Haushalt verabschiedet Bonner Ratskoalition beschließt Steuererhöhungen

Update | Bonn · Am späten Donnerstagabend hat die Ratsmehrheit den umstrittenen Doppelhaushalt in Kraft gesetzt. Um Defizite zu verringern, zieht sie die Gewerbe-, Betten- und Wohnsitzsteuern an. Die Verschuldung der Stadt steigt trotzdem massiv.

 Die entscheidende Sitzung am Donnerstagabend: Der Block der Ratsmehrheit (rechts im Bild) war sich einig und brachte den Haushalt durch.

Die entscheidende Sitzung am Donnerstagabend: Der Block der Ratsmehrheit (rechts im Bild) war sich einig und brachte den Haushalt durch.

Foto: Meike Böschemeyer

Die Ratskoalition hat am Donnerstagabend den Doppelhaushalt für 2023 und 2024 verabschiedet und deutliche Steuererhöhungen beschlossen. Grüne, SPD, Linke und Volt setzten die Entscheidung mit den Stimmen von Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) und Özlem Yildiz-Üstündag (BIG) durch. Die Verschuldung der Stadt wird nach diesem Beschluss massiv anwachsen.

Erwartungsgemäß steigt die Gewerbesteuer. Eine Grundsteuererhöhung, die von der Stadtverwaltung als Möglichkeit vorgeschlagen worden war, beschlossen die Koalitionäre nicht. Dafür sollen aber auch die Beherbergungs-, die Zweitwohnsitz- und Vergnügungssteuern anwachsen.

Bettensteuer wird auf Geschäftsreisende ausgedehnt

Die Gewerbesteuer erhöht die Ratsmehrheit weniger stark als von der Stadtspitze vorgeschlagen - von derzeit 490 Hebesatzpunkten auf 537 statt 565 Punkte. Um einen Punkt auf sechs Prozent anziehen will die Koalition die „Bettensteuer“ für Übernachtungen in Hotels und sonstigen Unterkünften. Bisher muss diese nur von Privatgästen entrichtet werden. Künftig soll die Steuerpflicht in Bonn auf Geschäftsreisende ausgedehnt werden.

Außerdem will die Ratsmehrheit sowohl die Zweitwohnsitzsteuer (von 12 auf 13 Prozent) als auch die Steuer auf Glücksspielautomaten (18 auf 20 Prozent) anheben. Die Mehreinnahmen gibt sie pro Jahr mit 22 Millionen (Gewerbesteuer), 3,6 Millionen (Bettensteuer) und 80.000 Euro an (Zweitwohnsitzsteuer).

Bonn: Rat beschließt Steuererhöhungen - Gewerbesteuer steigt
Foto: GA

Der Haushalt umfasst rund 1,7 Milliarden Euro im Jahr. Die Koalition setzt einen Schwerpunkt im Umweltschutz, plant 2023 und 2024 insgesamt rund 50 Millionen Euro für den beschlossenen Klimaplan und dieselbe Summe als Zuschüsse für die Stadtwerke-Verkehrssparte. „Klimaschutz ist teuer, kein Klimaschutz noch viel teurer“, unterstrich die Grünen-Fraktionsvorsitzende Annette Standop in der Ratssitzung. Sie warf Bund und Land vor, die Kommunen trotz wachsender Aufgaben nicht ausreichend finanzieren.

Bonn: Rat beschließt Steuererhöhungen - Gewerbesteuer steigt
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Auch im Sozialen gibt die Koalition mehr Geld aus: Für die Unterstützung von Familien und Kindern steigen die Ausgaben um rund 40 Millionen Euro. Besonders viel Geld fließt in die Integrationsassistenzen an Schulen, zudem werden beispielsweise Kita-Träger stärker bezuschusst und der Nutzerkreis des Bonn-Ausweises ausgeweitet.

Die Ratsmehrheit betonte, intensiv nach Sparpotenzialen gesucht zu haben. „Nur die Steuern zu erhöhen, ohne Sparmaßnahmen zu benennen, das wäre das falsche Signal“, sagte SPD-Fraktionschef Max Biniek in Richtung Stadtverwaltung. Die muss nun 55 geplante Stellen streichen, um die Personalkosten um vier Millionen Euro zu senken; weitere sechs Posten verliert das Städtische Gebäudemanagement Bonn (SGB). Dem stehen aber 389 Stellen gegenüber, die in der Verwaltung trotzdem neu geschaffen werden. Die Mehrkosten betragen ab 2024 rund 29 Millionen Euro im Jahr.

Kritische Töne zum Personal auch aus Koalition

„Diese hohe Dynamik beim Stellenaufwuchs wird sich so nicht fortsetzen lassen“, merkte Linken-Fraktionschef Michael Faber an. Künftig müsse man die Strukturen der Verwaltung überprüfen und Aufgabenkritik üben – also Leistungen reduzieren. Auch Volt-Chefin Friederike Martin forderte, die Verwaltung müsse „zukunftsfähig“ werden. Sie machte deutlich, wie wichtig ihrer Fraktion in den koalitionsinternen Verhandlungen die Abmilderung der Gewerbesteuererhöhung gewesen sei.

Die Ratsmehrheit streicht zudem eine Million Euro im Etat des Tiefbau- und des Grünflächenamtes sowie 500.000 Euro beim SGB. Zuschüsse an die Wohlfahrtsverbände steigen geringer als ursprünglich geplant.

Nach den letzten Zahlen aus der Stadtverwaltung (Stand Mittwoch) klafft im Doppelhaushalt im laufenden Jahr ein Defizit von 42 Millionen Euro und 2024 von 37,1 Millionen Euro; bis 2027 sind es insgesamt 276 Millionen, die fehlen. Die Verschuldung der Stadt wächst demnach von 1,8 Milliarden im Jahr 2020 auf 3,5 Milliarden im Jahr 2027 (siehe Grafik). Das wird vor dem Hintergrund steigender Leitzinsen teuer für die Kommune: Lag die Zinslast 2022 laut Kämmerei noch bei 28,3 Millionen Euro, springt sie in diesem Jahr auf 47,6 Millionen. Nächstes Jahr werden laut Plan schon 64,9 Millionen Zinsen fällig, im Jahr 2027 dann 92 Millionen Euro. Die Koalition geht trotzdem davon aus, dass der Etat für die Kommunalaufsicht genehmigungsfähig sein werde.

Opposition wettert gegen Finanzplanung

Die Opposition lehnte den Etat nahezu geschlossen ab und übte harsche Kritik – vor allem an den stark steigenden Personalkosten. Nächstes Jahr erreichen sie 461 Millionen Euro (siehe Grafik), wobei die bevorstehende Besoldungserhöhung für die Stadtbeamten noch nicht einmal angemessen eingerechnet ist. „Dieser Haushalt ist alles Mögliche, aber sicher nicht nachhaltig“, urteilte FDP-Fraktionschef Werner Hümmrich. Für Marcel Schmitt (Bürger Bund) ist die Finanzplanung „unseriös“ und „ein Offenbarungseid“.

Die CDU legte Sparvorschläge vor, deren Umfang laut Fraktion bei 30 Millionen Euro läge, drang damit aber nicht durch. „Der von der Oberbürgermeisterin vorgelegte Haushalt belastet zukünftige Generationen, führt zu schwindelerregenden Schulden und ist Dilettantismus pur“, kritisierte der CDU-Fraktionsvorsitzende Guido Déus. Er hielt Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) vor, dem Rat einen mahnenden Brief der Bezirksregierung Köln so lange vorenthalten zu haben, bis die „heilige Kuh Klimaplan durchgeboxt“ gewesen sei.

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