Bürgerwerkstatt zum Viktoriakarree in Bonn Signa Holding will Studentenwohnungen bauen

BONN · Mehr Grünflächen und mehr Wohnungen: Die Bürgerwerkstatt ist mit ersten Ideen fürs Viktoriakarree gestartet. Ein Architekt der Signa hat zudem eine entscheidende Änderung zu den früheren Plänen vorgestellt.

Es war eine Bürgerwerkstatt der kurzen Wege. Einführung zum Ablauf der Bürgerbeteiligung in der Wagenhalle des Alten Rathauses, Spaziergang durch das Viktoriakarree, weiter ins „Viktoria-Atelier“, ein umgestaltetes Ladenlokal an der Rathausgasse, um eigene Ideen aufs Papier zu bringen, und im Anschluss: die Besprechung der Vorschläge auf dem „Markt der Interessen” in der Katholischen Hochschulgemeinde ein paar Schritte weiter. Obwohl dieses Prozedere am Samstag einige Stunden in Anspruch nahm, kamen viele vorbei, um dem Auftakt der Bürgerbeteiligung von Anfang bis Ende beizuwohnen.

Im Mittelpunkt stand ein Kommunalpolitikum erster Güte. Ein Jahr und drei Monate nach dem erfolgreichen Bürgerbegehren gegen den Neubau eines Einkaufszentrums in einem Teil des Viktoriakarrees durch die österreichische Investorin Signa Holding nimmt die Bürgerwerkstatt zur Zukunft des Quartiers Fahrt auf. „Ich bin froh, dass es los- und hoffentlich weitergeht”, sagte Anwohnerin Melanie Heinze. Nach den einführenden Worten Oliver Märkers vom Unternehmen Zebralog, das den Bürgerdialog im Stadtauftrag organisiert, ist sie zuversichtlich: „Das kann funktionieren.” So sehen es nicht alle an diesem Tag.

Einige Teilnehmer vertreten den Standpunkt, den die Interessenvertretung Viva Viktoria schon zuvor eingenommen hatte. „Beim Beteiligungsverfahren bin ich skeptisch. Die Bürger werden zwar angehört, aber sie können nicht wirklich eine Entscheidung treffen”, argumentierte Bastian Siebenmorgen. Ähnlich sieht das Johannes Roth von Viva Viktoria. Der Radhändler aus der Franziskanerstraße arbeitet die Satzung für einen Verein aus, in dem sich die Unternehmer am Standort zusammenschließen wollen.

Knackpunkt ist die Jury

Ein Knackpunkt ist aus Sicht dieser beiden die Jury, die letztlich aus vier ausgewählten Nutzungskonzepten auswählen soll. Vier Planungsbüros sollen sie aus den Bürgerideen kreieren. Die einen hätten lieber eine Bürgerversammlung, die entscheidet, worüber letztlich der Stadtrat abschließend zu befinden hat. Die anderen schlagen während der Werkstatt vor, „dass die Bürger wenigstens demokratisch mitbestimmen dürfen sollten, wer in diese Jury hineinkommt”. Architekt Simon Hubacher hält letztere Idee für „bedenkenswert”. Das Kölner Büro „Neubig Hubacher” organisiert den Beteiligungsprozess gemeinsam mit Zebralog.

Hubacher sagte, „dass eine Jury aus Sach- und Fachexperten ein bewährtes Gremium ist, weil es eben nicht interessengeleitet wie zum Beispiel Vereine oder Initiativen ist”. Die Jury soll öffentlich tagen. „Mit der Bürgerbeteiligung wollen wir die Stadtgesellschaft ergebnisoffen einbeziehen, aber die Gemeindeordnung sieht letzten Endes eine Entscheidung des Rats vor”, betonte Stadtbaurat Helmut Wiesner.

Mehr Grünflächen und mehr Wohnungen

Obwohl die Kugelschreiber im einsetzenden Regen schlecht schrieben, notierte Anna Balkenhol fleißig ihre Ideen für das Karree. „Grünflächen und vor allem Bäume haben wir viel zu wenige in der Innenstadt”, sagte sie. Außerdem wünscht sie sich Wohnungen. Eine Nutzung, die oft auf den Anregungskarten und -bögen zu lesen ist. Weitere Vorschläge: ein Skulpturengarten im Inneren, kleinteilige Ladenzeilen, Gastronomie. Fabian Hollwig gefällt die Vorstellung, dass Stocken- und Franziskanerstraße zur Fußgängerzone werden und „von studentischem Leben erfüllt sind”. Er fände Außenterrassen passend. Maximilian Bolch (Viva Viktoria) plädierte für die Rückkehr zur „Bonner Gassenkultur” und eine Reaktivierung der historischen Franziskanergasse.

Auf besondere Aufmerksamkeit stieß Matthias Pfeifer, als Architekt für die Signa Holding vor Ort, mit seinen Ausführungen: „Für die Signa bleibt der Einkaufsbereich der wichtigste Teil, weil es das Kerngeschäft ist”, so Pfeifer. An der Ecke Rathausgasse/Stockenstraße müsse das Eingangstor für einen großen Mieter entstehen, „der Kunden in das Innerste des Gebäudes ziehen kann”. Kleinteilige Geschäfte wären entlang der Straßen möglich. Im Kern hat er eine entscheidende Änderung zu den früheren Plänen vorgestellt. Statt der ursprünglich vorgesehenen Flächen für die Unibibliothek im Einkaufszentrum wolle die Signa nun Studentenwohnungen im Dachgeschoss bauen. „Unser Ziel ist es, dass im Viktoriakarree etwas entsteht, auf das die Bürger stolz sein können”, sagte Hubacher.

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