kaum oder gar nicht im Wasser“, sagt die Tierschützerin. Spitze Nägel hängen bei einer aus dem Holz. „Das ist gefährlich, da sich die Tiere daran verletzten können“, sagt Hohpe.

Genehmigung der Stadt nötig

 Barbara Hohpe sorgt sich um die Tiere

Barbara Hohpe sorgt sich um die Tiere

Foto: Niklas Schröder

Die Tierfreunde würden gerne selbst Rampen am See aufstellen. „Am besten sechs oder acht pro Abschnitt, denn jede Rampe hilft“, so Hohpe. Ohne Genehmigung der Stadt sei das aber nicht möglich. Als Notlösung haben die Tierfreunde herausgebrochene Steine zu kleinen Treppen umgestaltet. „Ohne die Rampen und Steintreppen kommen die Küken nicht aus dem Wasser, die ertrinken dann einfach oder sind so entkräftet, dass sie gefressen werden“, sagt sie. „Im Durchschnitt werden die kleinen Entchen nur drei Tage alt.“

Das Verschwinden der Küken hätten auch andere Spaziergänger beobachtet. Einen Lichtblick gibt es dennoch: Höckerschwan Süße hat fünf Küken im Schlepptau. Munter plantschen die kleinen Schwäne im Schutz ihrer Mutter. „Die Küken sind jetzt zwei Wochen alt“, sagt Hohpe. Geschlüpft seien sieben Stück. „Dass bis jetzt fünf überlebt haben, ist ein Glücksfall.“ Denn: „Die Küken haben noch flauschiges Gefieder, welches sehr wasserdurchlässig ist.“ Man sehe, dass sie nass sind. „Je länger die Schwanküken im Wasser bleiben, umso mehr saugen sich die Federn voll.“ Ertrinken und Unterkühlung könnten die Folge sein.

„Ich würde mir wünschen, dass die Stadt in der Rheinaue ehrenamtliche Seepaten annimmt, die nach den Tieren gucken und auch Aufklärung betreiben dürfen“, so Hohpe. Diese Notwendigkeit sieht die Behörde aber nicht. „Es handelt sich um einen Wildtierbestand, der sich ohne Einfluss des Menschen regulieren soll“, meint Schmitz. Hohpe deutet auf die Vogelinsel. „Von Weitem sieht das wunderschön aus, aber wenn man näher hinguckt, dann sieht man viele verletzte und tote Tiere“, mahnt sie – steigt auf das Rad und fährt davon.

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