Bonner Heimatgeschichte Röttgen und sein verschwundenes Schloss

RÖTTGEN · Das Schloss ist weg, unwiederbringlich. Leider. In Röttgen deuten trotzdem noch mehr Spuren als anderswo auf den Kurfürsten Clemens August hin, der hier ein mächtiges Jagdschloss errichten ließ. Passenderweise hieß es Herzogsfreude. Hier lesen Sie zehn Fakten, die Sie (womöglich) noch nicht über den verschwundenen Prunkbau wussten.

  • Die Ausmaße: Allein das Hauptgebäude der dreiflügeligen Anlage soll eine 70 Meter breite Fassade gehabt haben, mit 19 Fensterachsen. Das Schloss hatte 100 Zimmer für die Jagdgesellschaften. Gewohnt hat hier nie jemand. Alte Stiche geben allerdings eine Anmutung, wie es ausgesehen haben soll.
  • Die Lage: Das prächtige Gebäude, an französischen Vorbildern orientiert, lag genau im Zentrum der künstlich angelegten schnurgeraden Alleen, die am heutigen Schlossplatz zusammenliefen. Dort stand das Schloss und öffnete sich mit dem Ehrenhof nach Bonn hin. Wer heute über die Reichsstraße fährt, fährt also mitten durch das Geisterschloss.
  • Die Erbauung: Nachdem der Kurfürst 1754 den Grundstein gelegt hatte, kamen den Chroniken zufolge 1400 Handwerker und Künstler nach Röttgen und mussten hier ran. Das dauerte, und als das Gebäude fertig war, wurde es doch nie bezogen. Clemens August hat nie einen Fuß hineingesetzt, bis er 1761 überraschend starb. Bis dahin soll der Bau 130 000 Taler gekostet haben, ohne die Innenausstattung.
  • Der Niedergang: Der nächste Kurfürst Max Friedrich schlachtete das Gebäude aus. Es verfiel im Laufe der Zeit, bis es in die Hände der Franzosen fiel und für 3350 Francs - so die Überlieferung - verkauft wurde.
  • Der Käufer: Für den Dachdecker Peter Lander, der am 7. Juni 1804 bei der Versteigerung den Zuschlag bekam, war es ein gutes Geschäft. Zwar konnte man genau 50 Jahre nach Grundsteinlegung und Baubeginn nicht mehr in dem Schloss wohnen. Aber man konnte es Stein für Stein abbrechen. Lander tat es, verkaufte die Ziegel und Balken, das Kupfer und die Rohre. Das Schloss wurde zum Materiallager. Und man darf annehmen, Lander zu einem wohlhabenden Mann.
  • Die Reste: Erhalten ist nichts mehr, bis auf zwei Gewölbe in Privatkellern. Allerdings wurden Teile der Innenausstattung wie Holzvertäfelungen und Kamine nach Brühl geschafft und fanden ihren Platz im Südflügel des Schlosses Augustusburg.
  • Das Gedenken: Straßennamen wie Herzogsfreudenweg, Schlossplatz und Kurfürstenplatz erinnern heute an frühere Zeiten. Und außerdem ein Bronzemodell, das 1984 auf dem Schlossplatz enthüllt wurde. Und die Röttgener Kinder gehen wie selbstverständlich in die Schlossbachschule.
  • Die Achsen: Es sind diese schnurgeraden Wege durch den Kottenforst, die Clemens August anlegen ließ, um per Pferd in höchstem Tempo dem Wild hinterherzujagen. Die Wege laufen alle auf den Schlossplatz zu. Und seine heiß geliebten Parforcejagden brachten den Kurfürsten erst auf die Idee, hier ein Schloss für die noblen Jagdgesellschaften zu errichten.
  • Die Relaisstation: Hier wurden früher die Pferde gewechselt, heutzutage ist es als Jägerhäuschen bei den Spaziergängern bekannt und ein beliebtes Ziel für Wanderungen. Das Haus mit den typischen Fenstern steht unter Denkmalschutz.
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