Nach Kritik aus eigenen Reihen Bonner SPD sagt Präsenzparteitag kurzfristig ab

Update | Bonn · Heftige Kritik musste der Vorstand der Bonner SPD aus den eigenen Reihen einstecken, weil die Partei trotz hoher Corona-Zahlen an diesem Samstag einen Präsenzparteitag veranstalten wollte. Nun sagte die SPD die Veranstaltung ab.

 Müssen sich viel Kritik aus den eigenen Reihen wegen des Präsenzparteitags gefallen lassen: Die Unterbezirksvorsitzenden der Bonner SPD, Jessica Rosenthal und Enrico Liedke.

Müssen sich viel Kritik aus den eigenen Reihen wegen des Präsenzparteitags gefallen lassen: Die Unterbezirksvorsitzenden der Bonner SPD, Jessica Rosenthal und Enrico Liedke.

Foto: Meike Böschemeyer/MEIKE BOESCHEMEYER

Eigentlich wollte die Bonner SPD an diesem Samstag in der Beueler Jupp-Gassen-Halle ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten für den Bundestag küren. Am Freitagabend sagte Unterbezirks- Vorsitzender Enrico Liedtke die Veranstaltung überraschend ab. Zahlreiche Mitglieder hatten scharfe Kritik an dem Treffen geübt. Allen voran SPD-Ratsfraktionsvorsitzende Angelika Esch, die sich in einem Schreiben an ihren Ortsvereinsvorstand in Beuel darüber beklagt hatte, dass ihre Partei trotz hoher Inzidenzzahlen in Bonn an einer Präsenzveranstaltung festhalte. Ebenso kursierten weitere Schreiben in der Bonner SPD, in denen sich zahlreiche Mitglieder, darunter auch Stadtverordnete und Funktionsträger, über das Verfahren beschwerten und ankündigten, deshalb nicht teilnehmen zu wollen.

Am Freitagabend rief Liedtke beim GA an und nannte eine zu hohe Zahl an Anmeldungen als Grund dafür, dass der Unterbezirksvorstand die Tagung nun doch absagen musste. Am Freitagnachmittag hatte er noch von circa 160 Teilnehmern gesprochen, die entsprechend dem Hygienekonzept in der Halle ausreichend Platz gefunden hätten. Bis zum Abend hätten sich deutlich mehr als 250 Mitglieder angemeldet. Das wären dann doch zu viele gewesen, sagte er. Die Frage, ob nicht doch der Druck der Mitglieder auf den Parteivorstand zu groß geworden sei und man deshalb den Parteitag abgesagt habe, verneinte er.

Die Kritik der Gegner der Präsenzveranstaltung hatte es in sich: „Ich bekomme gerade eine ziemliche Spaltung der Partei mit. (…) Bund, Land und Region haben darum gebeten, vor Weihnachten keine großen Veranstaltungen mehr zu machen, weil es medial sehr schlecht herüberkommen kann“, schrieb Esch in einer E-Mail, die dem GA vorliegt. Als falsches Signal in der Öffentlichkeit bezeichneten die Unterzeichnenden eines Rundbriefs an die Mitglieder den Präsenzparteitag. „Aus Sorge um die innerparteiliche Willensbildung, die Gesundheit unserer Mitglieder, die Transparenz und Offenheit des Verfahrens sowie aus Sorge um die Zukunft der Bonner SPD“, solle die Versammlung abgesagt werden. „Die Botschaft, die in der Öffentlichkeit ankommt: Die Bonner SPD verteilt Pöstchen und macht Karriereplanung, während andere nicht wissen, wovon sie morgen leben wollen.“ Zu den Verfassern gehören etwa das Bonner SPD-Urgestein Bernhard „Felix“ von Grünberg sowie die beiden Stadtverordneten Peter Kox und Dörthe Ewald. 

Neben dem SPD-Mitglied Stefan Gsänger bewirbt sich auch die designierte Bundes-Jusovorsitzende und Mitparteichefin Jessica Rosenthal um die Direktkandidatur. Einige Mitglieder hätten dem Un­terbezirks-Vorstand damit gedroht, Rosenthal wegen der Entscheidung für die Präsenzveranstaltung abstrafen und als Kandidatin nicht wählen zu wollen, erfuhr der GA von einem Parteimitglied, das namentlich nicht genannt werden will. Rosenthal selbst sagte, davon wisse sie nichts. Sie wisse nur, dass die zu hohe Anmeldezahl am Ende zur Absage geführt habe. Zuvor hatte Liedtke die Präsenzveranstaltung vehement verteidigt: Der Vorstand habe lange über Für und Wider diskutiert. Und jetzt? „Wir müssen überlegen, welche Alternative wir haben. Eine schnelle Entscheidung wird es wohl nicht geben“, so Liedtke.

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