Kommentar zur Beethoven-Gesellschaft Scharmützel helfen keinem

Meinung | Bonn · Die bohrenden Fragen aus dem Kulturausschuss sind ein Warnsignal für den Beethoven-Haus-Chef Malte Boecker, meint unser Autor. Er findet, dass mehr taktisches Geschick im Umgang mit dem Rat wünschenswert wäre.

Ein schwerer Gang für Malte Boecker. Dass sich der Beethoven-Haus-Chef vor einer Sondersitzung des Kulturausschusses fragen lassen muss, was ihn denn dafür qualifiziere, jetzt auch noch das Beethoven-Jubiläumsjahr zu managen, grenzt an einen gezielten Affront. Man darf die bohrenden Fragen auch als Revanche und Warnsignal verstehen: Viele Politiker sind aufgebracht, weil sie vor dem Rauswurf von Christian Lorenz, dem bisherigen künstlerischen Leiter der Jubiläums-Gesellschaft, nicht eingebunden worden sind.

Formal hat der Rat in dieser GmbH allerdings gar nichts zu melden. Sie ist selbstständig, um Fördergeld des Bundes, des Landes, der Stadt und des Rhein-Sieg-Kreises unabhängig verwalten zu können. Klar, die Fraktionen sehen sich in der Mitverantwortung, wenn Millionensummen auch aus der Bonner Stadtkasse verplant werden. Aber: Sie gaben die direkte Kontrolle in dem Moment ab, als sie 2016 der Gründung der GmbH zustimmten – eine „Selbstentmachtung der Politik“, wie Jürgen Repschläger in der Sondersitzung mit entlarvender Offenheit anmerkte. Seine Linksfraktion hatte das Konstrukt damals abgelehnt. Es geht aber hier und heute nicht um „Macht“, sondern nur noch um das Gelingen des Jubiläumsjahres.

Die Trennung von Lorenz war eine Entscheidung des Aufsichtsrates der GmbH, in dem als einziger Vertreter der Stadt Oberbürgermeister Ashok Sridharan sitzt. Treibende Kraft: Malte Boecker, der Mängel in der Umsetzung der Programmprojekte zu erkennen glaubte. So wenige Monate vor Jubiläumsstart die Notbremse zu ziehen, mag richtig gewesen sein – der Zeitpunkt macht es aber fast unmöglich, rechtzeitig einen neuen Geschäftsführer mit einschlägiger Erfahrung von außen zu holen. Also ist es nun der überaus ambitionierte Malte Boecker, der gemeinsam mit Co-Geschäftsführer Ralf Birkner liefern muss. Besonders dringend: Das große Hofgarten-Konzert am 15. Mai abzusichern, die Kommunikation der Jubiläums-Gesellschaft zu verbessern, sie für die Bonner sichtbarer zu machen und den Kartenverkauf zu starten.

Mehr taktisches Geschick im Umgang mit dem Rat wäre wünschenswert, weil öffentliche Scharmützel wie die Sondersitzung dem Jubeljahr sicher nicht zuträglich sind. Der Erfolg des millionenschweren Projektes liegt im Interesse der gesamten Stadt. Das übergeordnete Ziel kann nur sein, Bonn dauerhaft als Beethovenstadt zu etablieren – am besten mit jährlich fließenden Fördermitteln des Bundes, was im Wettbewerb der Kommunen heikel ist. Die Weichen dafür müssen in den kommenden Monaten gestellt werden.

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