Bonner Kopf: Gerhard Kinast Sein schwerster Wettkampf

Bonn · Der Bonner Ruderverein sucht Lebensretter für sein Vereinsmitglied Gerhard Kinast. Der 62-Jährige braucht viel Kraft, vor allem Zuversicht und Hoffnung für den härtesten Wettkampf in seinem Leben. Seit November weiß der Bonner Ingenieur, dass er an einer besonders tückischen Leukämie leidet.

Ausdauer, Kraft und die Konzentration auf das Wesentliche – mit diesen Tugenden hat Gerhard Kinast in den vergangenen 35 Jahren die Ziellinie so mancher Regatta passiert. Erst im Oktober ging er für den Bonner Ruder-Verein von 1882 beim Rheinmarathon über die 42 Kilometer an den Start.

Von seinem Zimmer im Johanniterkrankenhaus aus sieht er direkt auf den Petersberg. „Genau dieses Panorama habe ich beim Rudern so geliebt“, ergänzt er. Bis vor wenigen Wochen setzte er sich regelmäßig in ein Boot und ruderte „auf seiner Hausstrecke“ nach Sinzig und zurück. „Das Farbenspiel des Siebengebirges im Herbst oder der Drachenfels abends bei Sonnenlicht, diese verschiedenen Perspektiven sind wirklich einzigartig“, erinnert er sich gerne. Dabei lief nicht immer alles glatt. „Ich bin natürlich auch schon mal gekentert und lag im Rhein“, lacht er.

Anfang der 1980er Jahre sollte er mit anderen jungen Vereinsmitgliedern ein Boot von der Mosel zum Vereinshaus am Wilhelm-Spiritus-Ufer überführen. „Es hatte allerdings einen flachen Bug, und es dauerte nicht lange, bis Wasser einlief.“ Alle landeten im Wasser. „Als wir das Boot gedreht hatten und wieder unterwegs waren, schwammen immer wieder einige unserer Gepäckstücke an uns vorbei“, sagt er lachend. 1954 bei Oldenburg geboren und in Emden aufgewachsen, kam der Vater zweier Söhne nach dem Studium zur Straßenbauverwaltung des Landschaftsverbandes nach Bonn. Heute ist der Kessenicher als Vermessungskoordinator beim Landesbetrieb Straßenbau auch an der Sanierung des Tausendfüßlers beteiligt.

Als Junge „von der Waterkant“ fühlte sich Kinast bereits als Zwölfjähriger erst in einem Boot so richtig wohl. Um sich dieses Stück Heimatgefühl zu erhalten, trat er 1981 dem Bonner Ruder-Verein 1882 bei und ist seit vielen Jahren im Vorstand aktiv. „Da habe ich wirklich ganz tolle Freunde gefunden“, sagt er dankbar. Tiefe Freundschaften, auf die er jetzt besonders bauen kann. Als seine Vereinskameraden am Tag vor Weihnachten von der Erkrankung erfuhren, organisierten sie sofort eine große Hilfsaktion. Um einen genetischen Zwilling zu finden, laden Ruder-Verein und DKMS am 21. Januar zu einer großen Typisierung ein. Nachdem sämtliche Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sind, setzt Kinast nun alle Hoffnung auf eine Stammzellenspende. „Ich bin guter Dinge. Man muss immer positiv denken“, erklärt er.

Seit Mitte Dezember läuft eine weltweite Suche, „jetzt hoffen wir, dass wir unsere Datenbank um viele Freiwillige aus der Region ergänzen können und einen geeigneten Spender finden“, sagt Maria Schmidt von DKMS. Unterstützung haben die Bonner Sportvereine, Kirchengemeinden und Ruderverbände, Kollegen und Freunde der Familie zugesagt. „Gerhard rudert immer weiter und ist unheimlich zäh. Das wird ihm auch diesmal helfen“, ist Irmgard Schuppert vom Ruder-Verein sicher.

„Ich bin zuversichtlich“, lässt sich Kinast nicht entmutigen. „So schnell gebe ich mich nicht geschlagen.“ Dank seiner Kondition hat er die Chemotherapie bisher gut überstanden. Um auch die weiteren Behandlungen so gut zu verkraften, gehört selbst jetzt Sport ganz selbstverständlich zu seinem Tagesablauf. Mit seinen Hanteln trainiert er sogar im Krankenhaus.

Einen Tag vor der Registrierungsaktion wird Gerhard Kinast 63 Jahre alt. Was er sich wünscht, braucht man ihn nicht zu fragen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort