Initiative in Bonn Seniorenschutz-Verein kämpft ums Überleben

BONN · Auf Gewalt gegen ältere Menschen hat am Samstag die Bonner Initiative gegen Gewalt im Alter in der Innenstadt aufmerksam gemacht. Da solche Fälle seit Jahren zunähmen, wolle man das Thema in den Fokus der Gesellschaft bringen, sagte Rolf Hirsch, Vorsitzender bei "Handeln statt Misshandeln". Der Verein bemüht sich um Aufklärung und bangt zugleich um das eigene Überleben.

 Rolf Hirsch mit Drehorgel: Er machte mit seinen Mitstreitern auf die seit Jahren steigenden Fallzahlen aufmerksam.

Rolf Hirsch mit Drehorgel: Er machte mit seinen Mitstreitern auf die seit Jahren steigenden Fallzahlen aufmerksam.

Foto: ANDREAS DYCK

Menschen, die gegen ihren Willen an ihr Bett gefesselt, mit Medikamenten ruhig gestellt oder in ihrer Wohnung eingesperrt werden - Hirsch kennt unzählige solcher Geschichten. Um auf Gewalt im Alter aufmerksam zu machen, sind die Mitglieder des Vereins anlässlich des Welttags gegen Misshandlung alter Menschen auf die Straße gegangen.

Laut Hirsch erfahren rund die Hälfte der über 60-Jährigen häusliche Gewalt. "Dabei handelt es sich aber nur selten um Bösartigkeit, meist sind Überforderung, Überlastung und fehlende Unterstützung der Angehörigen und des Pflegepersonals Hintergrund dieser Gewalt", so der Psychiater und Alterswissenschaftler.

Seit 16 Jahren versucht der Verein, durch Aufklärung, Schulungen und Notrufberatungsstellen gegen Gewalt im Alter vorzugehen. Meist seien es Nachbarn oder Bekannte, die beim Notruf des Vereins anrufen würden. "In einer kritischen Situation versuchen wir, mit allen Beteiligten zu reden", so Hirsch.

Das gelte auch im stationären Bereich, wie etwa in Altersheimen. Dabei gehe es nicht darum, mit erhobenem Zeigefinger daherzukommen. "Wir wollen nicht skandalisieren, sondern thematisieren." Deshalb plant die Initiative am Donnerstag, 4. Juli, eine Podiumsdiskussion mit Bundespolitikern. Den Politikern wolle man die Frage stellen, was sie gegen Gewalt an alten Menschen machen und machen könnten.

Der Verein selbst muss um seine Existenz bangen. Zurzeit werde überprüft, ob er auch künftig Geld von der Stadt Bonn bekommt. "Wir sind in der prekären Situation, dass wir nicht wissen, ob die Stadt uns finanziell weiter unterstützt", so Hirsch. "Wenn die nicht zahlen, sind wir bankrott." Die Initiative "Handeln statt Misshandeln" (HSM) betreibt einen Notruf unter (0228/696868), an den sich Betroffene und Zeugen von Gewalt gegen alte Menschen wenden können.

Weitere Informationen unter www.hsm-bonn.de

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