Gnadenhochzeit in Bonn Seit 70 Jahren meistern sie gemeinsam das Leben

Bonn · Josef und Gertrud Hecker feiern am Mittwoch das seltene Fest der Gnadenhochzeit. Sie sind seit 70 Jahren verheiratet. Ihrer ersten Begegnung gingen zahlreiche Briefe voraus.

 „Uns beide verbindet so vieles“, sagt Josef Hecker und hält die Hand seiner Frau Gertrud.

„Uns beide verbindet so vieles“, sagt Josef Hecker und hält die Hand seiner Frau Gertrud.

Foto: MLH

Nicht die Schwarz-Weiß-Fotografie, die sie später einmal mitschicken würde – eine junge Frau mit schüchternem Blick und feinen Gesichtszügen, die blonden Locken zurückgesteckt – gab den Ausschlag, es war ihre Art die Buchstaben zu schwingen, die Josef Hecker vom ersten Briefwechsel an darin bestärkten, dass er dieses Mädchen von der Insel Föhr kennenlernen muss. „Sie hatte eine wirklich schöne Schrift“, so der 94-Jährige.„Darauf lege ich großen Wert. Mein Vater war Buchhalter und ich habe mir abgeschaut, wie er schrieb und regelmäßig abends geübt.“

Das Mädchen von der Insel Föhr, Gertrud, 92, sitzt jetzt neben ihm auf dem Sofa, ihre Hand liegt in seiner. Sie ist an Demenz erkrankt und fast blind. Das Paar lebt in einer Seniorenresidenz an der Kollegienstraße. Gertruds Adresse hatte der damals 23-Jährige von einem Kameraden, der von Amrum stammte; gemeinsam waren sie 1944 während des Zweiten Weltkriegs vor Moskau stationiert. „Er fragte mich, ob ich denn eine Freundin hätte und ich sagte Nein. Ich war ja auch noch jung. Dann meinte er, er kenne da ein nettes Mädchen auf Föhr und wir begannen uns zu schreiben – über Gott und die Welt.“

Nach Abschluss seines Einsatzes macht sich der junge Mann auf den Weg nach Nordfriesland. „In Niebüll angekommen, stand sie am Gleis, es war dichter Nebel. Sie trug ein Erkennungszeichen am Oberteil, aber ich erinner' mich nicht mehr, was es war. Weiter ging es dann mit der Kleinbahn nach Dagebüll und von dort aus mit dem Dampfer nach Föhr.“ Er selbst habe in seiner Uniform gesteckt, Verwechslung ausgeschlossen. Auf dem großen Bauernhof ihrer Familie sei er dann einige Tage geblieben. „Wir verlobten uns Weihnachten 1945 und heirateten drei Monate später.“ Sie ließen sich nieder in Dransdorf an der Grootestraße 55 und gründeten einen Schlossereibetrieb. 1947 kam Sohn Hans zur Welt, der allerdings mit fünf Jahren an Diphterie erkrankte und starb. Das Paar bekam keine weiteren Kinder.

In den folgenden Jahrzehnten engagierten sich Gertrud und Josef Hecker in zahlreichen Dransdorfer Vereinen – Fußball, Brieftauben, Karneval und dem Ortsausschuss – und sind eng verknüpft mit ihrer Gemeinde. „Uns beide verbindet so vieles“, sagt Hecker. „Wir haben uns gemeinsam eine ganze Menge aufgebaut.“

Die Gnadenhochzeit wird heute in der Seniorenresidenz zelebriert: Rund 25 Verwandte, Freunde und Bekannte seien eingeladen, Pfarrer Hermann Bartsch aus der Gemeinde St. Thomas Morus werde dabei sein und reichlich Kuchen natürlich auch. „Darum kümmer' ich mich selbstverständlich“, kündigt der bald 95-Jährige an.

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