Syrien-Dschihadisten Sicherheitsbehörden haben Bonner Islamisten im Visier

BONN · Syrien übt nach wie vor eine große Faszination auf kampfbereite Islamisten, sogenannte Dschihadisten, aus Deutschland aus. Auch auf junge Männer aus Bonn. Doch es gibt mittlerweile eine Rückreisewelle. So sollen nach GA-Informationen seit Herbst fünf Männer aus dem Bürgerkriegsland in den Bonner Raum zurückgekehrt sein.

Szene eines Internetvideos: Ein Islamist beerdigt in Syrien einen toten Kämpfer. Dasselbe Video zeigt auch den getöteten deutschen Dschihadisten David G. Er starb mit 19 Jahren.

Szene eines Internetvideos: Ein Islamist beerdigt in Syrien einen toten Kämpfer. Dasselbe Video zeigt auch den getöteten deutschen Dschihadisten David G. Er starb mit 19 Jahren.

Foto: Screenshot

Bonns Polizeisprecher Robert Scholten sagte dem GA, die Sicherheitsbehörden hätten die Rückkehrer im Visier, gelten sie doch als mögliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Schließlich könnten sie sich ideologisch weiter radikalisiert haben und sogar in Kämpfe verwickelt gewesen sein.

Ziel ausreisewilliger Dschihadisten ist es in der Regel, sich in Syrien Terroristen des Al-Kaida-Ablegers ISIS oder Kämpfern anderer islamistischer Gruppen anzuschließen, die sowohl die Truppen des Diktators Bashar al Assad als auch die Rebellen der Freien Syrischen Armee bekämpfen.

Was kampfbereite Islamisten - mehrheitlich Migranten, aber auch deutsche Konvertiten - betrifft, ist das oberste Ziel laut Polizeisprecher Robert Scholten, deren Ausreise nach Syrien zu verhindern. "Das konnte in Bonn in einem konkreten Fall in letzter Zeit erreicht werden." Anderen hingegen gelang die Ausreise: Nach GA-Informationen sind es allein seit Herbst sieben junge Männer aus Bonn.

"Es besteht der Verdacht, dass sie ins türkisch-syrische Grenzgebiet gereist sind", sagte Scholten. Letztlich bleibt es bei der Mutmaßung, was zum einen daran liegt, dass es deutschen Behörden nicht möglich ist, solche Fahrten bis zum Ziel zu überprüfen, zum anderen, dass die Zusammenarbeit mit den türkischen und erst recht syrischen Behörden schwierig sei, wie es in Bonner Polizeikreisen heißt.

Dass der Verdacht aber durchaus berechtigt ist, belegen Ermittlungen im Umfeld der Ausreisewilligen. "Wegen solcher Ermittlungen konnte die Ausreise in dem einen genannten Fall verhindert werden", sagte Scholten. Doch auch Frauen reisen aus, in der Regel folgen sie ihren Männern. Nach GA-Informationen waren es in den vergangenen Monaten fünf aus dem Bonner Raum.

Noch im Januar hatten die deutschen Sicherheitsbehörden gemeldet, dass bislang 270 als "Islamisten" eingestufte Personen aus Deutschland Richtung Syrien gereist seien. Wobei auch für diese Gesamtzahl gilt, dass sich nicht alle Personen tatsächlich in Syrien aufhalten oder aufgehalten haben müssen.

Einige der Ausgereisten seien wieder nach Deutschland zurückgekehrt, teilte der Verfassungsschutz mit. Was eben auch für Personen aus dem Bonner Raum gilt. Wie der GA aus Polizeikreisen erfuhr, geht es um fünf Männer, die nun im Fokus der Behörden stehen. Auch wenn es in der Regel keine gesicherten Hinweise darauf gibt, dass sich die Männer tatsächlich an Kampfhandlungen beteiligt haben, gelten Rückkehrer dennoch als gefährlich.

Denn sie könnten ihre militärischen Erfahrungen nutzen, um hierzulande Anschläge zu verüben, warnt das Bundesinnenministerium. Es ist auch denkbar, dass sie Vorbilder für andere ausreisewillige Islamisten sein können, so Experten der Bonner Polizei. Es sei aber auch möglich, dass den Rückkehrern mit ihren Kriegstraumata überhaupt nicht mehr der Sinn nach Waffen und Anschlägen stehe.

Dass ein Aufenthalt im Bürgerkriegsland Syrien mit seinen brutalen Kämpfern - angefangen bei Assads Leuten bis hin zu den ISIS-Terroristen - mehr ist als ein spannendes Abenteuer, musste auch der in Deutschland berühmt-berüchtigte Ex-Rapper Deso Dogg alias Denis Cuspert erleben.

Nachdem er sich vor drei Jahren im Dunstkreis der Köln-Bonner Salafistengruppe "Die wahre Religion" radikalisiert hatte, zog er 2012 in den Krieg und landete schließlich in Syrien. Dort, so hieß es im Herbst 2013 im Internet, sei er ums Leben gekommen. Was sich später als Falschmeldung herausstellte. Mittlerweile sendet Cuspert wieder Videos via Internet - und wirkt deutlich zahmer als noch vor seiner schweren Verletzung.

Tote Söhne, verzweifelte Eltern

Immer öfter bezahlen ausländische Kämpfer in Syrien ihren Einsatz mit dem Leben. Mindestens 15 von ihnen stammten aus Deutschland. Im Januar starb auch ein Bonner, der bereits 2009 nach Pakistan in den Heiligen Krieg hatte ausreisen wollen.

Zurückgelassen hat er, wie die meisten Dschihadisten, verzweifelte Eltern. Nicht nur, dass sie nie wieder etwas von ihren Söhnen hören werden. Auch werden sie wohl nicht deren sterbliche Überreste hierzulande bestatten können: Denn nach islamischer Vorschrift soll der Tote binnen eines Tages beerdigt werden.

Wo das in dem vom Bürgerkrieg zerrütteten Syrien geschieht, erfahren die Eltern selten. "Die dortigen Behörden bemühen sich zwar, aber eine Rückführung des Leichnams ist kaum bis gar nicht möglich", sagt Bonns Polizeisprecher Robert Scholten. "Für betroffene Eltern bietet das Bundeskriminalamt psychologische Hilfe an."

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