Prozess vor dem Bonner Jugendgericht Schulfreund im Kofferraum entführt und gequält

Bonn · Eine 18-jährige Gymnasiastin und ihr Mitschüler wollten sich für verschmähte Liebe rächen. Das Gericht sah schädliche Neigungen bei den Angeklagten, das Verfahren gegen Helfershelfer wurde eingestellt.

 Ein Fall aus Bad Godesberg beschäftigt die Bonner Justiz.

Ein Fall aus Bad Godesberg beschäftigt die Bonner Justiz.

Foto: dpa

Was eine 18-jährige Gymnasiastin aus Bad Godesberg und ihr gleichaltriger Mitschüler aus verschmähter Liebe und zur Strafe einem gemeinsamen Schulfreund antaten, ist kaum zu glauben: Das Duo lockte den 17-Jährigen in eine Falle, entführte ihn im Kofferraum eines Wagens an einen See bei Remagen-Unkelbach und quälte ihn die halbe Nacht. Nun hat ein Bonner Jugendgericht das Duo wegen Freiheitsberaubung und gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verurteilt, wie Amtsgerichtssprecherin Birgit Niepmann auf Anfrage mitteilte.

Es geschah am 11. Mai 2015. Da verfiel die 18-Jährige zusammen mit dem Mitschüler auf die fatale Idee, den 17-jährigen zu bestrafen und ihm eine Lektion zu erteilen. Der Grund: Die drei, die alle auf dieselbe Schule gingen, hatten sich 2014 angefreundet und viel Zeit miteinander verbracht. Und die 18-Jährige und der 17-Jährige, die dieselbe Klasse besuchten, waren sich schließlich näher gekommen. Er setzte ihr sogar einen Maibaum und übernachtete einige Male bei ihr.

Doch weil der Jugendliche ihre zunehmenden Liebesgefühle nicht erwiderte, zog er sich schließlich von ihr und auch von dem 18-jährigen Mitschüler zurück. Doch das wollten die beiden nicht so einfach hinnehmen und entwickelten schließlich einen Plan, um den 17-Jährigen als Freund wieder an sich zu binden.

Der 18-Jährige schlug vor, den treulosen Freund zu überlisten, zu überfallen und zu kidnappen, um ihn zu einem Gespräch zu zwingen. Am Tatabend lockte er ihn mit einer Handynachricht auf ein Schulgelände, wo die 18-Jährige und drei weitere Jugendliche, die sie als Helfershelfer angeheuert hatten, schon lauerten. Zu fünft überwältigten sie den 17-Jährigen, fesselten ihm die Hände auf den Rücken, zogen ihm die Jacke über den Kopf und banden sie ihm um den Hals mit Klebeband fest.

Dann wurde der 17-Jährige im Auto des 18-Jährigen in den Kofferraum gesperrt, und die zwei Angeklagten fuhren mit ihm zu dem See im Kreis Ahrweiler. Dort banden sie den Schulfreund an einem Baum fest und quälten ihn: Immer wieder kippten sie Wasser über ihn, verhöhnten ihn, schlugen ihm ins Gesicht, ließen Kriechtiere über ihn laufen, machten Fotos. Vier Stunden lang redeten die beiden auf ihn ein.

Erst als der 17-Jährige zum Schein auf sie einging und versprach, wieder ihr Freund zu sein, wurde er befreit. Eine Woche spielte er mit, doch am 1. Juni ging er trotz neuer Drohungen zur Polizei. Er leidet immer noch unter Angstzuständen und wird behandelt, wie sich vor Gericht herausstellte.

Jugendrichterin Gerlind Keller attestierte beiden Angeklagten schädliche Neigungen und befand im Urteil: „Es erscheint äußerst verwerflich, einen guten Freund über Stunden so zu quälen.“ Sie verurteilte den vorbestraften 18-jährigen Arztsohn zu einem Jahr Jugendstrafe auf Bewährung und einer Woche Arrest.

Die bisher unbestrafte Angeklagte, die aus schwierigen familiären Verhältnissen stammt, erhielt acht Monate auf Bewährung und zwei Freizeitarreste. Außerdem muss jeder der beiden 50 Sozialstunden leisten und 250 Euro an das Opfer zahlen. Beide Angeklagte gehen inzwischen auf andere Schulen und wollen das Abitur machen. Die Verfahren gegen die drei Helfershelfer hat die Staatsanwaltschaft eingestellt.

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