Gewalt an Förderschulen Sexuelle Übergriffe an der Christophorusschule

Bonn · An der Bonner Schule gab es mehrere sexuelle Übergriffe. Eine Mutter einer sprachgeschädigten Ex-Schülerin klagt über fehlende Aufarbeitung. Der Täter erhielt eine Jugendstrafe mit Bewährung.

In der LVR-Christophorusschule Bonn hat es 2013 offensichtlich mehrere „sexualisierte Vergehen“ unter behinderten Schülern gegeben. Das bestätigt auf GA-Anfrage Schulleiterin Susanne Gräfin Lambsdorff. „Ein hinzugezogener Jugendtherapeut ging zuerst von einem singulären Vorfall aus“, so die Schulleiterin. Dies habe sich aber als falsch erwiesen, da der beschuldigte Junge danach auch auf einer anderen Schule übergriffig geworden sei. „Daraufhin wurde er in einer geschlossenen Einrichtung außerhalb von Bonn untergebracht. Hier schilderte er mehrere sexualisierte Vergehen“, erläutert Gräfin Lambsdorff. Unter den Opfern seien auch sechs Christophorus-Schülerinnen gewesen.

Staatsanwalt Sebastian Buß erklärt dazu, das Amtsgericht Bonn habe den Beschuldigten im August 2016 „unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs, der sich ab September 2013 ereignet haben soll“, zu einer zweijährigen Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. In diesem Zusammenhang sei gegen zwei weitere Schüler ein „Verfahren wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs, der sich ab August 2008 ereignet haben soll,“ im Mai 2014 mangels Tatverdachts eingestellt worden.

Die Mutter einer betroffenen ehemaligen Christophorus-Schülerin, die anonym bleiben will, hatte sich beim GA gemeldet, weil die Tochter das Missbrauch-Trauma bis heute nicht loswerde. „Sie hat große Ängste, und ihre Entwicklung ist noch mehr eingeschränkt,“ berichtet die Frau. Es gebe immer wieder Situationen, etwa beim Zusammentreffen mit ehemaligen Mitschülern und Lehrern in ihrer Behindertenwerkstatt, die die Tochter nicht verwinde. „Und wir müssen uns immer alleine Hilfe und Therapien suchen und alleine andere Wege finden.“

Die Opfer bleiben auf der Strecke

Der Täter bekomme jegliche Unterstützung in einem Heim, aber die Opfer blieben auf der Stecke, klagt die Mutter. Ihre Tochter könne sich sprachlich nicht mitteilen und sei deshalb von dem betreffenden Mitschüler gezielt für jahrelange Übergriffe ausgesucht worden: im Schwimmbad, im Schulbus, auf dem Schulhof und der Toilette. In einer Schulhofecke habe er der hilflosen Tochter die Hose heruntergezogen und sich an ihr gerieben. Zwei weitere Gleichaltrige seien beteiligt gewesen. All das sei bei der Polizei ausgesagt worden. Bis heute warte sie aber darauf, dass jemand Verantwortung übernehme. „Die Christophorusschule ist ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen.“ Die Schulleiterin antwortet auf den Vorwurf, die Polizei und die Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt seien eingeschaltet und eine Anzeige erstattet worden.

„Es wurden mit allen Eltern Gespräche geführt. Hilfsangebote und Beratungsstellen wurden genannt und teilweise von den Eltern in Anspruch genommen.“ Man habe intensiv Aufarbeitung geleistet. Alle Präventionsprogramme seien überprüft, ein Verhaltenskodex und konkrete Handlungshinweise erarbeitet, ein Pflegekonzept formuliert und Fortbildungen für Eltern und das Kollegium organisiert worden. „Alle Familien, die unser Angebot angenommen haben, fühlen sich ernst genommen und sind von unseren Bemühungen überzeugt“, so Gräfin Lambsdorff.

Sexualisierte Übergriffe unter Schülern stünden in der Aufarbeitung immer unter anderen Vorzeichen. Die traumatische Erfahrung für nicht sprechende und teilweise geistig behinderte Schülerinnen sei sehr schwer einzuschätzen. „Dies war für uns und für die Eltern kompliziert.“ Man spreche weiter über Konsequenzen fürs pädagogische Handeln. Aber letztlich seien oft auch die „Täter“ Opfer. „Auch sie bedürfen besonderer Behandlung.“

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