Stadtrundfahrt im Cabrio-Bus Schöne Grüße aus Bonn

BONN · Wie präsentiert sich Bonn seinen Besuchern? Am liebsten oben ohne. Die Rundfahrt im blauen Cabrio-Bus ist jedenfalls eine überaus beliebte Art, die Stadt zu erkunden: Jährlich buchen mehr als 8600 Gäste und Einheimische eine Tour.

Claudia Kaegler (38) und Dirk Wörmer (54) haben sich die Stadtrundfahrt mit dem Cabrio-Bus gegenseitig zum Geburtstag geschenkt. Die beide August-Kinder aus Hamburg unternehmen in diesem Jahr zwischen ihren Geburtstagen eine viertägige Tour durch Bonn. Gegen 14 Uhr sitzen sie an einem sonnigen Dienstag in der ersten Reihe im Cabrio-Bus vor der Bonn-Information am Mülheimer Platz. Das rote Verdeck des Wagens mit der Nummer 9631 ist weit geöffnet. Bei der Übergabe der Tickets gab es eine Tüte Gummibärchen als ersten süßen Gruß aus Bonn.

Die Fahrt im blauen Bus ist eine überaus beliebte Art, die Stadt zu erkunden: Rund 8600 Teilnehmer zählen die Veranstalter des Bonner Tourismusbüros im Jahr. Für Fakten und gute Unterhaltung auf der mehr als zweistündigen Rundreise durch den Großraum Bonn ist heute Cornelia Barth-Aminski zuständig. Die 60-jährige Gästeführerin kennt ihre Geburtsstadt in- und auswendig. Seit 1979 begleitet sie die große Stadtrundfahrt; zunächst sogar dreisprachig: deutsch, englisch und französisch. Heute erklärt sie wechselnd auf Deutsch und Englisch, wie sich Bonn vom römischen Lager vor mehr als 2000 Jahren zur heutigen Beethoven-, UN- und Telekommunikationsstadt entwickelt hat.

Busfahrer Dieter Kuhnt lenkt sein auffälliges Fahrzeug sachte am Alten Stadthaus vorbei in Richtung Friedensplatz. Die Sonne knallt voll in den Fahrgastbereich. Sonnenhut und Sonnencreme sind heute eine gute Wahl. Dazu eine Flasche Wasser und eine Kamera. Der blaue Bus fährt über Suttnerplatz und Belderberg durchs Koblenzer Tor. Das alte Stadttor des kurfürstlichen Residenzschlosses führt direkt zum Hofgarten, Bonns kunterbunter Demonstrationswiese der bundesrepublikanischen Protestzeit. Auf Englisch hören sich die geschichtlichen Fakten gleich noch viel wichtiger und faszinierender an – mit Begriffen wie „prince elector’s castle“ oder „a place called Hofgarten“.

Vorbei an Schinkels Akademischem Kunstmuseum geht es zum Kaiserplatz – einem „schönen Plätzchen bei Sonnenwetter“, wie Cornelia Barth-Aminski sagt. Die Gästeführerin gibt auf der Fahrt immer wieder wertvolle Tipps zur weiteren Freizeitgestaltung. In der Südstadt erzählt sie von den reichen Herrschaften, die sich im 19. Jahrhundert in Bonn ansiedelten.

Die barocke Residenzstadt

Haltepunkt eins befindet sich auf der Poppelsdorfer Allee, exakt auf der Sichtachse zwischen Universität und Lustwandelschloss. Unter den Kurfürsten Josef Clemens und Clemens August wurde Bonn endgültig zu einer barocken Residenzstadt.

Weiter geht es über die Reuterstraße – den alten Reiterweg zwischen Köln und Koblenz – Richtung Museumsmeile, dem nächsten Haltepunkt. Barth-Aminski empfiehlt einen Besuch im Haus der Geschichte, der kostenlos ist, weil Kanzler Helmut Kohl das einst so wollte.

Fahrer Kuhnt lenkt den Bus nach Bad Godesberg. Im früheren Diplomatenviertel erzählt die Gästeführerin Wissenswertes zur Godesburg. Beim nächsten Halt geht es um die Redoute, wo einst ein Teenager namens Beethoven mit 17 Jahren einem gewissen Joseph Haydn vorgestellt wurde, der das Bonner Musikgenie mit 20 Jahren nach Wien lotste. Kuppler war in diesem Fall Kurfürst Max Franz.

Am Bahnhof in Bad Godesberg begegnet der Cabrio-Bus dem Beethoven-Bus der Stadtwerke und rollt weiter durch das Villenviertel zum Rhein, wo sich ein wunderbarer Blick auf das Siebengebirge eröffnet – mit dem Drachenfels, dessen Trachyt im Kölner Dom verbaut wurde. Cornelia Barth-Aminski berichtet von der Bedeutung des Gästehauses auf dem Petersberg, in dem einst die Hohen Kommissare der Alliierten tagten und Adenauer empfingen. Sie empfiehlt einen Besuch in den kleinen Weinorten des Siebengebirges mit ihrer lieblichen Fachwerkarchitektur. Und sie räumt mit dem Vorurteil auf, der Name „Siebengebirge“ komme ursprünglich von den sieben Bergen wie bei den berühmten Märchenzwergen. Tatsächlich seien es mehr als 40 Erhebungen, und das Siebengebirge habe seinen Namen von den „Siefen“, den vielen kleinen feuchten Rinnsalen in dem Gebirge. Gleichwohl hat die Version mit den „sieben Bergen“ ihren besonderen Reiz und wird seit der Rheinromantik im 19. Jahrhundert immer wieder gern erzählt.

Endstation Suttnerplatz

Durch Klein Amerika, der amerikanischen Siedlung in Plittersdorf, geht es auf die Südbrücke, Panoramablick hin und zurück, und vorbei am Post-Tower ins Regierungsviertel. Der Bus erreicht das Wasserwerk, das vom Provisorium ( 1986 bis 1992) zum historischen Ort avancierte, als der Bundestag dort die Themen Mauerfall, Wiedervereinigung und Regierungsumzug verhandelte.

Danach geht’s es zur Beethovenhalle. Die Gästeführerin spricht auch das sensible Thema der Sanierung an: „Im Jahr 2020 werden wir das ganze Jahr den 250. Geburtstag von Beethoven feiern, dann muss die Halle in neuem Glanz erstrahlen.“

Endstation Suttnerplatz. Cornelia Barth-Aminski führt ihre Gäste zu Fuß durch die Innenstadt, vorbei am Beethovenhaus, über den Markt zum Münsterplatz. Ihre Zuhörer sind begeistert. „Die Fahrt mit diesem offenen Bus ist eine gute Möglichkeit, um einen Eindruck von Bonn zu bekommen“, meint Hermann Stark aus Saarlouis. Und Tagesgast Ilona Wilde aus Hille bei Minden sagt: „Schön, dass es Angebote wie die Stadtrundfahrt gibt, die jeden Tag stattfinden.“ Auch Claudia Kaegler und Dirk Wörmer sind glücklich mit der Rundfahrt, weil sie viel über das grüne und geschichtsträchtige Bonn erfahren haben. Jetzt stehen auf ihrer Liste noch der Drachenfels und eine Rheintour mit dem Schiff.

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