Fest auf dem Münsterplatz So begehen Bonner den ukrainischen Unabhängigkeitstag

Bonn · Mit einem Gesangs-Flashmob begann am Mittwoch die Feier des ukrainischen Unabhängigkeitstags in Bonn – mit vielen Gästen. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer wählen klare Worte an diesem symbolträchtigen Tag.

Singen stolz die ukrainische Nationalhymne. Yulia Mediana (2.v.l.) sagt: „Wir sind sehr dankbar für die Gastfreundschaft in Bonn.“

Singen stolz die ukrainische Nationalhymne. Yulia Mediana (2.v.l.) sagt: „Wir sind sehr dankbar für die Gastfreundschaft in Bonn.“

Foto: Stefan Janos Wagner

Mit der Teilnahme an einem weltweit organisierten Flashmob, an dem sich Menschen aus rund 50 Ländern beteiligten, hat am Mittwoch der ukrainische Unabhängigkeitstag in Bonn begonnen. Geflüchtete Ukrainer hatten dazu mit der Initiative Solidarität Bonn Ukraine (SoliBU) auf den Münsterplatz eingeladen. Die ukrainischen Landsleute sangen stolz ihre Nationalhymne vor dem Beethovendenkmal.

Die ukrainische Nation beging den 31. Unabhängigkeitstag kriegsbedingt verhalten. Doch in Bonn wurde der Platz vor dem Münster zum Treffpunkt, auch für Neugierige. „Es gibt natürlich nichts zu feiern, aber dadurch wollen wir Bonn danken für die Gastfreundschaft und Warmherzigkeit“, so Mitveranstalter Pavlo Hrosul.

SoliBU hatte sich spontan nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine gegründet. Die Akteure leisteten bereits vielfach Hilfe für ankommende Familien, engagieren sich mit humanitärer Hilfe, Spendensammlungen und Transporten in die Ukraine, und sie organisieren Veranstaltungen wie jetzt zum Nationalfeiertag.

„Nie war die Ukraine seit ihrer Unabhängigkeit bedrohter als heute. Doch die Bonner Ukrainer weigern sich, den höchsten nationalen Feiertag aufzugeben“, beteuerte Hrosul, der mit einem Team Livemusik sowie eine Bilderausstellung ukrainischer Künstler organisiert hatte. Ein buntes Kinderprogramm mit Workshops gab es, und es wurden Armbänder, Bilder und weitere Artikel angeboten – von ukrainischen Kindern gebastelt und gemalt, um mit den Erlösen ihren Vätern in der Ukraine zu helfen. „Alle Einnahmen fließen zu 100 Prozent in die vom Krieg stark betroffene Region Cherson“, berichtete Hrosul.

Reger Kontakt in die Heimat

Die Kiewerin Inna Zapukhla hält von Bonn aus regen Kontakt in die Heimat: „Wir sprechen oft miteinander". Tetyana Linetska aus Cherson beschrieb das Verhältnis zu Russen vor Ort hier in Bonn: „Jeder russische Bürger trägt seinen Teil der Verantwortung für die unprovozierte Aggression gegen die souveräne Ukraine.“ Und sie ergänzte: „Unser friedliebendes Volk hat immer den in der ukrainischen Verfassung verankerten demokratischen, europäischen Weg unterstützt und niemanden bedroht.“

Sänger Anzhelika Rudnytska ist für ein Konzert extra aus Kiew angereist, sprach über die aktuelle Lage in seiner Heimat: „Seit dem Beginn der russischen Invasion sind die Ukrainer in ihrem Bekenntnis zu den demokratischen Werten, für die wir mit der Waffe in der Hand kämpfen müssen, noch geeinter geworden. Viele greifen zu den Waffen, um ihre Häuser, ihre Stadt, ihr Land zu verteidigen. Das sind ganz normale Leute!“

Der Künstler beschrieb die Situation: „Krieg ist keine Romantik, Krieg ist Wehklagen, Tod und Ohnmacht. Aber der Krieg eröffnet allen Menschen neue Möglichkeiten: Einfache Menschen werden zu Helden, die sich gegenseitig unterstützen und sich zusammenschließen.“ Sein Appell an die Landsleute: „Ukrainer, lasst den Geist fließen. Egal, wie schwer es für uns sein mag, wir arbeiten für den Sieg.“

Hrosul bemerkte: „Diese Veranstaltung ist wichtig für Bonn, die Ukraine und Europa. Es ist wichtig, unsere Solidarität mit der Ukraine zu zeigen. Putin will unsere freie, demokratische und europäische Ukraine zerstören und Russlands Einfluss wiederherstellen.“ Die Akteure setzten mit dem bunten Kulturfest dagegen.

„Ich habe Obdach finden können bei einer sehr lieben Russin, das ist gut“, sagte Yulia Mediana aus Kiew. „Ich habe aber auch Russen hier in Bonn getroffen, die sich meist über russisches Fernsehen informieren. Die denken immer noch, wir sind Nazis. Das ist traurig.“

Die gebürtige Moskauerin Maria Peter-Filatova beschrieb ihr Gefühl: „Der russische Überfall auf die Ukraine hat mein Leben auf den Kopf gestellt und bestimmt jetzt meinen Alltag.“ Die Frau, die seit zwei Jahrzehnten in Bonn lebt, setzt sich mit Ihrer Initiative Freundschaft nun für geflüchtete Ukrainer ein. Freundschaft ist eine Kooperation der evangelischen Kirche mit der Jüdischen Gemeinde und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GCJZ). Die Initiative betreibt eine Begegnungsstätte am Kaiser-Karl-Ring 25.

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