Vorbereitungen für die COP23 So nimmt man Bonn als Besucher zur Klimakonferenz wahr

Bonn · Findet man sich in Bonn zurecht? Haben die Bonner die Wegbeschreibung auch auf Englisch parat? Im Vorfeld der Klimakonferenz hat GA-Redakteur Nicolas Ottersbach Bonn auf seine Touristenfreundlichkeit getestet.

Die Zugtür der Regionalbahn 48 aus Köln öffnet sich genau vor einem Stapel weiß-roter Warnbaken. Links stößt ein Mann aus Versehen gegen eine Bierflasche, rechts tippt ein anderer Nachrichten in sein Smartphone. Im Rücken fährt der Zug wieder an und ab – und macht den Blick frei auf ein Wohnquartier im Rohbau. So wird empfangen, wer derzeit als Besucher am Bonner Hauptbahnhof ankommt. Tausende Gäste werden kommende Woche zur Weltklimakonferenz ihren Weg in die Bundesstadt finden. Grund zu testen, wie gut man sich in Bonn zurechtfindet, wenn man die Stadt noch nicht kennt.

Der Start ist anfangs ganz schön ernüchternd. Schließlich ist der Hauptbahnhof eine riesige Baustelle. Arbeiter schweißen über den Köpfen der Fahrgäste auf Gleis drei am Dach herum. Metallisches Hämmern und Sägen hallt über den Bahnsteig. Was auch immer das deutsche Wort „Reisezentrum“ auf dem blauen Wegweiser bedeuten mag, aber „City“ ist leicht verständlich.

Die Rolltreppe hinunter, an einem Straßenmusiker mit Gitarre, einer Frau mit Rauhaardackel und einem Mann mit Klappfahrrad vorbei. Das Internationalste, was den Ankommenden hier begegnet, ist das Rauchverbot. Auf Schildern wird auf Englisch und Französisch unmissverständlich und mit deutscher Gründlichkeit klargemacht, dass Glimmstängel nur in den dafür vorgesehen Bereichen ihren blauen Dunst entfalten dürfen.

Nicht so richtig Lust auf die Stadt

Angekommen an der Information hat der Bahnmitarbeiter gerade den Mund voll. „Sekunde büdde“, murmelt er. Seine Tätowierungen am Unterarm blitzen unter dem hellblauen Uniformhemd hervor. Als der Mund leer ist, fragt er freundlich, wie er weiterhelfen könne. „Ah, english, yes“, sagt der Mann mit grauem Kurzhaarschnitt. „To COP, please.“ „You go out and right to the bus station, Line 610, UN-Campus.“ Das Taxi empfiehlt er nicht, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln komme man um diese Uhrzeit genauso schnell und sogar günstiger ans Ziel.

Durch die großen Glastüren mit roter Holzeinfassung wirkt die Welt da draußen etwas nebelig. An schmutzigen Scheiben kann es nicht liegen, ein Mann wischt sie gerade sauber. Als sie sich öffnen, weht einem Baustaub entgegen. Zwei Kräne drehen sich, hinter dem Zaun aus Spanplatten sind Schuttberge und Bagger zu erkennen. Die Reste der Südüberbauung machen nicht so richtig Lust auf diese Stadt.

Kein Schild für die Sehenswürdigkeiten

Trotzdem: Statt zum Bus soll die Reise in die Innenstadt gehen. Doch wo ist die? Kein Schild weist auf die Sehenswürdigkeiten hin. Das braucht man aber auch nicht, wenn Ahmed Awad in der Nähe ist. Er erklärt gerade einem Liegeradfahrer, wie der in die Weststadt gelangt. Awad trägt die knallorangefarbene Kluft von Bonnorange und leert gerade Mülleimer aus. „You can find the tourist information in the Bonngasse“, erläutert er hilfsbereit und zeigt sogar den Weg. Woher er sich so gut auskennt? „Wir werden täglich gefragt, wo welche Sehenswürdigkeiten sind“, erklärt sein Kollege Matthias Brandt. Deutsch spricht Awad nicht so gut. Das Beethoven-Denkmal, das Münster und natürlich der Rhein seien die beliebtesten Ziele.

Auf dem Weg dorthin stehen einige rote Schilder, die auf Deutsch und Englisch den Weg zum Beethovenhaus oder auch der Tourist-Information anzeigen. Mit einer kostenlosen Stadtkarte eingedeckt, geht es auf den Münsterplatz. Und auch dort eine weitere Baustelle: Das Münster wird saniert. Die Gruppe französischer Jugendlicher, die gerade auf der Durchreise von Köln nach Frankfurt einen Halt in Bonn macht, interessiert das nicht. Sie haben es sich am Fuße Beethovens bequem gemacht und warten auf ihre Freunde.

Yoann spricht eine wenig Deutsch, von der Klimakonferenz hat er schon gehört. „Die war in Paris vor ein paar Jahren“, sagt der 15-Jährige. Genauer gesagt 2015. Lisa, ebenfalls 15, findet Bonn schön, vor allem den Rhein. „Aber schade ist, dass so wenig Französisch gesprochen wird, auch in den Läden.“ Ohne ihre Betreuer hätten sie es schwer gehabt, sich zurechtzufinden.

„Bonn is so friendly“

Blick auf das nächste rote Schild. „Old Town Hall“, das klingt gut. Ein bisschen nach Western und Abenteuer. Über die Remigiusstraße, vorbei an vielen Modeläden. Am Ende des Marktplatzes thront das Alte Rathaus, ganz in Zartrosa. „Tüte Gemüse ein Euro!“, ruft ein Marktschreier. Bratwurstduft liegt in der Luft. Die Verkäuferin erklärt grunzend und mit hochgezogener Nase, dass darin Schweinefleisch enthalten ist. Für Muslime ein wichtiger Hinweis, wie sie findet.

Ein paar Meter weiter stehen Mr. Sreenath und Ms. Kusum aus Indien und orientieren sich auf einer Stadtkarte der Tourist-Information. „Bonn is so friendly“, sagen sie und loben die guten Museen. Am besten gefallen ihnen aber die Universität und der Hofgarten. Weil es da so schön ruhig ist. Sie zeigen mit dem Finger auf das barocke gelbe Gebäude. Sie haben recht. Kaum hat man die nächste Baustelle an der Marktgarage passiert, wird es still. Die Bäume rund um die Wiese halten Lärm und schlechte Luft des Verkehrs ab. Plötzlich sind überall Radfahrer und Jugendliche, die es sich auf dem Grün und den Parkbänken bequem gemacht haben.

Gleich drei Gruppen spielen Frisbee, andere sitzen zusammen und spielen Gitarre. Wer alleine ist, ist meist in ein Buch vertieft. Zwei Stunden sind jetzt schon vergangen. Zeit, endlich den Bus 610 Richtung Cop23 zu nehmen. Ein Student erklärt sich bereit, die paar Meter Richtung Busbahnhof mitzugehen. Auf einer Infotafel an der Haltestelle klebt ein orange-blaues Plakat der Klimakonferenz. „Bula“, steht darauf. „Hallo“ auf Fidschi.

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