Kämmerei braucht Hilfe bei Buchhaltung Stadt Bonn bezahlt 310.000 Euro für Berater

Bonn · Es ist eine kostspielige Hilfe: Die Stadt Bonn holt sich Berater für ihre Buchhaltung. Externe Berater sollen bei der Aufstellung helfen und Mitarbeiter der Kämmerei schulen.

Die Stadt Bonn holt sich kostspielige Hilfe für ihre Buchhaltung. Um gesetzlich vorgeschriebene Gesamtabschlüsse erstellen zu können, will die Verwaltung rund 220.000 Euro ausgeben. Externe Berater sollen bei der Aufstellung helfen und Mitarbeiter der Kämmerei schulen.

Der Rat stimmte am Montagabend bei Enthaltung der Linken zu. Insgesamt liegen die Ausgaben für die Gesamtabschlüsse damit schon bei mindestens 310.000 Euro. Die Kämmerei legt alle zwölf Monate einen Jahresabschluss zum Vermögen, den Einnahmen und Ausgaben der Kommune vor. Der Gesamtabschluss geht darüber hinaus: Er soll auch die Finanzlage der städtischen Beteiligungsgesellschaften – zum Beispiel Stadtwerke, Vebowag und Bonnorange – mit einbeziehen. „Damit soll gewährleistet werden, dass der Gesamtabschluss sämtliche Tätigkeitsbereiche unabhängig von Organisations- oder Rechtsform so darstellt, als ob es sich um eine einzige wirtschaftliche und rechtliche Einheit 'Konzern Kommune' handelt“, erläutert Markus Schmitz aus dem Presseamt.

Doch die Stadt ist weit im Rückstand. 2004 hatte das Land NRW festgelegt, die städtischen Haushalte ab 2008 von der Kameralistik auf die doppelte Buchführung (Neues Kommunales Finanzmanagement, NKF) umzustellen. Schon im 2004 erlassenen Gesetz stand, dass der erste Gesamtabschluss spätestens zum 31. Dezember 2010 vorzulegen sei. Doch die Stadt musste nach dem NKF-Start zunächst eine aufwendige Eröffnungsbilanz aufstellen. Außerdem hätten die aktuellen Jahresabschlüsse Priorität genossen, so das Presseamt. Die Stadt habe zudem ein komplexes SAP-Modul aufbauen müssen, und eingearbeitete Mitarbeiter hätten die Kämmerei zwischenzeitlich verlassen.

Und so kam es, dass der Gesamtabschluss 2010 erst im Oktober 2017 mit sieben Jahren Verspätung in den Rat eingebracht wurde. Seitdem prüft das Rechnungsprüfungsamt das Zahlenwerk – ebenfalls mit externer Hilfe, für die weitere 90.000 Euro fällig werden. Weil auch andere NRW-Städte Schwierigkeiten haben, hilft das Land mit einem Beschleunigungsgesetz: Wer bis 2021 alle Gesamtabschlüsse der Jahre 2011 bis 2018 vorlegt, erspart sich die aufwendigen Prüfverfahren für die einzelnen Jahre.

"Der Zeitdruck ist ärgerlich"

Um die Frist zu schaffen, will die Stadt nun die Abschlüsse 2011 bis 2014 für jene 220.000 Euro extern vergeben. Aus Zeitgründen soll der Auftrag nicht ausgeschrieben, sondern im März freihändig erteilt werden. Schon 2015 hatte die Firma Best Practice Consulting laut vertraulicher Stadtunterlagen einen Auftrag zur SAP-Betreuung für rund 400.000 Euro bekommen. Auch darin war ein Kostenanteil für die Gesamtabschlüsse enthalten.

Im Rat beantragten die Grünen am Montag zunächst Vertagung, um offene Fragen zu klären. Oberbürgermeister Ashok Sridharan betonte aber die Dringlichkeit der wenige Tage alten Vorlage, „weil wir sonst mit der Abarbeitung der Gesamtabschlüsse nicht nachkommen“. Darauf zogen die Grünen ihren Antrag zurück.

„Wenn die Frist des Beschleunigungsgesetzes verstreicht, wird es teurer und aufwendiger“, sagte FDP-Fraktionschef Werner Hümmrich dem GA. Weil es der Kämmerei an Kapazitäten und Fachwissen fehle, sei die Auftragsvergabe unvermeidlich. „Ab den Abschlüssen 2015 muss die Verwaltung die Arbeit aber selbst leisten“, forderte Hümmrich.

Die Linken begründeten ihre Enthaltung mit den hohen Beraterkosten. Ärgerlich sei auch der Zeitdruck, unter den die Verwaltung den Rat gesetzt habe, so der Fraktionsvorsitzende Michael Faber. „Dass in der Verwaltung die Kompetenz für das Thema gänzlich fehlen soll, finden wir befremdlich, schließlich steht auch ein langjähriger Kämmerer als Oberbürgermeister an der Verwaltungsspitze.“

Die Kämmerei, erst seit 2016 unter Leitung von Kämmerin Margarete Heidler, hat nach Stadtangaben 27 Mitarbeiter. Eine Voll- und eine Teilzeitkraft seien neben anderen Aufgaben für die Gesamtabschlüsse zuständig.

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