Kommunalwahl in Bonn So haben die Stadtbezirke in Bonn gewählt

Bonn · Die Grünen sind in allen vier Stadtbezirken die klaren Gewinner der Kommunalwahl 2020. In Bad Godesberg und Hardtberg zog die AfD in die Bezirksvertretungen ein.

 Im Beueler Rathaus wurden am Sonntag die Stimmen ausgezählt.

Im Beueler Rathaus wurden am Sonntag die Stimmen ausgezählt.

Foto: Benjamin Westhoff

Stadtbezirk Bonn: CDU ist im einwohnerstärksten Bezirk abgehängt

Im Stadtbezirk Bonn – mit mehr als 106 000 Bonnern der mit den meisten Wahlberechtigten – deckt sich der Trend der Gesamtstadt repräsentativ ab. Das bedeutet konkret: Das Rekordergebnis der Grünen bildet sich im Zentrum und den umliegenden Stadtteilen ebenso ab wie der Absturz der CDU und das Debakel für die SPD. Beide großen Parteien verlieren erdrutschartig, die Grünen springen auf fast 35 Prozent, die bislang Kleinen bleiben im Stadtbezirk klein, und ein illustrer Neuling ist mit im Boot.

Zwei Flaschen „guten Pfälzer Biosekt aus einem Staatsweingut“ hatte Bonns Bezirksbürgermeisterin Brigitta Poppe-Reiners vorsorglich in die Tasche gesteckt, als sie sich zur Beobachtung der Wahlergebnisse ins Stadthaus aufgemacht hatte. Wenig später war schon klar, dass es für die Erfrischung Anlass geben würde. Denn Poppe-Reiners darf davon ausgehen, in einigen Wochen von der Bezirksvertretung in ihrem Amt bestätigt zu werden. Gefragt nach dem Erfolg der Grünen, wollte sie indes nicht ein bestimmtes Einzelthema in den Vordergrund stellen. Gewiss, so Poppe-Reiners, sei der Cityring um die Bonner Innenstadt gerade in den vergangenen Wochen zu einer Art Symbol für die Frage geworden, wie man in Bonn künftig mit dem Thema Verkehr umgeht. Bekanntlich hatte sie bis zuletzt auf dem Klageweg versucht, die Entscheidungskompetenz über die Verkehrsführung auf dem Cityring vom Stadtrat auf die Bezirksvertretung zu übertragen. Insgesamt, so konstatierte die Bezirksbürgermeisterin, habe es sich aus ihrer Sicht im Stadtbezirk Bonn bewährt, auf feste Kooperationsvereinbarungen zu verzichten. Auf diese Weise habe man eine „Kultur des Kümmerns“ kultiviert.

Trotz der heftigen Ausschläge bei Grünen, CDU und SPD wird sich das Stühlerücken in der Bezirksvertretung mutmaßlich in Grenzen halten. Die beiden Sitze, die die SPD verliert, gewinnen die Grünen hinzu. Die CDU gibt trotz starker Verluste lediglich einen Sitz ab. Auch die Linke wird dort künftig mit zwei statt mit einem Mandatsträger vertreten sein. Während FDP, Bürger Bund und AfD wie bislang einen Sitz behaupten, verspricht ein Neuling in der Bezirksvertretung — wie auch im Stadtrat — zumindest eine gewisse Unterhaltungsqualität. Davon jedenfalls ist dann auszugehen, wenn der Vertreter von Die Partei dem satirischen Anspruch seiner Vereinigung auch in der Praxis nachkommt.

Stadtbezirk Beuel: Grüne stärkste Kraft auf der Schäl Sick

Was bereits vor der Wahl klar war: Die Bezirksvertretung Beuel wird ein völlig neues Gesicht haben und auf alle Fälle einen neuen Bezirksbürgermeister oder eine neue Bezirksbürgermeisterin. Dass die Grünen aber so stark abschneiden würden, davon war die Partei selbst am stärksten überrascht.

