Illusion an der Zimmerdecke So war der Tag des offenen Denkmals in Bonn

Bonn · Eine Gründerzeitvilla in der Gluckstraße ist eines von 50 Gebäuden, die am Tag des offenen Denkmals den Besuchern Einblick gewähren. Besonders die unbekannten Orte locken dabei die Besucher.

Sieht aus wie Holz: Bettina Wiedmann zeigt Besucher Lutz Eckardt die Illusionsmalerei in der Gründerzeitvilla in der Gluckstraße.

Sieht aus wie Holz: Bettina Wiedmann zeigt Besucher Lutz Eckardt die Illusionsmalerei in der Gründerzeitvilla in der Gluckstraße.

Foto: Knopp

Es sieht aus wie Holz, ist aber keins. Der Effekt, den die Stuckateure an den Decken in den Erdgeschossräumen der Gründerzeitvilla in der Gluckstraße 1 erzielt haben, ist erstaunlich. Illusionsmalerei nennt man das. "Davon ist, soweit ich weiß, nur noch ein weiteres Beispiel in Bonn erhalten", sagte Meike Schmidt vom Experiment e.V., der diese edlen Räumlichkeiten seit 2005 als Geschäftsstelle nutzt. Die war am Tag des offenen Denkmals geöffnet, und erstaunlich viele Menschen wollten sich die Deckenmalerei anschauen.

Die Villa wurde 1891 von der Witwe Ina von Müller in Auftrag gegeben und von Architekt Carl Koch innerhalb eines Jahres gebaut. Im Erdgeschoss findet sich in drei Räumen die bemerkenswerte Deckenarbeit. Wer diese Frau war und warum sie nach dem Tod ihres Mannes dieses Prachthaus bauen ließ, wusste Bettina Wiedmann, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Austauschorganisation Experiment e.V., nicht. Sie wusste, als sie das Innere der Villa erstmals sah, nur eins: Das sollte künftig ihr Arbeitsplatz sein. Heute kaum zu glauben: Für das Gebäude zahlte die Organisation weniger als 700 000 Euro, ein wahres Schnäppchen.

Altbau verschlingt Energiekosten

Vorher war Experiment e.V., der Menschen ab 14 Jahren den Austausch in alle Welt und aus aller Welt nach Deutschland ermöglicht, in Friesdorf, in laut Wiedmann recht schmucklosen Hinterhofräumen untergebracht. Der Verein besteht seit 1932, ist seit 1952 eingetragen und hatte stetig Rücklagen gebildet. Nach einer Überprüfung der Gemeinnützigkeit habe man mit diesen Rücklagen etwas anfangen müssen: "Als Gemeinnützige Organisation dürfen wir ja kein Vermögen erwirtschaften", so Schmidt. Also machte man sich auf die Suche nach einer neuen Bleibe und wurde im Musikerviertel fündig.

In der Villa mit seinen zwei Obergeschossen und dem großen schönen Fenster im Treppenhaus fühlt sich Wiedmann sehr wohl. Inzwischen, sagte sie, werde aber der Raum knapp. "Wir sind gewachsen: 2005 haben wir mit 18 Leuten hier gearbeitet, jetzt sind wir 35." Anbauen? Das geht natürlich nicht, auch eine andere Raumaufteilung ist nicht erlaubt - der Nachteil des Denkmalschutzes, der sogar Werbung im Vorgarten verbietet. Der Betrieb ist auch kostenintensiv, was sich laut Wiedmann vor allem beim Heizen bemerkbar macht. Raus will man verständlicherweise auch nicht, also ist man in ein Gebäude in der Maximilianstraße expandiert. Derzeit suche man nach weiteren Lösungen.

Einblick in unbekannte Orte

In Wiedmanns Büro herrschte am Sonntag reger Durchgangsverkehr. Lutz Eckardt bestaunte die Holzoptik an der Decke. "Das ist sehr selten in dieser Form erhalten", meinte der Münchner. Er war nicht nur hergekommen, weil er die Geschäftsführerin kennt. "Es ist gut, dass man am Tag der offenen Tür nicht nur Highlights wie die Schlosskirche, das Münster und das Alte Rathaus sieht, sondern auch Gelegenheit hat, woanders reinzugucken." Da klopfe man ja in der Regel nicht einfach so an.

Ein anderes Anliegen locke Rosemarie Schmidt dorthin: "Ich bin nach dem Krieg in der Villa Krantz ein paar Häuser weiter untergekommen und habe dort meine Jugendjahre verbracht", so die Bonnerin. "Ich ging oft an diesem schönen Haus vorbei und wollte immer schon mal reingucken." Das habe sich gelohnt, sagte sie.

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