Bürgerinitiative in Dottendorf Seilbahngegner machen mobil

BONN · Gibt es in Bonn bald eine Seilbahn? Entsprechende Planungen laufen, doch Gegner machen mobil. Eine Bürgerinitiative aus Dottendorf hat schon 40 Mitglieder. Kritik gibt es auch an der Moderatorenrolle von Heiner Monheim.

Gegen die Überlegungen, eine Seilbahn hinauf zum Venusberg zu bauen, organisiert sich Widerstand. Eine Gruppe von Anwohnern aus Dottendorf und Umgebung hat eine Bürgerinitiative gegründet, der nach eigenen Angaben bisher etwa 40 Mitglieder angehören. Zwar wären die meisten von ihnen als Anlieger unmittelbar betroffen, „aber wir halten diese Seilbahn auch aus ökonomischen und ökologischen Gründen nicht für sinnvoll”, sagte Thomas Blaschke von der Initiative.

Die Gruppe ist sich sicher, dass am Ende der laufenden Machbarkeitsstudie zur Seilbahn vom Venusberg ins Regierungsviertel mit möglichem Anschluss auf die rechte Rheinseite nur eine der zurzeit geprüften Routen infrage kommt: Der Trassenkorridor, der über den Hindenburgplatz führt, läuft dicht vorbei an einigen Häusern.

Diese Strecke hätte nach bisherigen Erkenntnissen aus der Studie des Hauptgutachters der Machbarkeitsstudie, dem Ingenieurbüro Verkehr, Städtebau und Umweltschutz (VSU), mit 6060 Passagieren am Tag die höchsten Fahrgastzahlen zu erwarten. Zum Vergleich: Die Stadtwerke transportieren alleine mit der Linie 601 laut eigener Auskunft 5000 Fahrgäste täglich.

„Wir haben das Gefühl, die Stadt will auf jeden Fall eine Seilbahn bauen, und jetzt muss sie kommen”, erklärte Rolf Böhnke. Doch eine planvolle und vor allem haushalterisch sinnvolle Investition sei das nicht. Die Initiative erwartet keine wirkliche Entlastung, sondern höchstens eine Verlagerung der Verkehrsprobleme ins Tal.

Alternative E-Busse

Sie fordert stattdessen die Prüfung „sinnvoller Verkehrsentlastungen“ wie den Ausbau von Fahrradstrecken oder einen geregelten E-Busverkehr über die Bergstraße hoch zum Venusberg. Das wäre besser angelegtes Geld, zumal die Kosten für die Seilbahn – von denen die Stadt mindestens zehn Prozent zahlen müsste – noch nicht feststehen.

Physiker Gundolf Reichert hält zudem das Argument, die Seilbahn sei besonders umweltfreundlich, für falsch. Nach seinen Berechnungen wäre der CO2-Ausstoß bei einer solchen Bahn nicht nur höher als bei Dieselbussen. Selbst Autos produzierten weniger Kohlenstoffdioxid. „Die Seilbahn würde im Dauerbetrieb 18 Stunden laufen. Das ist ein CO2-Killer.”

Ähnlich sieht das Marc Gennat. Der Professor an der Hochschule Niederrhein ist aktiv in der Bürgerinitiative gegen eine Seilbahn in Wuppertal und hat ursprünglich für die Bonner Umweltverbände den Energiebedarf geschätzt, auf denen Reicherts Rechnungen basieren. Hinzu käme der Eingriff ins Landschaftsschutzgebiet durch Stützen auf der Trasse. Die Bürgerinitiative hat einige bestehende und geplante Seilbahnen analysiert.

Von Seilbahnplänen überrumpelt

Laut Dieter Haschke hat dieses Fortbewegungsmittel in Hasselfelde zunächst überhaupt keine Autos von der Straße geholt. Erst als die Stadt Fahrverbote verhängte, sei die Umsteigerquote gestiegen. In Wuppertal seien die Bürger von den Seilbahnplänen förmlich überrumpelt worden.

Ein Dorn im Auge ist der Bürgerinitiative Heiner Monheim. Der Bonner Verkehrsplaner organisiert mit seiner Firma Raumkom im Auftrag der Stadt die Bürgerbeteiligung. Er musste sich in Bürgerdiskussionen der Stadt und der Kessenicher SPD immer wieder anhören, er sei „Seilbahn-Lobbyist”. „Angesichts der Tatsache, dass Herr Monheim auf seiner eigenen Homepage schreibt, dass er Europas größten Seilbahnhersteller Doppelmayr in seiner Expansionsstrategie berät, halten wir ihn nicht für neutral”, erläuterte Reichert.

Der so Kritisierte sieht das anders: „Ich bin mit keinem Verkehrsmittel verheiratet und auch kein Seilbahnspezialist. Ich verfolge das Ziel, neue Ansätze zu finden, um Verkehrsprobleme zu lösen.” Er sei nicht nur mit Seilbahnherstellern im Gespräch, sondern ebenso mit der Automobilindustrie und hätte zu Car-Sharing, Fahrrädern und öffentlichen Verkehrsmitteln aller Art publiziert und pflege entsprechende Kontakte. Er habe in der Vergangenheit von Doppelmayr Geld für die Erstellung einer Broschüre und einer Bedarfsanalyse im Jahr 2009 bekommen. Einen bezahlten Dauerauftrag habe er nie gehabt.

Kritik an Bonner Verkehrsplaner

Monheim ist aber der Meinung, dass urbane Seilbahnen grundsätzlich für das öffentliche Verkehrsnetz geprüft werden sollten. Bonns Planungsamtsleiter Michael Isselmann betonte, dass Monheim nicht in die technischen Gutachten involviert sei. Die Stadt habe sein Unternehmen Raumkom nur für den frühzeitigen Beteiligungsprozess der Bürger engagiert, weil es einschlägige Expertise in Sachen urbane Seilbahnen vorzuweisen habe.

Sämtliche Aufträge – Raumkom bekommt für seine Arbeit 45.000 Euro – seien nach Genehmigung durch das Rechnungsprüfungsamt vergeben worden, so Isselmann. Bürger- und Planungsausschuss hätten der Vergabe einstimmig zugestimmt. „Wir haben uns bei der Machbarkeitsstudie für die Gutachter VSU GmbH, Intraplan GmbH und das Ingenieurbüro Sehnal entschieden, weil sie auf den Grundlagen und Erfahrungen vorheriger Aufträge aufbauen. Neue Unternehmen müssten quasi von vorne anfangen”, so Isselmann.

Er erklärte, dass die Stadt „offen in den Dialog mit den Bürgern geht und keine Informationen zurückhält”. Die Berechnungen seien sehr komplex. Und Energieverbrauch sowie die Baukosten würden letztlich von der Trasse, der Länge und dem Seilbahnsystem abhängen. Auch handele es sich um eine Machbarkeitsstudie. Nur wenn eine Wirtschaftlichkeit festgestellt werde, könne die Stadt in ein Planverfahren einsteigen. Das Projekt komme ohnehin nur zustande, wenn ÖPNV-Fördermittel bewilligt werden.

Im Bürgerdialog Anfang Oktober hatte die Stadt auf die Kritik an Monheim reagiert und eine Moderatorin eingesetzt. Die Bürgerwerkstatt in Arbeitsgruppen wird laut Isselmann Anfang des Jahres stattfinden können. Bis dahin will der technische Gutachter mehr Informationen zu Kosten und Bahnsystemen errechnet haben.

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