GEW-Kundgebung auf dem Münsterplatz Scharfe Kritik an Ministerin Gebauer und ihrer Schulpolitik

Bonn · Am Samstag fand eine Demonstration in Bonn statt. Die Demonstranten fordern die Einführung von Hybridunterricht, die Reduzierungen des Lernstoffes und die Anpassung von Abschlussprüfungen.

 Am Samstag fand eine Demonstration in Bonn statt.

Am Samstag fand eine Demonstration in Bonn statt.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Corona-Situation spitzt sich immer weiter zu, auch die Schulen sind wieder betroffen. Deswegen hielt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bonn am Samstagmittag eine Kundgebung auf dem Münsterplatz ab. Zur Veranstaltung unter dem Motto „Jetzt schlägt’s 13: Für bessere Konzepte und Hygienemaßnahmen in Kitas und Schulen kamen knapp 30 Teilnehmer. Der Haupttenor auf dem Münsterplatz: Die derzeitigen Corona-Strategien und Hygienekonzepte im Bildungsbereich seien unzureichend. Auch fällt auf, dass Lehrer-, Schüler- und Elternvertreter geschlossen auftraten.

„Wir fordern, dass nach dem 10. Januar endlich ein sinnvolles System auf die Beine gestellt wird“, sagt Rabea Schwarze, Schülersprecherin des Hardtberg-Gymnasiums. Der Schulalltag habe bis jetzt aus einem Hin-und-Her bestanden. Zunächst Maskenpflicht im Unterricht, dann wieder nicht, und schließlich doch wieder. Dazu kämen Abstandsproblematiken in Klassen und auf dem Schulhof. Schließlich müssten auch immer wieder Schüler in Quarantäne. „Dadurch entsteht ein Bildungsungleichgewicht“, so Schwarze.

Die Schülersprecherin der Realschule Hardtberg, Lynn Siala, ist ebenfalls zur Kundgebung gekommen. Sie ergänzt, dass auch viele Lehrer an ihrer Schule bereits in Quarantäne mussten. Dadurch fielen viele Stunden aus. „Deswegen fordern wie eine Reduzierung des Lernstoffes und angepasste Abschlussprüfungen“, erklärt die Schülerin der Klasse 10. Sie steht damit genau wie Schwarze, die am Gymnasium die Stufe Q2 besucht, kurz vor ihrem Schulabschluss.

Forderungen decken sich mit denen der Gewerkschaft

Diese Forderungen decken sich mit denen der Gewerkschaft. Ebenfalls herrscht Einigkeit, dass die am Freitag von NRW-Ministerpräsident beschlossenen harten Maßnahmen in der jetzigen Situation notwendig waren. „Man musste jetzt die Reißleine ziehen“, findet Schülersprecherin Schwarze.

Ähnlich wie sie kritisiert der Lehrer und Gewerkschaftsvorsitzende Rolf Haßelkus, dass nicht schon vorher Maßnahmen ergriffen worden seien, um die jetzige Situation zu vermeiden: „Wir haben bereits im August einen Initiativantrag im Schulministerium eingereicht, in dem wir gemäß den RKI-Empfehlungen die Einführung von Hybridunterricht ab einem Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern fordern.“ Eine Antwort hätten sie nie erhalten. Die Quittung sei das jetzige Chaos durch die kurzfristig beschlossenen Maßnahmen.

„Jetzt ist es wichtig, dass man wenigstens weiß, wie es ab dem 10. Januar weitergehen wird“, so Haßelkus weiter. „Die Eltern brauchen jetzt vor allem Planungssicherheit, damit sie wissen, worauf sie sich einstellen müssten.“ Mehr Hybridunterricht fordert auch Schülersprecherin Schwarze. „Es kann nicht so weitergehen wie bisher, in vollen Klassen hat man Angst, sich und seine Familie anzustecken.“

Modelle müssen eingeführt werden

Gegen Hybridunterricht wird oft das Argument vorgebracht, Eltern hätten dann einen zu großen Betreuungsaufwand. Trotzdem sprach sich auf der Kundgebung auch Sava Stomporowski von der Landeselternschaft der integrierten Schulen in NRW (LEIS) für genau diese Unterrichtsform aus. „Dank verschiedener Modelle kann auch im Hybridunterricht die Betreuung der jüngeren Kinder gewährleistet werden“, sagt Stomporowski. Je nach Bedarf könnte man den Unterricht in Vormittags- und Nachmittagsphasen einteilen oder tages- beziehungsweise wochenweise wechseln.

„Deswegen muss Yvonne Gebauer (NRW-Schulministerin, FDP, Anm. der Red.) endlich ihre Hausaufgaben machen und diese Modelle einführen“, so Stomporowski weiter. Nur so könne zukünftig die Gefahr weiterer harter Lockdowns und ad-hoc-Schulschließungen gebannt werden. „Was wir jetzt brauchen, ist ein regelmäßiger Rhythmus“, findet Stomporoswki. Dass es den bis jetzt nicht gegeben habe, sei ein Versäumnis der Politik, die sich Vorschlägen von außen verweigert habe. Auch sonst kam die Schulministerin auf der Kundgebung nicht gut weg. „Das Ministerium hat sich verzockt, und nun haben wir diese kurzfristigen Maßnahmen“, kritisiert Gewerkschaftler Haßelkus.

Dem Ansehen der Ministerin schadet auch ihre Aussage vom vergangen Donnerstag, mit ihr werde es ein Aussetzen der Schulpflicht nicht geben. Auch wenn Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nur einen Tag später zwar nicht genau diese Aussetzung der Schulpflicht, sondern für die jüngeren Kinder lediglich die Aufhebung der Anwesenheitspflicht und für die Älteren Distanzunterricht anordnete, wirkte es trotzdem wie eine komplette Kehrtwende.

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