Offene Ateliers in der Bonner Altstadt Simone Nevelings Selfies von gestern und heute

Bonn · Die Künstlerin Simone Neveling zeigt im Rahmen der Offenen Ateliers in der Altstadt einen Ausschnitt aus ihrem Schaffen im Treppenhaus des Domrowe-Hauses am Bonner Hochstadenring.

 Die Künstlerin Simone Neveling zeigt im Rahmen der Offenen Ateliers in der Altstadt einen Ausschnitt aus ihrem Schaffen im Treppenhaus des Domrowe-Hauses am Bonner Hochstadenring.

Die Künstlerin Simone Neveling zeigt im Rahmen der Offenen Ateliers in der Altstadt einen Ausschnitt aus ihrem Schaffen im Treppenhaus des Domrowe-Hauses am Bonner Hochstadenring.

Foto: Stefan Hermes

Simone Neveling hatte die freie Wahl, wo sie ihr Werk ohne Titel im Treppenhaus des schon von außen durch seine Architektur auf sich aufmerksam machenden Eckhauses am Hochstadenring 37 installieren wollte. „Dabei wollte ich nicht in Konkurrenz zu den bereits vorhandenen Kunstwerken treten“, so Neveling. So wählte sie zunächst für den rund drei Meter großen Kreis, den eine Collage aus unzähligen Fotos und Fundstücken bildet, die eine fantasieanregende Verbindung miteinander eingehen, den Eingangsbereich des Mehrfamilienhauses. Dabei schien der auf den ersten Blick durch die Menge von schmucklos funktionalen Briefkästen „besetzt“ zu sein.

Detektivische Suche nach Zusammenhängen

Was sonst für die Öffentlichkeit verschlossen und nur den Bewohnern der 36 Wohneinheiten zugänglich ist, wird nun im Rahmen der Offenen Ateliertage (siehe Kasten) in der Bonner Altstadt allen Kunstinteressierten geöffnet. Die unverputzten Betonwände in Treppenhaus und verwinkelten Flure werden im Rahmen der Offenen Ateliertage neben der bereits vorhandenen Vielzahl von Kunstobjekten und -installationen um die Werke von Neveling (52) bereichert, die lange Jahre in Bonn und Köln lebte und arbeitete, bevor sie sich vor kurzem in Solingen niederließ.

„Doch Bonn habe ich nie so ganz verlassen“, sagt sie. Noch im September des letzten Jahres konnte sie unter dem Titel „The Universe and I Walked into a Bar“ ihre Werke in einer Gemeinschaftsausstellung mit ihrem Mann, dem Maler Kurt Ebbers, sowie mit Jochen Stier in der Fabrik 45 von Christof Domrowe und Natascia Cuschié zeigen. Dort wurde Domrowe als Eigentümer des benachbarten Eckhauses auf die Arbeiten von Neveling aufmerksam und lud sie ein, ihre fotografischen Arbeiten, die sich größtenteils mit dem Sammeln, Trennen und Vernetzen von Eindrücken beschäftigen, auch im Treppenhaus des eher an ein kubistisches Kunstwerk erinnernden Neubaus (BFM-Architekten Köln) gegenüber dem Macke-Haus auszustellen.

Familienalben von früher und Selfies von heute

„Ich bin auf einer nahezu detektivischen Suche nach Zusammenhängen“, so die Künstlerin über ihr Schaffen. In ihrem Atelier sortiert sie Fotos und Fotoausschnitte in Weck-Gläsern, die sie zuvor auf Flohmärkten erstandenen Fotoalben entnommen hat. „Mich faszinieren das gesammelte Leben und die Art und Weise der Darstellung auf den gefundenen Fotos“, sagt die studierte Designerin. Es gebe kaum einen Unterschied in den fotografisch festgehaltenen Erinnerungen vorheriger Generationen zu den heutigen (Selbst-)Darstellungen auf Instagram und Co.

Das vor dem Eiffelturm in Paris aufgenommene Foto scheint sich in seiner Komposition seit Jahrzehnten nicht verändert zu haben. Neveling mischt in ihrer kreisrunden Wandcollage im Eingangsbereich des Hochstadenrings 37 die gefundenen historischen Aufnahmen mit den von ihr gemachten sowie mit Fundstücken und kleinen Objekten. So lassen sich neben einem kleinen Polaroid, das die auf dem Badewannenrand liegenden Füße Nevelings mit ihrer Katze zeigen, auch Bonns Flussschiff Moby Dick sowie unzählige Personen- und Gruppenaufnahmen finden, die zum „Denken über Zeit und Raum“, wie Neveling sagt, herausfordern.

Nur Nummern, keine Titel

Außer einer Nummerierung gibt sie dieser Art ihrer Werke keinen Titel. „Ich möchte dem Betrachter nichts vorgeben“, sagt sie. Jede und jeder solle eigene Assoziationen zu dem Found-Footage-Material entwickeln können. An wenigen Stellen deutet bereits dieses namenlose Werk mit einigen zu Mini-Collagen zusammengetackerten Bildern und Zeichnungen auf eine weitere Werk-Serie von Neveling hin, in der sie Fotografien oder Ausschnitte in dicht zueinander gestellten klaren grafischen Anordnungen zusammenfügt. In „Matrix“, einer Plakatserie digital erzeugter Fotomontagen geht Neveling ihrer Kernfrage nach, ob Fotografie überhaupt in der Lage sein kann, die Realität abzubilden.

Während der Tage der Offenen Ateliers können die unter dont.bother.me.with.fame@web.de angemeldeten Besucher in drei Timeslots (14, 15 und 17 Uhr) per Aufzug in den fünften Stock des Hauses fahren und beim Hinabsteigen des Treppenhauses einen Einblick in das Schaffen Nevelings gewinnen.

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