3000 Klima-Experten erwartet Schüler geben Klimakonferenz in Bonn einen Schub

Bonn · In Bonn treffen sich ab heute 3000 Klima-Experten. Es ist die erste UN-Klimakonferenz seit Beginn der weltweiten Fridays-for-Future-Proteste. Die Bundesregierung hatte sich zuvor zum Ziel einer treibhausgasneutralen EU bekannt.

Vor Beginn der zehntägigen UN-Klimakonferenz in Bonn hat sich auch die Bundesregierung zu den ehrgeizigen Klimazielen bekannt, die der französische Präsident Emmanuel Macron für Europa anstrebt. Deutschland wolle das Ziel einer treibhausgasneutralen EU bis 2050 jetzt offiziell mittragen, zitierte die "Süddeutschen Zeitung" aus einer Äußerung der Bundesregierung an den Europäischen Rat. Darüber werde auf dem EU-Gipfel am kommenden Donnerstag und Freitag beraten.

Noch im Mai hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem EU-Sondergipfel im rumänischen Sibiu einer diesbezüglichen Initiative Macrons im Gegensatz zu anderen EU-Staaten nicht angeschlossen. Der Druck auf Deutschland, sich der Initiative anzuschließen, ist jedoch gewachsen - zumal im eigenen Land an diesem Montag die erste UN-Klimakonferenz nach Beginn der weltweiten Fridays-for-Future-Proteste beginnt. Dazu werden in Bonn 3000 Experten erwartet. Sie sollen den nächsten Weltklimagipfel in Santiago de Chile im Dezember vorbereiten. Gelingt es nicht, die Erderwärmung zu stoppen, ist der Planet Ende des Jahrhunderts drei Grad wärmer - mit fatalen Folgen auch für Deutschland und Europa wie häufigere Hitzewellen, längere Dürrephasen, mehr Stürme, Starkregen und Hochwasser.

Merkel hatte unlängst erklärt, sie strebe zwar auch das Ziel einer CO2-freien EU bis 2050 an, doch müsse über den Weg dorthin noch diskutiert werden. Auf dem EU-Gipfel soll über eine Langfriststrategie der EU beim Klimaschutz beraten werden. Mit der neuen Positionierung Deutschlands dürften die Chancen steigen, dabei ehrgeizigere Ziele durchzusetzen. Zurückhaltend bleiben allerdings bisher vor allem einige osteuropäische Länder. Das Ziel bedeutet nicht, dass es 2050 keine CO2-Emissionen mehr geben darf. Sie müssten allerdings durch andere Maßnahmen ausgeglichen werden, zum Beispiel durch Aufforstung oder CO2-Abscheidung.

Die UN-Klimachefin Patricia Espinosa zeigte unterdessen Verständnis für die Protestbewegung Fridays for Future. "Wir begrüßen ihre inspirierenden Stimmen als Teil unserer allgemeinen Anstrengungen, den weltweiten Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen", sagte die frühere Außenministerin von Mexiko. Man dürfe nie vergessen, dass gerade junge Menschen die Welt verändern könnten.

Nach Ansicht des Chefs der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Klaus Müller, sind die Verbraucher in Deutschland mehrheitlich bereit zu Veränderungen in ihrem Lebenswandel. Dazu gehöre auch die schrittweise Erhöhung der Preise für Benzin oder Heizöl im Gegenzug für Entlastungen an anderer Stelle. "Die CO2-Bepreisung muss in kleinen Schritten beginnen und extrem verlässlich sein. Der Verbraucher muss wissen, wie viel teurer es wann mit einem CO2-Preis würde, damit er planen kann, wenn er das nächste Auto oder die neue Heizung kauft oder die Sanierung seines Hauses plant und dann auf die klimaverträgliche Variante setzt", sagte Müller unserer Redaktion.

"Aus Sicht des Verbraucherschutzes ist entscheidend, dass das Geld an die Menschen zurückgeht und weder im Staatshaushalt verbleibt noch an Unternehmen verteilt wird." Müller schlug ein "Drei-Körbe-Modell" vor. "Der erste Korb, das ist der allergrößte Teil der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung, muss in Form von Pro-Kopf-Barschecks direkt an die Bürger zurückgezahlt werden", sagte Müller. Der zweite Teil sei für einen Ausgleich für die Haushalte mit geringem Einkommen und die ländliche Bevölkerung, die häufig mit dem Auto fahren muss und so überproportional durch den CO2-Preis belastet würden. "Drittens müssen wir viel mehr Geld in Busse und den Nah- und Fernverkehr der Bahn investieren."

Die Grünen kündigten am Wochenende an, dass sie einen eigenen staatlichen Fonds für die deutsche Klimapolitik einrichten wollen.

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