„Wir waren durch die Umfragewerte optimistisch, aber dass es so deutlich wird, konnten wir kaum glauben“, sagte Lara Mohn noch am Abend. Die 31-Jährige will sich die Grünen-Spitze mit Guido Pfeiffer teilen: sie als Beueler Bezirksbürgermeisterin, er als Fraktionschef. Holte man 2014 noch knapp 22 Prozent der Stimmen, waren es nun 35,8 Prozent – damit sind die Grünen mit Abstand stärkste Kraft in der Bezirksvertretung. „Das ist ein Auftrag für einen ökologischen und klimafreundlichen Stadtbezirk, den wir nicht nur annehmen, sondern auch umsetzen werden“, sagte Pfeiffer. Die Zusammenarbeit mit anderen Parteien wolle man in den kommenden Wochen ausloten. „Wir haben nun mehrere Optionen“, so Mohn.

Jubel auf der einen, Niedergeschlagenheit auf der anderen Seite: Der bisherige CDU-Bezirksbürgermeister Guido Déus, der in die gesamtstädtische Politik wechselte, in Beuel nicht mehr zu Wahl stand und sogar um sein Direktmandat bangen musste, fasste das Ergebnis am Abend sichtlich geknickt und mit emotionalen Worten zusammen: „Ich möchte nichts schönreden, das tut persönlich weh.“ 2014 holte die CDU noch 33,6 Prozent der Stimmen, jetzt waren es nur noch 28,1 Prozent. Déus war betrübt darüber, dass die Bürger die Politik der Christdemokraten nicht genug wahrnehmen würden und kritisierte die politische Arbeit der Grünen. „Was uns bisher auf der Straße gespiegelt wurde, ist, dass wir einen guten Job mit der SPD gemacht haben“, so Déus.

Doch auch die SPD musste Verluste einstecken: Sie kam nur noch auf etwa 14,7 Prozent und verlor damit acht Prozentpunkte im Vergleich zur Kommunalwahl 2014. „Wir sind damit nicht zufrieden“, sagte Petra Maur, die als Bezirksbürgermeisterin für die SPD kandidierte. Für die künftige Arbeit in der Bezirksvertretung sagte sie vorsichtig, dass man mit allen Parteien reden werde und die Zusammenarbeit an den Themen festmachen werde. Mit den Linken und den Grünen könnte die SPD die absolute Mehrheit bilden.

Stadtbezirk Bad Godesberg: CDU liegt knapp vor den Grünen

Die Grünen triumphieren in Bad Godesberg, CDU und SPD müssen größere Verluste hinnehmen. Der Bürger Bund Bonn gewinnt Wähler, die FDP verliert sie, und die Linken bleiben vergleichsweise stabil. So lautet das Ergebnis für den südlichen Bonner Stadtbezirk in Kurzform.

Beachtlich ist auf jeden Fall das Abschneiden der Grünen. Bei der letzten Bezirksvertretungswahl erreichten die Grünen noch 15,7 Prozent der Stimmen, dieses Mal satte 26,4 Prozent – ein Plus von mehr als zehn Prozent.

Entsprechend gelöst war die Stimmung bei den Grünen, die in der Alten Schule in Muffendorf die Wahlergebnisse beobachtet hatten. „Wir sind begeistert. Für uns ist das ein eindeutiges Signal für eine Verkehrswende und den Klimaschutz“, sagte Nicole Unterseh von den Grünen, die für ihre Partei auch als Bezirksbürgermeisterin im Stadtbezirk kandidiert. „Durch das Ergebnis haben wir Grünen den Anspruch auf das Amt“, so Unterseh. Dazu wolle man in den nächsten Tagen parteiintern entsprechende Gespräche führen, so Nicole Unterseh.

Die CDU liegt zwar mit 28,1 Prozent noch vor den Grünen, muss allerdings im Vergleich zu 2014 einen Verlust von 3,2 Prozent verbuchen. „Aus CDU-Perspektive sind die Ergebnisse eine große Enttäuschung“, so Bezirksbürgermeister Christoph Jansen am Wahlabend. Der CDU-Politiker musste zudem den Verlust von drei Godesberger Direktmandaten für die Ratswahl verkraften.

