Streit um Unterkünfte in Bonn Stadt will Flüchtlingsheime selbst betreiben

Bonn · Die Stadt Bonn ist überzeugt, dass sie den Betrieb der Flüchtlingsunterkünfte nun selbst managen kann und hat die Ausschreibungen gestoppt. Doch das Vorhaben stößt auch auf Kritik.

 Das Gebäude der ehemaligen Poliklinik in der Wilhelmstraße.

Das Gebäude der ehemaligen Poliklinik in der Wilhelmstraße.

Foto: Benjamin Westhoff

Fast 1000 Flüchtlinge weniger als noch vor einem Jahr befinden sich in städtischer Obhut. Untergebracht sind die 2900 Menschen in Flüchtlingsheimen oder in Wohnungen und nicht länger in Hotels. Auch die Unterbringung in Turnhallen ist Geschichte. Weil die Stadtverwaltung überzeugt ist, den Betrieb ihrer Unterkünfte nunmehr aus eigener Kraft bewältigen zu können, hat sie eine Ausschreibung gestoppt, mit der eigentlich ein neuer Betreiber für zwei städtische Großunterkünfte gefunden werden sollte. Die Ausschreibung für den Sicherheitsdienst läuft dagegen weiter.

Bisher hatte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) einen Teil der städtischen Unterkünfte gemanagt. Der DRK-Kreisverband Bonn war der Stadt im Zuge der Flüchtlingswelle Mitte 2015 zu Hilfe geeilt und hatte sie beim Betrieb der damals in Windeseile geschaffenen Notunterkünften unterstützt. Auch für die fünf Turnhallen, in denen von Anfang 2016 bis vorigen Sommer ebenfalls Flüchtlinge untergebracht werden mussten, hatte das DRK ohne Ausschreibungsverfahren den Betrieb für ein Jahr übernommen. Für eine ordentliche Ausschreibung der Trägerschaft war damals keine Zeit, da sofortiger Handlungsbedarf bestand, erklärte Sozialamtsleiter Kurt Berger.

Dagegen sollte jetzt eine Ausschreibung für die Betreibung der Notunterkünfte in der ehemaligen Poliklinik an der Wilhelmstraße und einem umgebauten Bürogebäude an der Karl-Finkelnburg-Straße in Bad Godesberg durchgeführt werden. Doch „dann kam ich zu der Überzeugung, dass wir das auch mit unseren eigenen Kräften schaffen können“, so Berger. „Das heißt nicht, dass das DRK keinen guten Job gemacht hat“, beeilte er sich hinzuzufügen, „ganz im Gegenteil, das haben die damals in der Krisensituation mit Bravour bewältigt“. Doch die Situation stelle sich aktuell ganz anders dar: Die Flüchtlingszahlen in Bonn nähmen stetig ab. „Was nächstes Jahr ist, können wir natürlich nicht sagen“, sagte Berger. Für die Stadt sei es unterm Strich wirtschaftlicher, die Häuser nun selbst zu betreiben, als diese Aufgabe einem Dritten zu übertragen. mmerhin rund eine Million Euro kostete diese Dienstleistung die Stadt im vergangenen Jahr.

Flüchtlingszahlen sind zurückgegangen

„Das heißt nun aber nicht, dass wir jetzt eine Million Euro einsparen“, sagte Berger. Die Frage sei, ob man die bisherigen Standards in den Unterkünften so belasse oder sie ausweite. „Wir wollen auf jeden Fall dafür Sorge tragen, dass kein Serviceverlust entsteht“, versichert Berger. Mit derzeit 15 Sozialarbeiterstellen und rund 30 Hausmeistern sei die Stadt gut gerüstet, die Flüchtlinge in den verbliebenen Unterkünften auf deren weiterem Weg gut begleiten zu können. Darüber hinaus sei in der jüngsten Ratssitzung die Einstellung von neun weiteren Sozialbetreuern beschlossen worden, die vor Ort mit den nötigen Sprachkenntnissen als Ansprechpartner in den Übergangswohnheimen da sein sollen.

Diese Stellenbesetzung erfolgt zunächst befristet bis zu zwei Jahren. Dabei werde auf Personal vom DRK zurückgegriffen. Hinzu komme laut Berger die immer noch sehr große Zahl an Ehrenamtlichen, die die Stadt ebenfalls gut unterstützten. „Ich bin sicher, es wird keinen Bruch geben.“ Für Georg Fenninger ist das eine bittere Pille.

Der CDU-Ratsherr und Geschäftsführer seiner Fraktion ist ehrenamtlicher Vorsitzender des DRK-Kreisverbands Bonn und musste 60 Mitarbeitern betriebsbedingt kündigen, die in kommunalen Flüchtlingsheimen Bonn und Alfter eingesetzt waren. Bitter, auch wenn von Anfang an klar gewesen, dass es eine Ausschreibung geben und das DRK dann möglicherweise nicht mehr zum Zuge kommen werde, sagte er. Jetzt seien die Flüchtlingszahlen so zurückgegangen, dass die Stadt selbst in der Lage sei, die Betreuung sicherzustellen.

Integration der Geflüchteten

„Wir waren damals die einzigen, die in der Lage waren, adhoc und professionell zu helfen“, sagte Fenninger. Er sei zwar zuversichtlich, dass die Stadt die Flüchtlingsaufgabe tatsächlich allein bewältigen könne. „In vielen Fällen hat sich aber erwiesen, dass freie Träger das besser können als die Kommune“, so Fenninger.

Wolfgang Picken teilt diese Meinung. Der Bad Godesberger Pfarrer hatte jüngst beim runden Tisch Bad Godesberg den Stopp der Ausschreibung kritisiert. Er hatte das DRK gelobt und gesagt, der Verband sei auf besondere Weise in die gesellschaftliche Struktur von Bad Godesberg eingebunden und mit allen Akteuren der Flüchtlingshilfe vor Ort vernetzt. Das sei der Integration der Geflüchteten intensiv zugute gekommen.

Deshalb sei bei der Betreibung von Flüchtlingswohnheimen gesellschaftlichen Trägern mit örtlicher Verankerung der Vorzug vor der Stadt und auch externen Dienstleistern zu geben. Picken befürchtet, dass der Betreuungsstandard mit dem Trägerwechsel verringert werden könnte. „Wir waren von dem Konzept des DRK sehr überzeugt. Wir hoffen sehr, dass nun nicht am falschen Ende gespart wird“, sagte er dem GA.

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