Festtage in Bonn So wird Weihnachten im Zirkuswohnwagen gefeiert

Beuel · Erst wenn der letzte Applaus an Heiligabend durch die Manege hallt, beginnt für die Weihnachtszirkusfamilie das Privatleben. Worauf freuen sich die Kinder am meisten? Auf die Geschenke.

 Freuen sich auf viele Geschenke: Manuel Fischer mit seinen Nichten (v.l.) Charlize, Trecey und Megan.

Freuen sich auf viele Geschenke: Manuel Fischer mit seinen Nichten (v.l.) Charlize, Trecey und Megan.

Foto: Benjamin Westhoff

Der Advent und die Feiertage bedeutet für die Leute vom Bonner Weihnachtszirkus Stress. Schon drei Wochen vor der ersten Vorstellung beginnt der Aufbau. Die Artisten bereiten sich auf die vor ihnen liegenden Vorstellungen vor. „Meistens reisen sie zirka eine Woche vorher an, und wir proben von morgens bis in den späten Abend hinein“, sagt Manuel Fischer, der sich um die Künstler kümmert. Vor 23 Uhr gehe fast nie jemand aus dem Zelt. „Vieles geschieht zwischen Tür und Angel, viel Ruhe ist da nicht“, sagt Fischer. Das ändert sich erst beim Schmücken, wenn am ehesten etwas Weihnachtsstimmung aufkommt. „Das sind in dieser Zeit die kleinen Momente der Ruhe, der Gemeinsamkeit“, meint Fischer, der selbst aus einer Zirkusfamilie stammt. An Weihnachten dreht sich erst mal alles ums Publikum.

Doch es gibt auch das Privatleben: An Heiligabend fangen die Frauen am frühen Mittag mit Kochen an. „Auch bei uns gibt es das klassische Weihnachtsessen: Gans mit Rotkohl und Knödeln“, sagt Fischer. Im Wohnwagen steht auch ein Tannenbaum, darunter liegen die Geschenke. Doch die müssen erst noch mal warten: Erst geht die Vorstellung um 14 Uhr über die Bühne, dafür muss im Zelt und Servicebereich alles geputzt sein. Auch die Tiere wollen versorgt sein.

Am Abend treffen sich die Mitarbeiter in den Wohnwagen. „Wir sind eine große Familie“, sagt Fischer. Seine elfjährige Nichte Charlize genießt dieses Leben. „Es macht mir Spaß, andere Menschen kennenzulernen und zuzugucken“, sagt sie. Gelegentlich steht sie mit einer Luftnummer und auch Hula-Hoop-Reifen in der Manege. Ihre Schwester, die achtjährige Megan, spielt öfters den Clown. Doch in diesen Tagen denkt sie nur an die Geschenke.

Der Zirkus hat kein festes Ensemble

Jedes Jahr werden die Akteure neu gebucht, manchmal zwei Jahre im Voraus. „Die Artisten des Chinesischen Nationalcircus habe ich vier Jahre lang versucht, nach Bonn zu holen, bis es für dieses Jahr gelungen ist“, sagt Fischer und ist stolz. Die gut drei Wochen am Rhein über Weihnachten und den Jahreswechsel genießen viele der Künstler.

Der Österreicher Carlo Schoebel stammt aus einer Artistenfamilie. „Seit meinem fünften Lebensjahr bin ich in der Manege. Seit meinem 13. Lebensjahr habe ich Weihnachten nicht mehr bei meiner Familie gefeiert“, sagt er. Nach Stationen unter anderem im Varieté-Theater sei er vor sieben Jahren in den Zirkus zurückgekehrt. „Der Zirkus ist meine Familie“, so der junge Balancekünstler (Equilibrist). In der Show zeigt er seine Künste im Handstand, außerdem moderiert er die Vorstellungen. Im Hintergrund agiert Lichtdesigner Phillip Esch, im zweiten Jahr dabei. Während sein Arbeitgeber Betriebsferien macht, arbeitet er im Zirkuszelt. „Mir macht das echt Spass. Es ist eine großartige Abwechslung, hier im Zirkus mit der Direktion und den Artisten zu arbeiten“, kommentiert der junge Mann. „Die Atmosphäre ist in dem internationalen Team einfach fantastisch.“

Die meiste Arbeit hat er vor der ersten Vorstellung: Die Lichtshow muss programmiert und eingespielt werden. In der Show werden lediglich einige Akzente noch mit manuellen Verfolgern gesetzt. Esch freut sich, wenn seine Effekte nachher so passen, wie er es sich vorgestellt hat. Vor allem, wenn sie das Publikum Staunen lassen und die Stimmung der Gäste beeinflussen. „Anderen Menschen Freude bereiten zu dürfen, aber auch der Zusammenhalt im Team – das macht Weihnachten im Zirkus für mich aus“, sagt Techniker Esch.

Nicht nur er fiebert dem Höhepunkt, der Silvestergala entgegen. Wenn nach der letzten Vorstellung des Jahres der Vorhang fällt, feiern Artisten, Crew und Besucher gemeinsam ins neue Jahr. Dann bleiben nur noch wenige Tage, bis sich die Zirkusleute wieder in alle Winde zerstreuen. Wehmut macht sich breit, auch bei Fischer. „Wir haben miteinander etwas Erschaffen, und es ist immer eine tolle Gemeinschaft in den wenigen Wochen gewachsen.“ Doch dann heißt es bald wieder, nach vorne zu schauen: Alsbald beginnen die Planungen für den nächsten Weihnachtszirkus.

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