Dennoch machte er seinen Anspruch auf den Posten des Bezirksbürgermeisters deutlich. „Wir liegen mit den Grünen fast gleichauf, und wir wollen weiterhin Verantwortung für Bad Godesberg übernehmen. Wenn sich eine Mehrheit findet, möchte ich weiterhin Bezirksbürgermeister sein, das bin ich auch den Wählerinnen und Wählern schuldig“, so Jansen. Erst vor einem Jahr hatte er seine Arbeit für den Stadtbezirk aufgenommen.

Die SPD hat im Vergleich zur vergangenen Wahl rund 4,5 Prozent der Stimmen verloren und kommt nur noch auf 14,7 Prozent. „Das Ergebnis ist enttäuschend, wir dachten, dass wir stabil bleiben“, so Gabriel Kunze, der SPD-Bezirksbürgermeister werden wollte. „Wir müssen nun überlegen, wie wir uns in der Bezirksvertretung positionieren, wir werden nun Gespräche führen“, so Gabriel Kunze. Neu im Gremium ist die AfD.

Stadtbezirk Hardtberg: Verluste bei CDU und SPD

Zwar konnte sich die CDU als stärkste Kraft im Stadtbezirk behaupten, kassierte aber eine schallende Ohrfeige. Von den 41 Prozent 2014 bleiben noch noch rund 33,4 Prozent. „Wir haben uns ein besseres Ergebnis gewünscht. Ziel waren acht Sitze in der Bezirksvertretung. Nun sind es sieben“, sagte Enno Schaumburg. „Offenbar konnten wir dem Trend der Grünen zu wenig entgegensetzen.“

Enttäuscht sei er von der vergleichsweise niedrigen Wahlbeteiligung. „Wir hätten mehr Wähler mobilisieren müssen.“ Planspiele, wer mit wem kooperieren könnte, um in der Bezirksvertretung eine Mehrheit zu haben, stünden erst am Anfang. „Wir werden in Gesprächen sondieren, mit wem wir zusammenarbeiten können.“ In der vergangenen Wahlperiode hatten sich CDU und Grüne für die Wahl des Bezirksbürgermeisters abgesprochen, um eine Mehrheit zu haben. Für die CDU steht in den kommenden fünf Jahren beispielsweise die Belebung der Fußgängerzonen und Ladenzeilen auf dem Programm.

Zweiter Verlierer ist die SPD. Der Hardtberger Spitzenkandidat Dominik Loosen hatte zwar Verluste erwartet, „aber nicht in dieser Dimension“. Ziel war, die 20 Prozent zu halten. Um rund sieben Prozent ist die SPD auf 16,2 Prozent gerutscht. „Was soll ich sagen? Wir sind enttäuscht. Ein schmerzhaftes Ergebnis.“ Woran hat es gelegen? „Wir konnten unsere Politik bei den Bürgern nicht platzieren.“ Über die künftige Zusammenarbeit und Kooperationen in der Bezirksvertretung wollte Loosen am Wahlabend noch nichts sagen. „Wir sind die drittstärkste Fraktion.“ Durchklingen ließ Loosen jedoch, dass Wunschpartner die Grünen seien. „Da gibt es die größte Schnittmenge.“

Mit 26,5 Prozent haben die Grünen ihr Ergebnis mehr als verdoppelt. „Nicht zu fassen“, sagte Jutta Brodhäcker, „daran haben wir im Traum nicht gedacht.“ Vier Sitze hatten sie sich zum Ziel gesetzt – fünf Sitze sind sicher. „So vieles stört die Bürger. Sie wollen eine andere Verkehrspolitik. Der begrenzte Verkehrsraum muss neu aufgeteilt werden. Das wird zu Lasten der Autofahrer gehen.“ Verteidigen wollen die Grünen das Meßdorfer Feld und auch Lengsdorf-Süd – diese Gebiete sollen nicht bebaut werden. Wenn es nach den Grünen geht, wird Christian Trützler Bezirksbürgermeister. Bislang war er Stellvertreter von Bürgermeisterin Petra Thorand (CDU). Neu in die Bezirksvertretung zieht die AfD mit einem Sitz ein.

(ga)
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