Bad Godesberg. Sprache ist der Schlüssel zum Herzen

Bad Godesberg. · Am 30. September wird die deutsch-bulgarische Schriftstellerin Rumjana Zacharieva aus Bad Godesberg 70. Der Größenwahn Verlag gibt nun ihr bekanntestes Buch unter dem Titel „Maminkas Sommerküche“ neu heraus.

 Zacharieva

Zacharieva

Foto: privat

Elke Volz erinnert sich noch genau an ihre erste Begegnung mit Rumjana Zacharieva. „Ich war Lehrerin und wollte in den 1990er Jahren die Schüler gerne in lebendigen Kontakt mit der Literatur bringen“, sagt die heutige Literaturdozentin am Haus der Familie. Eine Buchhändlerin riet ihr, die ebenfalls in Bad Godesberg lebende deutsch-bulgarische Schriftstellerin aus deren Buch „Sieben Kilo Zeit“ lesen zu lassen. „Damit hatten wir das große Los gezogen“, sagt Volz im Rückblick.

Zacharieva, Mitglied des Schriftstellerverbands PEN Deutschland, erwies sich als „wunderbare und äußerst temperamentvolle“ Botschafterin der Literatur. Und der im Bulgarien ihrer Kindheit spielende Roman fesselte die Schüler gleichermaßen. Darin muss das Mädchen Mila, um glückliche Sommerferien bei der Großmutter verbringen zu können, mindestens sieben Kilo Kamille für die sozialistische Kooperative pflücken.

Zum 30. September, dem 70. Geburtstag von Rumjana Zacharieva, gibt der Größenwahn Verlag ihr bekanntestes Buch nun unter dem Titel „Maminkas Sommerküche“ neu heraus. Die Neue Zürcher Zeitung schrieb, Zacharieva sei mit dem Roman gelungen, mit Ironie und auf „sinnlich prägnante“ Weise eine „Kindheit zwischen Idylle und Schrecken“ des Lebens hinter dem damals noch existierenden Eisernen Vorhang zu schildern. Zacharieva, die in ihrer Heimat schon als 14-jähriges „Wunderkind“ Gedichte veröffentlicht hatte, gelang als 20-Jährige die Übersiedlung nach Deutschland. In Bad Godesberg gründete sie mit dem Unternehmer Jan Turovski, der ebenfalls Bücher schreibt (der GA berichtete), eine Familie. „Ich konnte meine Muttersprache Bulgarisch, Englisch und Russisch, aber kein Deutsch, als ich 1970 im Land der verlorenen Muttersprachen landete“, sagte sie später in einem Interview. In einem ihrer Gedichte heißt es, sie habe damals ihre poetische Sprache in völliger sprachlicher Isolation gesucht.

„Vergiss niemals: Deutsch ist hier die Menschensprache“, rät Zachariewa auch anderen Hinzugekommenen. Egal in welchem Land man erwache - die Sprache der Einheimischen sei „der Schlüssel, der Dir die Tür zu ihren Herzen öffnen wird“. Bald studierte sie Anglistik und Slawistik in Bonn und gab 1978 ihren ersten deutschsprachigen Gedichtband „Geschlossene Kurve“ heraus. Es folgten Romane („Bärenfell“), Erzählungen („Die geliehenen Strapse“) und Hörspiele.

Zachariewa arbeitete für den Rundfunk und erhielt 1979 den Förderpreis des Landes NRW. Seit ein paar Jahren findet sie auch wieder zu ihrer Muttersprache zurück. Gerade habe sie ihren Kindheitsroman „7 Kilo Zeit“ nach mehr als 30 Jahren im Bulgarischen neu geschrieben, „und ich neige dazu, Deutschland jetzt das Land der wiedergewonnenen Muttersprache“ zu nennen“, sagt die Schriftstellerin. Womit sich zu ihrem 70. Geburtstag gewissermaßen der Kreis wieder schließt.

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