Besuchsmöglichkeit zum Muttertag So verlief die Öffnung der Altenheime in Bonn

Bonn · Am Wochenende öffneten Altenheime und Pflegeeinrichtungen nach vielen Wochen wieder - zur Freude vieler Angehöriger. Doch nicht alle sind mit der Regelung zufrieden.

 Elfie Kusebauch (91) freut sich am Muttertag über den Besuch ihrer Tochter.

Elfie Kusebauch (91) freut sich am Muttertag über den Besuch ihrer Tochter.

Foto: Stefan Hermes

„Ob die kurzfristige Entscheidung, zum Muttertag wieder zu öffnen, vernünftig war, sei dahingestellt“, sagt Manuel Moreira. Mit gemischten Gefühlen blickt der Leiter des Alten- und Pflegeheims Residenz Ambiente in Endenich auf die neuesten Corona-Lockerungen. Seit gut sechs Wochen galt NRW-weit ein strenges Besuchsverbot – bis Sonntag.

Für viele Einrichtungen kam die am 5. Mai bekanntgegebene Erlaubnis  überraschend. „Der Ansturm war immens, wir mussten zwei Mitarbeiter für die Telefonanfragen abstellen“, sagt Moreira. Doch die meisten Angehörigen hätten Verständnis dafür, dass nicht alle gleichzeitig zu Besuch kommen konnten. Zudem wurde die Öffnung vonseiten des Ministeriums einen Tag vorverlegt.

„Bring mir ja keine Blumen mit“, bat Elfie Kusebauch (91, Foto) ihre Tochter Cora Oepen, die sie zum Muttertag im Seniorenwohnheim Josefshöhe in Auerberg besuchte. Somit erfreute sie ihre agile Mutter mit einem Parfüm. „Wir haben für die Begegnung einen Besucherraum eingerichtet, mit dem sich alle Schutzbedingungen erfüllen“, erklärt Jürgen Zens, Einrichtungsleiter der Josefshöhe und zeigt das Erdgeschosszimmer, in dem eine kontaktlose Begegnung von der Terrasse aus möglich ist. Nach einem minutiösen Plan werden die angemeldeten Besucher an der Pforte abgeholt.

Ende März hatten sich dort noch 32 Bewohner und Mitarbeiter mit Covid-19 infiziert. Ein vor zwei Wochen durchgeführter Test war bei allen Beteiligten negativ. Das gute Ergebnis wird durch Zens und seine Mitarbeiter entsprechend gewissenhaft verteidigt. Kritisch sieht er die Tatsache, dass nun keine regelmäßigen Tests mehr stattfinden. „Man fühlte sich sicherer, wenn mehr getestet würde.“

„Die meisten älteren Bewohner fühlen sich sicher“, stellt dagegen Andreas Gemein (73) vom Bewohnerbeirat der Residenz Ambiente in Endenich fest. Die Menschen in der Residenz hätten mit dem Krieg schon Schlimmeres erlebt. Manch einer von ihnen würde seit der Corona-Zeit immer wieder dazu auffordern, den „Schutzraum im Keller“ aufzusuchen. Um den Wünschen aller Bewohner gerecht werden zu können, hat man in der Residenz Ambiente neben der Möglichkeit zur Videotelefonie zwei Besuchsboxen eingerichtet, zu denen Besucher nach der überall stattfindenden Hygieneunterweisung mit Fiebermessen – durch eine Scheibe getrennt – ihre Angehörigen leibhaftig zu Gesicht bekommen.

Die oftmals von Bewohnern geäußerte Meinung, den Krieg überlebt zu haben und damit auch Corona überstehen zu können, weiß auch Peter Gauchel vom Seniorenzentrum Haus Rosental zu berichten. Dort schien man mit den drei Tagen, die vom Bekanntwerden der Öffnung bis zur Umsetzung der Schutzmaßnahmen zur Verfügung standen, zunächst überfordert zu sein, habe jedoch noch rechtzeitig allen Schutzerfordernissen entsprechen können. Da im Haus Rosental zu Anfang März ein Bewohner positiv auf Covid-19 getestet wurde, sei man natürlich in jeder Beziehung besonders vorsichtig gewesen. Die kontaktlose Zeit habe man bisher gut durch elektronische Medien kompensieren können.

Um etwa zehn Besuchskontakte pro Tag zu ermöglichen, hatte man in den Seniorenhäusern St. Adelheidis-Stift in Vilich und Maria Einsiedeln auf dem Venusberg die Besuchszeiten in der Regel auf einen halbe Stunde begrenzen müssen. „Dazu kommen Organisationszeiten, beispielsweise für das Hin- und Wegführen der Besucher und Bewohner sowie zur Desinfektion“, so Christoph Leiden von der Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria. Die Corona-Situation erfordere einen Spagat, sagt Pressesprecher Matthias Steiner von der Bonner Seniorenresidenz Augustinum in Bonn-Castell dazu. „Wir müssen die Risikogruppen schützen, gleichzeitig gehört aber auch ein in der Pandemie vertretbares Maß an sozialen Kontakten zu einem gesunden Leben.“

Während die Senioren im Augustinum größtenteils ein selbstbestimmtes und aktives Alter leben, sind pflegebedürftige Menschen auf den Schutz durch ihre Heimleitung angewiesen. So entschied man sich in den drei Altenhilfeeinrichtungen der Bonner Caritas auch gegen die schnelle Öffnung. „Es würde ein zu großes Risiko für Bewohner wie Angehörige und Mitarbeiter bedeuten, da die organisatorischen Maßnahmen so kurzfristig nicht vollständig umsetzbar sind“, sagte Mechthild Greten vom Caritasverband. Im Hintergrund arbeite man jedoch intensiv daran, ab Montag startklar zu sein. Wie in allen anderen Einrichtungen auch, ist dort das Besuchsverbot aus sozial-ethischen Gründen aufgehoben, wenn Menschen palliativ behandelt werden. „Das soziale Leben wird sicherlich noch eine ganze Zeit beschränkt sein müssen, aber wenn wir alle, Mitarbeiter, Bewohner und Besucher, weiterhin aufmerksam und vorsichtig sind, dann sind maßvolle Kontakte auch möglich“, so Matthias Steiner vom Augustinum.

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