Premiere des fringe ensembles in Bonn Sprechchor geht der Familie auf den Grund

Bonn · Der Sprechchor des Bonner fringe ensembles zeigt am kommenden Samstag sein viertes Stück. 14 Menschen aus Bonn, insgesamt neun Nationalitäten, erzählen in einem puristisch anmutenden Stück, was sie eint.

 14 Menschen, neun Nationalitäten, ein Thema: Der Familie entkommt man nicht. Die Darsteller des Sprechchors sind alle Bonner Laiendarsteller.

14 Menschen, neun Nationalitäten, ein Thema: Der Familie entkommt man nicht. Die Darsteller des Sprechchors sind alle Bonner Laiendarsteller.

Foto: Benjamin Westhoff

Ein mittelalter Mann mit braunrot-grau-meliertem Bart steht unvermittelt vor der Theatertribüne. Dort sitzen nur vereinzelt Menschen. „Wir haben dit Haus hier in Brandenburg ufjebaut, meine Familie und ich“, erzählt er. „Stopp“, hallt es von der Tribüne. Jetzt wäre der Einsatz seines Schauspielkollegen gewesen. Der ist sich aber mit dem Text noch nicht ganz so sicher. Kein Problem, denn es ist noch eine Woche bis zur Premiere des Stücks „DREAM.family“ vom Sprechchor des Bonner fringe ensembles.

„Der Familie entkommt man nicht“, lautet der erste Satz in der Beschreibung des an diesem Samstag Premiere feiernden Stücks von Bettina Marugg und Claudia Grönemeyer. Autoren sind alle Schauspielerinnen und Schauspieler, Lothar Kittstein goss dann die zahlreichen Fragmente in Form eines Drehbuchs.

Es ist ein Stück von Bonner Bürgern für Bonner. Es steht kein einziger Profi auf der Bühne. Das ist auch so gewollt, sagt Marugg, die für Regie und Konzept zuständig ist.

Der Sprechchor des fringe ensembles wurde 2017 gegründet. Das Ensemble hat Menschen mit Wurzeln aus Korea, Puerto Rico, dem Baskenland, Italien, Deutschland, Russland und dem Senegal im Gepäck.

Aufgewachsen in Kuhstall, Hütte oder Villa

 Der eine ist im Kuhstall aufgewachsen, die andere in einer Hütte, und wieder ein anderer hatte ein riesiges Haus in Ägypten. Die Biografien könnten unterschiedlicher nicht sein. Und doch haben sie alle ähnliche Situationen erlebt, ähnliche Probleme in der Familie verhandelt. Es sind die Lebenswege von 14 Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft. Sie erzählen vom Schlafen auf der Eckbank in der Küche, von Häusern, die über Generationen aufgebaut wurden. Von Konflikten und Streits unter dem gemeinsamen Dach. Und letztlich folgt die Befreiung, die Abnabelung von der Familie.

Warum in diesem Fall ein Laien-Ensemble? „Es geht darum, die Bonner Gesellschaft direkt abzubilden“, sagt Dramaturgin Grönemeyer. „Es geht nicht um Perfektion, es geht um die Individualität der Personen und Purismus.“ Deswegen wird auch keinerlei Musik in dem Stück vorkommen. Alle Zeilen und Verse stammen aus den persönlichen Geschichten der Protagonistinnen und Protagonisten. „Wenn man jemanden allerdings bittet, ‚erzähl doch mal bitte was über deine Familie‘, rutscht man schnell in so ein Familienklischee hinein“, so Grönemeyer.

Deshalb hatten die Autoren des Stücks eine besondere Herangehensweise beim Schreiben: Die Darsteller wurden von Autor Kittstein gebeten, das Theater zu verlassen, raus auf die Straße, und dort 30 Begriffe zu sammeln, die ihnen beim Beobachten in den Sinn kommen. Zurück in der eigens gegründeten Schreibwerkstatt, sollten sie mit den Schlagworten ihre Mütter und Väter beschreiben. Die Erzählungen bearbeitete der Autor dann, schnitt sie teilweise ineinander, ließ sie in die Mutter- oder Zweitsprache der Schauspieler übersetzen. So entstand das Skript des Sprechchors.

Das Debüt des Stücks gibt es am Samstag, 12. Februar, ab 20 Uhr im Theater im Ballsaal an der Endenicher Frongasse 9 zu sehen. Karten sind erhältlich für 15, ermäßigt für 9 Euro auf bonnticket.de. Weitere Aufführungen finden am darauffolgenden Sonntag ab 16 und 18 Uhr statt. Mehr auf www.fringe-ensemble.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort