Buchvorstellung "Statt Floskeln die eigene Erziehung hinterfragen"

BONN · "Aus dir wird nie etwas!", "Du hast zwei linke Hände" - Wer sich derartige Sprüche ständig anhören muss, hat es schwer im Leben, meint Wissenschaftsjournalist Walter Schmidt. In seinem Buch "Solange du deine Füße..." entlarvt er derartige Bannbotschaften als Sprüche mit negativer Langzeitwirkung.

 Walter Schmidt liest in der Marienschule.

Walter Schmidt liest in der Marienschule.

Foto: Flick

"Es gibt natürlich auch Kinder, die durch diese Floskeln Widerstand entwickeln", gab Schmidt auf seiner Lesung in der Marienschule zur Altstadt-Lesereise zu. Albert Einstein habe sich etwa ständig von seinen Lehrern anhören müssen, dass nie etwas aus ihm werde.

Allgemein steht Schmidt derartigen Erziehungsfloskeln kritisch gegenüber - auch aufgrund eigener Erfahrungen: Beim unregelmäßigen Besuch der Großmutter sei häufig mit einer vorwurfsvollen Frage wie "Ach hast du den Weg überhaupt noch gefunden?" empfangen worden. "Solche Sprüche bleiben zeitlebens im Gedächtnis. Ich bin danach lange nicht wieder hingefahren", blickte Schmidt zurück.

Für die Recherche an seinem Buch hat der Bonner Diplom-Geograf Gespräche mit Psychologen, Erziehungsexperten, Psychiatern und Ärzten geführt. Dabei hat er herausgefunden, dass hinter Floskeln mit negativer Aussage bei den Eltern oft persönlicher Ärger oder Trauer stecken. "Eltern suchen die Fehler selten bei sich selbst", meinte Schmidt. Dabei wäre dies der richtige Ansatz: "Es geht darum, die eigene Erziehung zu hinterfragen." Oft werden Sprüche von Generation zu Generation weitergegeben und bestimmen das "Skript fürs Leben".

Mit unterhaltsamen Anekdoten machte Schmidt auf die Auswirkungen negativer Floskeln aufmerksam und bezeichnete diese als "Sprengsätze, die sehr lange zünden". Schmidt sieht sich selbst nicht als Erziehungsexperte und trotzdem gibt er Tipps, zum Beispiel auf die Vergleiche der Leistungen des eigenen Kindes mit den besseren Leistungen einer anderen gleichaltrigen Person zu verzichten: "Sich ständig mit anderen Menschen zu messen ist eine asphaltierte Autobahn ins eigene Unglück", meint Schmidt.

Doch es gibt auch Floskeln, deren Verwendung der Vater einer 15-jährigen Tochter befürwortet, nämlich die Sprüche, die Menschen ermutigen, etwas zu tun: "Probier es noch einmal. Du schaffst das schon" oder "Ein Indianer kennt keinen Schmerz" etwa. Dieser Spruch hat Schmidt als Kind selbst geholfen: "Ich mochte Indianer, die waren gut".

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