Gesichter im Sonnenschein So verbringen die Menschen einen Sommertag in Bonn
Bonn · Am Wochenende scheint in Bonn wieder vermehrt die Sonne. So verbringen die Menschen einen warmen Tag vor dem Poppelsdorfer Schloss, auf der Hofgartenwiese und auf dem Frankenbadplatz.
Ein sonniger Tag in Bonn: Eine große Erleichterung für viele, die die eigenen vier Wände satt haben und sich nach sommerlichen Tagen im Freien sehnen. Dementsprechend voll sind auch die öffentlichen Verweil-Plätze in der Bonner Innenstadt, die doch alle in den Sonnenstrahlen ihr ganz eigenes Gesicht haben.
Die Sonne scheint hell auf die große Wiese, die durch einen Weg getrennt wird, der auf das Poppelsdorfer Schloss zuführt. Die rechte Wiesen-Seite scheint beliebter zu sein. Hier werfen die Bäume mit ihrem Laub große Schatten, in denen es sich die Menschen bequem gemacht haben. Sie alle sind gut auf ihren sonntäglichen Ausflug vorbereitet: Die Kleingruppen haben Decken auf dem Boden ausgebreitet, man sieht Getränke und Kühltaschen. Zwei junge Studentinnen fallen besonders ins Auge, die aus ihren Taschen immer mehr Leckereien zutage befördern und auf ihrer Decke anrichten: Brezeln, Gummibärchen, Gemüse, Dips und Pizzaschnecken.
Cocktails mit frischem Obst
Schließlich zaubern sie im Handumdrehen zwei Cocktails mit frischem Obst und Eiswürfel in große Weingläser. Hannah Schuster und Annika Vaupel haben ihr Picknick mit Blick auf die Wetter-App schon zwei Tage vorher geplant. Die Möglichkeit, endlich draußen sitzen zu können, erleichtert sie. „Wir können ja sonst nur noch Sport treiben, das macht man aber meist allein. Wäre kein Corona, hätten wir mit mehr Freunden hier gesessen oder uns in ein Café gesetzt oder wären Essen gegangen“, sagt Vaupel. Das Drinnen-Bleiben ist nicht so einfach, wenn man wie sie als Studenten auf beengtem Raum wohnt. Eine von ihnen wohnt in einer WG ohne Balkon, die andere in einer kleinen Wohnung. Da fällt die Decke schnell mal auf dem Kopf.
Eines fällt vor dem Poppelsdorfer Schloss besonders auf: Hängematten scheinen im Trend zu sein. Gleich acht an der Zahl hängen zwischen den Allee-Bäumen und immer wieder kommen neue dazu. Das Paar Katharina Strohpal und Leonie Richard hat seine Hängematte zu Weihnachten bekommen. Heute ist aber der erste Tag, an dem sie benutzt wird. Sie sei sehr gemütlich, sagt die 23-jährige Leonie Richard und schwingt hin und her, während sie Hund Timmy krault. „So fühlt sich der Alltag wieder ein bisschen normaler an“, sagt sie. Nur die schwingenden Hängematten bringen Bewegung in das Bild – sonst scheint sich jeder Besucher der Reglosigkeit unter den warmen Strahlen hinzugeben.
Auf der Suche nach Schatten
Ein eigenwilliges Muster ergibt sich beim Blick vom Uni-Hauptgebäude aus auf die Hofgartenwiese. Der Übergang vom Schatten der Bäume zur sonnendurchfluteten Wiese ist markiert von Decken und Kleingruppen, die gerne Sonne und Schatten abbekommen wollen. Die Schattenseite ist enger besiedelt, in der Sonne räkeln sich nur die Hartgesottenen. Hier sieht man vor allem Studenten, die Limo trinken, Musik hören, Lesen oder auf ihr Handy schauen. Dem Auge bietet sich hier wesentlich mehr Bewegung als vor dem Poppelsdorfer Schloss: Es fliegen ständig Bälle oder Frisbees durch die Luft und ihnen hinterher springen Männer mit nacktem Oberkörper.
