Tollitäten und OB Dörner halten Friedensansprache Hunderte Bonner zeigen ihre Solidarität mit der Ukraine

Update | Bonn · Der Rosenmontag in Bonn ist mit einer Friedensansprache durch das Prinzenpaar, den Bonner Festausschuss Karneval und die Oberbürgermeisterin gestartet. Hunderte Menschen sammelten sich auf dem Marktplatz in Bonn.

Friedensdemo in Bonn: Hunderte Menschen auf Kundgebung am Rosenmontag - Bilder
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Hunderte Menschen bei Friedenskundgebung in Bonn

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In der Bonner Innenstadt herrscht am Rosenmontag gemischte Stimmung. Unter den jecken Bannern, die alle zehn Meter gehisst sind, wandeln am Rosenmontag nur wenige Verkleidete. Beim näheren Hinsehen fällt jedoch auf, dass viele Menschen ein optisches Zeichen für den Frieden tragen: Sie kommen mit blauen Regenjacken, gelben Schals, blauen Perücken und gelben Rucksäcken in die Stadt. Richtung Markt vereinen sie sich zu einer friedlichen, großen Masse. Statt der typischen Rosenmontagszüge und lauter Musik bestimmen Appelle an den Frieden das Karnevalsprogramm.

Es sind Solidaritätsbekundungen in den Nationalfarben der Ukraine, die seit Donnerstag von Russland attackiert wird. Die Folgen des Krieges werde man auch in Bonn spüren, sagt Oberbürgermeisterin Katja Dörner vom Prinzenwagen aus. „Das, was in der Ukraine angegriffen wird, das betrifft auch unmittelbar uns. Das ist die Demokratie, das ist der Rechtsstaat, das ist die Freiheit und das ist das starke, vereinte Europa, für das unser Herz schlägt und das wir erhalten wollen“, so Dörner.

Präsidentin des Festausschusses: „Freiheit steht jedem zu, sie ist das höchste Gut auf der Welt!“

Sie spricht sich für Solidarität mit der Ukraine aus. Flüchtlingen, die von dort nach Bonn kämen, werde „selbstverständlich“ Unterkunft gewährt, sagt Dörner. Der Präsidentin des Festausschusses Bonner Karneval, Marlies Stockhorst, geht der Krieg sichtlich nahe. Als sie Zeilen der Kölsch-Band Brings zitiert, in denen es um Liebe und Frieden geht, setzt kurz ihre Stimme aus.

„Freiheit steht jedem zu, sie ist das höchste Gut auf der Welt“, sagt Stockhorst in Richtung des gefüllten Marktplatzes. Auch das designierte Prinzenpaar, Marco I. und Bonna Nadine I., hält eine kurze Ansprache auf dem Prinzenwagen. Man dürfe das Lächeln auch in schweren Zeiten nicht verlernen, dafür seien sie als Prinzenpaar hier, so die Bonna.

Ex-Prinz von 1997 erscheint mit mehreren Bollerwagen

„Besonders stolz, Bonner zu sein“, ist Prinz Marco, wenn er die vielen Menschen am alten Rathaus sieht. Nach den Ansprachen singt die Menge zusammen mit den Rednern „Unser Stammbaum“ von den Bläck Fööss, hakt sich zum maßvollen Schunkeln ein. Auf den Frieden, die Freiheit und die Ukraine erbittet der Prinz ein dreifaches Alaaf. Die Gesänge und Rufe ertönen in gemäßigter Lautstärke. Die Zerrissenheit zwischen Feierlust und Angst vor einer weiteren Eskalation des Krieges ist förmlich zu spüren.

Gegen 13 Uhr erscheint Ex-Prinz Willi Baukhage samt Freunden mit selbst-bestückten Bollerwagen auf dem Marktplatz. Zu sehen ist das Prinzenpaar sowie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der ein Banner mit der Aufschrift „Jeck jeht net weg“ in den Armen hält. „Das muss der Minister ertragen, wenn er vorschlägt, den Karneval in den Sommer zu verlegen“, sagt Baukhage. Nächstes Jahr feiert der Prinz von 1997/1998 50-Jähriges als aktiver Karnevalist. Auch Solidaritäts- und Friedensbekundungen mit der Ukraine schmücken seine Wagen. In 50 Jahren habe er keinen Karneval unter solch düsteren Vorzeichen erlebt.

Kaum Feiern in der Altstadt

In der Altstadt ist am späten Nachmittag noch weniger los als an Weiberfastnacht. Hier und da tönt Partymusik durch die Scheiben privater Wohnungen, als SWAT-Spezialeinheitspolizisten und Prinzessinen verkleidete Kleingrüppchen streifen umher. Dass der geringe Andrang auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen ist, glauben die Altstadt-Kneipiers nicht. Holger Quanz von der UnfassBar an der Breiten Straße hat mit voller Hütte gerechnet, jetzt läuft es „so lala“. Er sagt: „Manche haben mir gesagt, dass sie wegen der Ukraine nicht feiern gehen, und das ist völlig okay und nachvollziehbar. Andere wiederum sagten mir, dass sie sich hier gut von den düsteren Meldungen ablenken können.“ Vor und im Café Pawlow ist auch nicht so viel los. Laute Ska-Musik läuft, ein Zebra trinkt Bier. „Besser als die letzten Jahre ist es wenigstens allemal", sagt Mitarbeiterin Anna Otten. Vielleicht liegt es daran, dass viele junge Leute vom Hauptbahnhof aus nach Köln gefahren sind.

In der Innenstadt waren am Rosenmontag, anders als sonst, 80 Prozent der Geschäfte geöffnet. Jannis Vassiliou vom Einzelhandelsverband Bonn Rhein-Sieg spricht von einem „sehr positiven Verlauf“. Die Händlerinnen verzeichneten „guten Umsatz“.

Die Stadtverwaltung zeiht am späten Nachmittag eine sehr ruhige Bilanz. Es seien keine Karnevalseinsätze durch Einsatzkräfte gemeldet worden. Lediglich auf das Tragen einer medizinischen Maske müsse hin und wieder aufmerksam gemacht werden, so Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann.

Bereits am Wochenende verteilte der 1. Fußball- und Karnevals-Klub aus Poppelsdorf als Zeichen des Friedens Rosen und Kamelle. Weitere Gedenkveranstaltungen sind geplant. An diesem Dienstag etwa findet auf dem Münsterplatz ein „interreligiöses Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit“ statt. Beginn ist um 17.30 Uhr.

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