Notunterkunft in Pädagogischer Hochschule? Schadstoff-Grenzwert zehnfach überschritten

Bonn · Die hohe PCB-Belastung macht eine Unterbringung von Flüchtlingen in der ehemaligen Pädagogischen Hochschule schwierig. 80 Millionen Euro müssten investiert werden.

 Pädagogische Hochschule Foto: Barbara Frommann

Pädagogische Hochschule Foto: Barbara Frommann

Foto: Barbara Frommann

Es scheint, als sei die nächste Alternative geplatzt. Auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge erfuhr die Stadt gestern bei einem Ortstermin: Das leer stehende Hochhaus der ehemaligen Pädagogischen Hochschule an der Römerstraße ist mit der Bauchemikalie PCB derart belastet, dass Grenzwerte teils um das Zehnfache überschritten werden und eine Sanierung eine Millionensumme kosten würde.

Der alte Hörsaal wirkt gespenstisch, ein schwarzer Klavierflügel ist in flackerndes Licht der Neonröhren getaucht. Kabel und Belüftungsrohre hängen aus der Decke der früheren Bibliothek. Doch die Gefahr ist unsichtbar: Das Haus ist mit sogenannten Polychlorierten Biphenylen (PBC) belastet, die als giftig und zum Teil krebserregend gelten.

Zuletzt wurde ein Höchstwert von 3000 Nanogramm pro Kubikmeter gemessen – zehnmal so hoch wie der zulässige Grenzwert. Hausmeister Walter Dajura betritt das Gebäude zwei- bis dreimal im Monat für je eine Stunde und sagt, der PCB-Wert in seinem Blut sei doppelt so hoch wie üblich.

2004 wurden die hohen Schadstoffwerte entdeckt

2010 wurde das mit der Bauchemikalie belastete Gebäude aus dem Jahr 1977 im Besitz des Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB) NRW mit 27 000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche aufgegeben, nachdem 2004 die hohen Schadstoffwerte entdeckt wurden. Trotz Luftwäschegeräten, Luftlöchern und Abdichtungen: Die Werte waren nicht in den Griff zu bekommen. Die Schadstoffe stecken in Fugen und Dichtungen, reichern sich über die Zeit aber auch in anderen Materialien an.

200 Räume stehen leer. Es gibt Toiletten, aber keine Duschen. Die Heizung ist intakt und auch der Brandschutz ist gewährleistet. Doch 80 Millionen Euro müssten laut BLB investiert werden, um das zwölfgeschossige Hochhaus grundlegend zu sanieren. Allerdings liegt diese Schätzung bereits drei Jahre zurück und bezog sich auf eine Hochschulnutzung.

Pädagogische Hochschule

Für Irritationen sorgte der Umstand, dass die Uni das Hochhaus auf zwei Etagen noch für Forschungszwecke nutzt. Die Uni gibt an, dass nur vereinzelt Mitarbeiter im Forschungsbereich der Genetiker die Räume benutzten und sich nur kurzzeitig dort aufhielten. Gesundheitliche Folgen durch PCB bei Mitarbeitern oder Studenten seien der Uni nicht bekannt.

Für die Stadt ist es ein Dilemma: Einerseits sucht sie händeringend nach alternativen Unterbringungsmöglichkeiten, um nicht auf weitere Sporthallen ausweichen zu müssen. Anderseits sind viele öffentliche Gebäude, die leer stehen, in so schlechtem Zustand, dass fraglich ist, ob eine Sanierung sich lohnt. „Wenn man diese Flächen sieht, tut es einem in der Seele weh, dass sie nicht genutzt werden können“, erklärte Oberbürgermeister Ashok Sridharan.

Sanierungsstau auch beim Landesbehördenhaus

Die Stadt will nun prüfen, ob die Schadstoffe für einen begrenzten Zeitraum unter den Grenzwert gesenkt werden können. Im Gespräch ist außerdem die ehemalige Mensa am Römer-Castell. Sie wird bis Ende 2016 durch das Studierendenwerk genutzt, das dort Küchengeräte der in Sanierung befindlichen Poppelsdorfer Mensa lagert. Danach hat sich die Universität bereiterklärt, der Stadt das Gebäude als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung zu stellen.

Am Mittwoch hatte die Stadt das Landesbehördenhaus an der B9 besichtigt. Dort machen im Altbau der desolate Zustand und der nötige Sanierungsaufwand eine Nutzung aus Sicht der Stadt unmöglich. Es soll aber geprüft werden, ob die Turnhallen nutzbar gemacht werden können und ob sich auf dem unteren Parkplatz Container aufstellen lassen.

Die SPD kritisiert unterdessen den schlechten Zustand der Liegenschaften wie Landesbehördenhaus und Poliklinik in der Wilhelmstraße. In einem Schreiben richtete sich der Landtagsabgeordnete Bernhard von Grünberg an den Landesrechnungshof. Es solle überprüft werden, inwiefern Verantwortliche eine Vernichtung von öffentlichem Eigentum verursacht oder geduldet hätten.

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