Neubaugebiet Auf dem Hölder Römische Brandgräber in Röttgen gefunden

RÖTTGEN · Archäologen haben die Flächen vor Beginn der Bauarbeiten untersucht. Zurzeit werden die Funde vom Amt für Bodendenkmalpflege ausgewertet.

 Die LVR-Mitarbeiter Joachim Franitzek (links) und Thomas Weber schauen sich die Örtlichkeit genauer an.

Die LVR-Mitarbeiter Joachim Franitzek (links) und Thomas Weber schauen sich die Örtlichkeit genauer an.

Foto: LVR-Amt für Bodendenkmalpflege

Als im Jahre 2014 auf den Feldern im Norden von Röttgen Männer mit Sonden unterwegs waren, bekam das kaum jemand mit. Als dann an einigen Stellen gegraben wurde, wurde daraus auch kein Aufsehen gemacht. Den Mitarbeitern des LVR-Amts für Bodendenkmalpflege war das sehr recht, denn sie arbeiten lieber im Verborgenen, weil sie fürchten, dass sonst in Nacht- und Nebelaktionen die „Schätze“ gestohlen und die Fundstellen zerstört werden.

Dementsprechend war lange nicht klar, was auf dem Gelände des späteren Neubaugebiets Auf dem Hölder entdeckt wurde. Mit leeren Händen zogen die Forscher nicht ab. „Wir fanden insgesamt sieben römische Gräber, eines davon gehört wohl in die Eisenzeit vor Christi Geburt“, sagt Erich Claßen, Leiter der Außenstelle Overath des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege, dem General-Anzeiger jetzt auf Anfrage.

Die Gräber deuten laut Claßen darauf hin, dass ganz in der Nähe eine Siedlung war, wie zum Beispiel ein römischer Gutshof – eine „Villa Rustica“. Dieser Gutshof sah meist so aus, dass es ein Hauptgebäude gab, ein Haus für Personal und Ställe, umgeben von Gräben oder einem Wall. Die Gebäude lagen meistens nicht weiter als 200 Meter von den Gräbern entfernt, in denen die Bewohner ihre letzte Ruhe fanden.

„Es gibt ein Luftbild vom Hölder aus den 1960er Jahren, das auf eine solche Siedlung hindeutet, aber der Nachweis ist nicht mehr zu führen“, sagt Claßen. Immerhin: Sollte bei Ausschachtungsarbeiten für das Neubaugebiet noch etwas gefunden werden, seien die Grundstückseigentümer angewiesen, die LVR-Archäologen zu informieren. „Dann stehen wir sofort daneben.“

Nach dem Fund bleibt die Frage: Ist Röttgen älter als die bisher zugestandenen 650 Jahre? Unklar ist auch, wie groß das Gräberfeld ursprünglich war. Vermutlich waren es weit mehr als die gefundenen sieben Gräber. Aber die intensive landwirtschaftliche Nutzung des Feldes und eine Bodenerosion von mindestens 90 Zentimetern hätten die meisten Gräber zerstört, so die Archäologen. Zu dieser These passt der Fundort, da die Gräber am oberen Ende des Hölder-Hanges entdeckt wurden, wo der Bodenabtrag im Laufe der Zeit am geringsten war.

Die sieben Gräber waren nichts anderes als kleine Kammern, die durch hochkant gesetzte Ziegelplatten eingefasst wurden. In diesen Kammern wurden die verbrannten Knochenreste der Toten mit der Holzkohle vom Scheiterhaufen sowie einigen typischen Grabbeigaben bestattet.

Glasgefäße waren bunt verziert

Auch in Röttgen fanden sich, wie so oft in solchen Brandgräbern, Keramikkrüge, Teller und Glasgefäße. „Es waren drei Krüge, ein Teller und zwei Glasgefäße mit bunten Glasfäden“, beschreibt Claßen. „Die Funde wurden gewaschen und sind zur wissenschaftlichen Auswertung an die Universität Köln übergeben worden.“ Die beiden Glasgefäße wurden in eine Restaurierungswerkstatt gebracht.

„Wir rechnen in einem halben Jahr mit ersten Ergebnissen“, so der Experte. Dann könne man, wenn die Knochenfragmente nicht zu klein sind, vielleicht auch feststellen, ob es sich bei den Toten um Männer oder Frauen gehandelt habe. Auch Studenten interessiert das Thema: Bei der Universität Köln ist gerade eine Bachelor-Arbeit über das Gräberfeld in Röttgen angemeldet worden.

Die Archäologen entdeckten in Röttgen auch zwei parallel verlaufende Gräben eines römischen Übungslagers, allerdings ohne Fundmaterial, so Claßen, und Reste aus dem 16. Jahrhundert. „Dabei handelte es sich aber um Abfallgruben.“ Der Grund dafür, dass ausgerechnet der ehemalige Acker auf dem Hölder untersucht wurde, liegt auf der Hand: Im Vorfeld der Bauarbeiten fanden ehrenamtliche LVR-Sondengänger im Jahr 2014 eine Handvoll römischer Münzen. Nicht ausgeschlossen, dass immer noch ein paar dieser Geldstücke im Boden liegen.

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