Neben Fußball und Volleyball, kann man auch ein etwas ungewöhnliches Ballspiel beobachten: Drei Studenten laufen um ein kleines Trampolin herum und schlagen einen Ball dagegen. Das Spiel nennt sich Round-Net, wie die Studenten erklären. Es funktioniert ähnlich wie Volleyball, nur dass der Ball von der Mannschaft nicht über das Netz, sondern auf das des Trampolins geschlagen wird. „Das Spiel ist in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden“, erklärt ein 26-jähriger Student, dem vom vielen Spielen schon die Schweißperlen auf der Stirn stehen. Und prompt in diesem Moment baut in einiger Entfernung eine zweite Kleingruppe ein Trampolin für Round-Net auf. Die Sonne macht den Spielern wenig aus, sagen sie. Nur der Wind sei etwas störend, weil er den leichten Ball umlenkt.
Rauschen des Windes in den Bäumen
Der Wind lässt auch die Bäume rauschen, dazu kommen die Geräusche der Autos auf der Adenauerallee und ein Wirrwarr von Stimmen. Auf der Sonnenseite hört man lateinamerikanische Popmusik, auf der Schattenseite englische Chart-Lieder, die von jungen Frauen mitgesungen werden. Einige Schritte neben den singenden Mädchen spielen zwei Studentinnen Karten.
Auch sie haben die Gunst der Sonnenstunden genutzt, um ein wenig Zeit unter anderen Bonnern zu verbringen. Sie beide studieren im dritten Semester und kennen ihre neue Heimatstadt nur im Lockdown und Uni nur via Internet. „Kneipen oder Clubs kenne ich in Bonn überhaupt noch nicht – und ich bin auch nur einmal einkaufen gegangen“, sagt die 23-jährige Kartenspielerin aus Koblenz. Ihre Kommilitonin aus Münster hat sie vergangenen Sommer auf der Hofgartenwiese kennengelernt. Sie beide haben wenige andere Studenten kennenlernen können – ein schwerer Start ins Studentenleben.
Auf dem Platz vor dem geschlossenen Frankenbad in der Altstadt ergibt sich das wohl heterogenste Bild, wenn man die Besucher betrachtet: Jung bis Alt, Einzelpersonen mit Hund, Kleingruppen, Bier- oder Kaffeetrinker – unterschiedlichste Nationalitäten. Sitzgelegenheiten bietet der Platz nicht so viele wie die anderen beiden öffentlichen Plätze. Doch das macht den Besuchern nichts, sie setzen sich auch auf den Asphalt oder den roten Bodenbelag vor dem Basketballkorb. Fast jeder hat sich mit Getränken von den naheliegenden Kiosks eingedeckt. Das freut eine alte Dame, die vom Frankenbadplatz nicht wegzudenken ist: Jeden Tag zieht sie hier ihre Runden und nimmt wortlos, aber mit dankendem Blick den Pfand entgegen.
Cafè läuft im Hochsommer nicht so gut
Patricia Falk arbeitet am Café-Roller auf dem Platz und weiß: „Hier sieht man eigentlich immer bekannte Gesichter und die sind sehr unterschiedlich. Der Platz ist bunt und offen.“ An milderen Tagen sei hier mehr los als an heißen – auch am Café-Roller. „Bei so einem Wetter trinken die Menschen weniger Kaffee“, so Falk.
Am Brunnen des Platzes, der momentan noch nicht sprudelt, hat die Kneipe Nyx eine kleine Bude aufgebaut, aus der sie Bier und andere erfrischende Getränke verkauft. Der Mann und die junge Frau hinter der Theke kennen den Platz gut und wissen: Hier sieht man eigentlich täglich die fröhliche Altstadtmischung – für Bonn ist diese einmalig und nur hier zu finden. Doch wie diese Mischung genau aussieht, das wissen sie gar nicht genau zu sagen. Dann fällt der Satz, der sie wohl am besten beschreibt: „Hier darfst du einfach sein, wer oder was du bist.“