40 Jahre GSG9 Spezialisten im Kampf gegen den Terror

BONN · Die Eliteeinheit der Bundespolizei feiert in Bonn ihr 40-jähriges Bestehen und sieht sich mit steigenden Einsatzzahlen konfrontiert.

Übung vor dem ehemaligen Kanzleramt: Polizisten der Antiterroreinheit GSG 9 sammeln sich nach dem Abseilen vom Hubschrauber.

Übung vor dem ehemaligen Kanzleramt: Polizisten der Antiterroreinheit GSG 9 sammeln sich nach dem Abseilen vom Hubschrauber.

Foto: Axel Vogel

Am Anfang stand eine doppelte Katastrophe. Als ein palästinensisches Kommando der Terrororganisation "Schwarzer September" während der olympischen Sommerspiele 1972 in München das olympische Dorf überfallen und elf Mitglieder der israelischen Mannschaft als Geiseln genommen hatte, war das Ideal von den friedlichen Spielen jäh zerstört.

Was aber mindestens genauso schwer wog: Bei dem folgenden Blutbad auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck, bei dem neun Geiseln, ein deutscher Polizist und fünf Terroristen starben, "offenbarte sich das komplette Versagen der Polizei", so der TV-Journalist Werner Sonne, der am Montag bei einer Podiumsdiskussion anlässlich des Festaktes zum 40-jährigen Bestehen der GSG9 im Bonner Haus der Geschichte an die Ereignisse erinnerte.

"München darf sich niemals mehr wiederholen" - das war das zentrale Motiv für den damaligen Bundesgrenzschutzoffizier und späteren ersten Kommandeur der GSG9, Ulrich Wegener, die Aufstellung einer auf Terrorismusbekämpfung spezialisierten Polizeitruppe zu fordern.

Dabei fand Wegener im Spätsommer 1972 vor allem in seinem damaligen Chef, Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher, einen entschiedenen Fürsprecher für die Gründung der GSG 9. Heute muss sich die Einheit mehr denn je unterschiedlichen Bedrohungslagen stellen.

Wer die Polizisten der GSG 9 in Aktion erlebt, muss sich konzentrieren und ein waches Auge haben. Denn alles geht rasend schnell, wie auf einer Übung am vergangenen Freitag im Garten des ehemaligen Bundeskanzleramtes, des heutigen Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, zu sehen war.

Aus einem "Super Puma"- Hubschrauber seilten sich in Sekundenschnelle zehn schwerbewaffnete Männer ab, sammelten sich am Boden und stürmten im Laufschritt einen Gebäudeteil des Ministeriums. Derweil sicherten Kräfte in einem zweiten Hubschrauber aus der Luft das Geschehen.

So schnell wie sie kamen, waren die vermummten Spezialkräfte auch schon wieder weg - und die Übung nach etwa knapp fünf Minuten beendet. "Ich bin schon stolz auf die Jungs", lobte Ulrich Wegener, der mit dem derzeitigen GSG9-Chef Olaf Lindner zu den aufmerksamen Beobachtern der Übung gehörte.

Dabei war der Ort für die Demonstration der Leistungsfähigkeit der GSG9 im 40. Jahr ihres Bestehens mit Bedacht gewählt: Am 26. September 1972 hatte es im Bundeskanzleramt grünes Licht für die Aufstellung der Spezialeinheit gegeben.

Ihr erster Kommandeur Ulrich Wegener trieb das Ganze mit Macht voran. Für ihn eine späte Genugtuung. Schließlich sei er lange Zeit mit seiner "revolutionären Konzeption" bei Vorgesetzten abgeblitzt: "Der Wegener spinnt wieder komplett", bekam er damals zuhören.

Doch der heute 83-jährige Wegener, der bei Sankt Augustin lebt und immer noch engen Kontakt zu seiner alten Einheit pflegt, ließ sich nicht beirren. Er übte mit seiner neuen Spezialeinheit, was das Zeug hielt: "Wir sind überall hingeflogen, wo eine Maschine auf der Rollbahn stand", schilderte er am Montag im Haus der Geschichte.

Es sei darum gegangen, möglichst für die Erstürmung jedes Modells gerüstet zu sein und das sei auch gelungen: "Wir haben mittlerweile alle Flugzeugtypen in unserem Archiv." Mitunter sei es dabei auch vorgekommen, dass manches Flugzeug nach der Übung nicht mehr habe fliegen können, erklärte Wegener mit einem Schmunzeln.

Lange musste die Spezialeinheit damit kämpfen, "dass wir von den Bundesländern schlicht nicht angefordert wurden", so Ulrich Wegener. "Sie ziehen eine Furche der Verwüstung durch Deutschland", war eine Sorge, die der Polizeioffizier oft zu hören bekam. Doch dann kam am 18. Oktober 1977 der Tag, der alles veränderte und an dem die GSG9 zeigte, "was wir in all den Jahren gelernt haben", so Ulrich Wegener.

Bis heute ist die siebenminütige "Operation Feuerzauber", die erfolgreiche Stürmung der von einem Terrorkommando gekaperten Lufhansa-Boeing "Landshut" auf dem Rollfeld von Mogadischu, das Glanzlicht in der Geschichte der GSG9.

Über Mangel an Arbeit konnte sich die GSG9 im Laufe ihrer weiteren Geschichte nicht beklagen. Rund 1600 Einsätze hat die Eliteeinheit inzwischen laut Kommandeur Lindner absolviert. "Dabei musste nur sieben Mal von der Schusswaffe Gebrauch gemacht werden."

Was die Zukunft angeht sagt Lindner: "Die Einsatzzahlen nehmen stetig zu." Dabei sieht er seine Einheit aber nur "dosiert", bei ganz besonders schwierigen Sicherheitslagen gefordert, etwa bei terroristischen Anschlägen, aber auch bei Schwerstkriminalität etwa im Einsatz gegen die Rockerbanden.

Lindners Dienstherr Dieter Roman, Präsident der Bundespolizei, hat noch einen weiteren Gegner ausgemacht: Zwar sei die GSG9 "auf jede Lage vorbereitet", so Roman. Vor allem aber werde die Spezialeinheit zunehmend von fanatischen Islamisten und ihrem Terror gefordert. "Hier müssen wir jederzeit mit einem Angriff rechnen. Und zwar nicht nur von Seiten der Terrororganisation al-Qaida, sondern auch von ihren Metastasen."

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