Stadthaus ein „Schmutzbetonklotz der Verwaltung“ So reagiert das Netz auf Bonn im „Lonely Planet“

Bonn · Was für eine Auszeichnung! In der 2020-Ausgabe des globalen Reiseführers Lonely Planet ist Bonn als einziger Vertreter Deutschlands in der Top Ten der Städtereiseziele. Das zog zahlreiche Reaktionen auf sich - positiver wie negativer Art.

 Symbolfoto.

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Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Die Meldung ging wortwörtlich um die Welt: Bonn ist eine der angesagtesten Städte 2020, denn sie steht auf Platz fünf im international begehrten Ranking des Reiseführers Lonely Planet. Deshalb könnte die Stadt von der überraschenden Auszeichnung profitieren, sagte dem GA schon Markus Aspetzberger vom Deutschen Tourismusverband. Was die Touristen hier allerdings erwartet, ist in den Augen von Bürgern und Presse zwiegespalten.

Da gäbe es zum einen die Menschen, die mit Herz und Haupt hinter Bonn stehen. Das müssen nicht nur solche sein, die die Bundesstadt ihre Heimat nennen. Wie eine Leserin zum Beispiel, die auf Facebook kommentierte: „Ich bin häufiger zu Besuch in Bonn und mag die Stadt sehr. Sicher gibt es Dinge, die ich nicht schön finde, aber auch viel wirklich Schönes und ich habe bestimmt noch nicht alles entdeckt.“

Für den Blick von außen scheint Bonn also bestens gewappnet. Bonns Bürger sehen allerdings die Details. „Wird in dem Touristen Ranking denn nicht über die Parkplatzsituation gesprochen?“, fragt eine GA-Leserin. Anstelle von Parkplätzen gibt es aber andere Attraktionen: „Die wussten aber noch nix von unserem neuen wunderschönen Toilettenkiosk“, merkt GA-Leser Sascha C. an. Gemeint ist damit der jüngst eingeweihte Kiosk am Remigiusplatz, dessen Kosten und Aussehen irgendwie in keiner Relation zu stehen scheinen.

Freude beim OB, aber Kritik von Twitter-Nutzern

Oberbürgermeister Ashok Sridharan ist die beliebte Auszeichnung ebenfalls präsent und twitterte dazu: „Wir haben es gewusst, jetzt ist es offiziell: Unsere Stadt gehört zu DEN Destinationen. Nicht nur 2020!“ Eine solche Vorlage bietet allerdings Platz für Kritik, die andere Twitter-User prompt nutzten, um dem OB ungefiltert ein bisschen Feedback zukommen zu lassen.

„Keine Frage, Bonn hat einzigartige Voraussetzungen und wie schön könnte es sein, wenn endlich jemand vernünftig haushalten würde? An den richtigen Stellen investieren: Für Kinder, Familien, für alle, statt für Eliten. KiGa statt Beethoven, ÖPNV statt WCCB“, lautet ein Kommentar unter Sridharans Post.

Ein anderer User macht darauf aufmerksam, dass Sridharan die Begründung der Lonely-Planet-Wahl auch als Weckruf verstehen sollte. Über die „Marke Beethoven“ hinaus, die im Reiseführer besondere Erwähnung im Zusammenhang mit dem Beethovenjahr 2020 findet, habe man Veranstaltungen wie Rheinkultur oder die Klangwelle „bereitwillig fallen lassen“.

Spott aus Süddeutschland, Anerkennung aus Köln

Die „Süddeutsche Zeitung“ hat nicht nur ein Fragezeichen für die Tatsache übrig, dass Bonn in dem Ranking überhaupt auftaucht. Kein Wunder, kommt Autor Joachim Käppner doch als erstes die unübersichtliche Bahnhofssituation mitsamt Bonner Loch in den Sinn - er war also anscheinend länger nicht mehr zu Besuch.

Am Stadthaus hat sich seitdem aber zugegeben nicht mehr viel getan. Mancher mag dem Autoren also zustimmen, es als „Schmutzbetonklotz der Verwaltung“ zu bezeichnen. Das Gebäude sei „etwas für Architekten, die erfahren wollen, wie man niemals bauen sollte“, wird das Stück zeitgenössischer Baukunst in einem halben Absatz verrissen. Mit Rheinschifffahrten macht man den Autor offenbar genauso wenig glücklich, erwarten ihn dort doch nur „Schnulzen-Dauerbeschuss“ und „nassgezuckerter Wein“.

Versöhnlich werden dann aber doch die Schokoladenseiten der Stadt aufgezählt: die Gründerzeitviertel, der Hofgarten („von schwänzenden Studenten geschätzt“), die Schlösser, Weingärten und freilich die herrliche Aussicht auf Siebengebirge und den Rhein.

Und selbst die Kollegen vom Kölner „Express“ können sich ein wenig Bewunderung nicht erwehren. „Auch abseits von Beethoven hat Bonn so viel zu bieten“, finden sie und zählen unter anderem das Siebengebirgs-Panaroma „zum Schwelgen und Genießen“, eine „lebendige Gastro- und Kleinkunstszene, die keine Wünsche offen lässt“ und selbstredend die alljährliche Kirschblütenpracht in der Altstadt auf. Neben Kultur, Geschichte und historischen Gebäuden hätten wir zudem „natürlich die einzigartige bönnsche Lebensart“.

Nach Beethoven ist auch noch ein Jahr

„Und jetzt noch die Seilbahn und den neuen Tower in die Rheinaue. Das bringt Arbeitsplätze und Touristen.Im nächsten Jahr dann Platz 4“, prophezeit ein GA-Leser auf Facebook. Doch der Leser Simon S. hat eine bessere Idee, was mit so viel Geld passieren könnte und schlägt vor: „Das wäre doch jetzt die ideale Gelegenheit in Sachen ÖPNV, Sicherheit und Sauberkeit richtig zu investieren.“

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