Schulentwicklung in Bonn Stadt will kein Gymnasium aufgeben

BONN · Die Stadt will entgegen der Sparempfehlung des Landes auf keines ihrer zehn Gymnasien verzichten. "Es ist aus Sicht der Fachverwaltung derzeit nicht interessengerecht, die Schließung eines städtischen Gymnasiums zu erwägen", teilte das Schulamt auf GA-Anfrage mit.

 Unterricht in einer Gymnasialklasse: Die Stadt will der Landesempfehlung, eine Schule zu schließen, nicht nachkommen.

Unterricht in einer Gymnasialklasse: Die Stadt will der Landesempfehlung, eine Schule zu schließen, nicht nachkommen.

Foto: dpa

Im aktuellen Bericht der NRW-Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) hatte das Land der Stadt geraten, ihre Haushaltskonsolidierung bei den Schulen mit Hilfe eines vorausschauenden Flächenmanagements voranzutreiben. Dafür müsse aber endlich ein aktueller Schulentwicklungsplan her. Den letzten habe Bonn für Grundschulen 2009 und für weiterführende Schulen 2007 vorgelegt. Die in privater und kirchlicher Trägerschaft stehenden Gymnasien sind übrigens nicht Teil des Prüfberichts.

Zu wenig Schüler für zu viel Fläche

Im Detail waren in der GPA-Flächenanalyse bei den insgesamt 58 000 Quadratmetern Gymnasialflächen deutliche Flächenüberhänge moniert worden: Die Zahl der Gymnasiasten sei zwar über Jahre kontinuierlich angestiegen (auf 9615 im Jahr 2012). Auch der Anteil von Ganztagsbetreuung liege hoch (2012 schon bei 60 Prozent).

Doch die Klassenzahl sei inzwischen gesunken, da nur noch acht statt neun Gymnasialjahre durchlaufen würden. Somit sei die Schülerzahl 2014/2015 - auf die Fläche bezogen - um 768, sprich acht Prozent, zurückgegangen. Das Flächenmittel (Benchmark) pro NRW-Gymnasialklasse liege bei 274 Quadratmetern.

Bonner Klassen würden jedoch im Schnitt auf 309 Quadratmetern unterrichtet. Somit errechnet das Land bei einer Gesamtgebäudefläche von 125 000 Quadratmetern einen Überhang von 14 100 Quadratmetern. Der entspreche der Größe eines Standorts. Fazit: Ein Gymnasium könne also mit Blick auf die Raumsituation aufgegeben werden.

Die Bonner Verwaltung widerspricht: Die GPA-Analyse beruhe auf Erhebungen, die bereits älter seien und sich rechnerisch auf die Gesamtstadt bezögen. Sie seien nicht durch die aktuellen Entwicklungen gedeckt. Außerdem: "Die städtischen Gymnasien schöpfen ihre derzeitige Zügigkeit und in der Regel auch die mögliche Schülerzahl pro Eingangsklasse weitgehend aus." Das bedeutet: Bonner Gymnasialklassen sind fast alle voll.

Zudem würden durch Flüchtlinge zusätzliche Schüler hinzukommen. In einem einstimmig verabschiedeten Ratsbeschluss im Juni war die Verärgerung über die Landeseinschätzung noch deutlicher formuliert worden. Die GPA habe bereits zuvor "offenbar in Unkenntnis der realen Situation in Bonn" öffentlich "massive Irritationen" ausgelöst.

Die demografische Entwicklung verlaufe in Bonn nämlich azyklisch zum Land. Bonner Schülerzahlen stiegen an oder verstetigten sich auf hohem Niveau. Die Empfehlung des Landes dürfte zudem die aktuelle Diskussion um das Schulzentrum Tannenbusch ad absurdum führen.

Dort müssen in Kürze mindestens 28 Millionen Euro investiert werden: Wie berichtet, fordern Experten wie der Stadtschulpflegschaftssprecher einen erweiterten Neubau auch des dortigen Gymnasiums, während der Oberbürgermeister entgegen dem entsprechenden Ratsbeschluss für eine "Nur-Sanierung" des bisherigen Baukörpers plädiert. Hier sei die weitere Entwicklung abzuwarten, so das Schulamt.

Dass die Verwaltung seit sechs Jahren keinen Schulentwicklungsplan mehr vorlegt, liegt nach Auskunft des stellvertretenden Stadtsprechers Marc Hoffmann an einer nicht mehr besetzten Stelle, die jetzt ausgeschrieben sei. "Bewerbungen liegen vor. Bewerbungsgespräche finden in Kürze statt."

Ein Schulentwicklungsplan werde dann "schnellstmöglich nach Einarbeitung" der neuen Fachkraft vorgelegt. Bleibt die Frage, wie die Stadt die aus der GPA-Flächenanalyse folgenden Sparempfehlungen für die anderen Schultypen bewertet.

Wobei das Land auf der Suche nach "Optimierungspotenzialen" die Flächen der Förderschulen nicht unter die Lupe nimmt. Obwohl genau bei ihnen im Zuge der Bonner Inklusionsbemühungen derzeit wohl eine nicht unbeträchtliche Zahl von Schülern wegbrechen dürfte.

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