Schotterbeete sind im Trend Stadt Bonn möchte Steingärten nicht dulden

Bonn · Schotterbeete sind in den Vorgärten immer häufiger zu sehen. Die Stadt Bonn will sie jedoch nicht dulden, weil sie klimafeindlich sind und Insekten keine Nahrung bieten.

Sie gelten als unverwüstlich und kaum pflegeintensiv. Schotterbeete in Vorgärten sind deshalb seit einigen Jahren auch in Bonn immer häufiger zu sehen. Allein im Neubaugebiet Am Hölder in Röttgen haben nach Beobachtung der Stadtverwaltung rund 30 Bauherren ihre „Vorgärten“ mit Lagen von Kies und Schotter verdichtet. Kritisiert wurde jüngst ebenfalls die Volksbank Köln-Bonn. Das Geldinstitut hatte vor seiner Filiale in Oberkassel alte Sträucher entfernen und Steine ausbringen lassen – mit einem steinernen Logo mittendrin.

„Zu beobachten ist, dass diese Form der Vorgartengestaltung an Neubauten oder nach Sanierung alter Gebäude derzeit gerne gewählt wird“, fasst Umweltamts-Leiterin Ute Zolondek auf GA-Anfrage zusammen. Für ein Schotterbeet wird bis zu einem halben Meter Erdreich ausgehoben. Ein wasserdurchlässiges Kunststoffvlies oder eine Plastikplane oder Betonplatte sollen künftiges Unkrautwachstum verhindern. Darauf kommt eine dicke Lage Bruchstein oder Kies. Nur vereinzelt werden - wenn überhaupt – Pflanzen in Löcher im Vlies gesetzt.

Gartenbaumeister Achim Kluge hält wenig von dieser Art der Gartengestaltung. Der Vizepräsident des Bundesverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) in Bad Honnef sagt: „Diesen Trend kann man – ohne zu übertreiben – als schlecht für das Klima bezeichnen“. Versiegelte Vorgärten nähmen Regenwasser nur bedingt auf und es stehe nicht mehr zur Verdunstung zur Verfügung. „Außerdem heizen sich Steine und Split an heißen Sommertagen stark auf, geben diese Hitze während der Nacht wieder ab und das direkt am Haus.“ Insekten oder anderen Tieren böten diese Mini-Wüsten keinerlei Nahrung oder Lebensraum. Mit der Initiative „Rettet den Vorgarten“ wirbt der Verband deshalb für florale Vielfalt.

Unmut an dieser Gartengestaltung

Amtsleiterin Zolondek erkennt zunehmenden Unmut in Politik und Bevölkerung an dieser Gartengestaltung. Schon vor vier Jahrzehnten hat sich die Stadt Bonn dagegen ausgesprochen. Nach der weiter gültigen Gestaltungssatzung für Vorgärten aus dem Jahr 1980 sind Schotterbeete in der Innenstadt sowie in sogenannten besseren Wohnlagen wie Südstadt, Plittersdorf und Rüngsdorf nicht zulässig, betonte Andrea Schulte vom städtischen Presseamt. Eigentümer sind vielmehr verpflichtet, ihre Vorgärten „auf gesamter Fläche gärtnerisch zu gestalten“. Die Eigenschaft als Garten müsse gewahrt bleiben. Eine Befestigung sei nur für Wege und Standplätze für Mülltonnen zulässig.

Für alle anderen Teile des Stadtgebiets gilt die Bauordnung NRW. Derzufolge müssen alle nicht bebauten Grundstückflächen Wasser aufnehmen können und begrünt oder bepflanzt werden. Zwar überprüfe die Verwaltung im einfachen Baugenehmigungsverfahren nicht die Einhaltung dieser Vorschriften, sagt Schulte. Aber man achte darauf bei Baukontrollen und Bauabnahmen. So würden die Eigentümer der Schottergärten Am Hölder jetzt schriftlich aufgefordert, ihre Steinwüsten zu begrünen.

Humusschicht bildet sich

Die Absicht hinter Schotterbeeten gehe insgesamt ohnehin nicht auf, weiß Gartenexperte Kluge: „Diese Flächen sehen nur für einen kurzen Zeitraum aufgeräumt aus“, erklärt er, „sobald organisches Material wie Samen und Blätter zwischen die Steine und den Split fällt und dort verrottet, bildet sich eine Humusschicht. Auf dieser siedeln sich Unkräuter an, die ungehindert wachsen können und vor dem Grau der Steine besonders ins Auge springen.“ Da helfe auch das Unkrautvlies unter den Steinen nichts.

Allerdings ist nicht alles, was nach steiniger Wüstenei aussieht, auch tatsächlich eine. So haben Mitarbeiter des Grünflächenamtes 2017 in den Beeten vor der Beethovenhalle ebenfalls eine Schotterlage ausgebracht. Diese sei aber nur eine Handbreit dick, berichtet Andrea Schulte, und diene als mineralische Mulchlage. Der Hintergrund: Am Rheinufer ist das Mikroklima besonders sonnig, heiß und windig. Die Steine schützen den Boden vor Austrocknung und unerwünschte Wildkräuter ließen sich einfacher entfernen. In die Beete haben die Stadtgärtner Hecken, Formgehölze, Stauden sowie Magnolien und Japanische Blumenhartriegel gesetzt, die reichlich Nahrung für Insekten bieten. Inzwischen blüht die Begrünung eindrucksvoll.

Ähnliche Pflanzkonzepte hat das Grünflächenamt in den vergangenen Wochen in der Budapester Straße gegenüber dem Windeckbunker, auf zwei Flächen im Ortskern von Dottendorf sowie im Hubertinumshof in Bad Godesberg umgesetzt. Das Rondell im Stadtpark Bad Godesberg soll folgen.

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