Mahnmale in der Bundesstadt Sinti bekommen erstmalig Stolpersteine in Bonn
Bonn · Nur die Hälfte der in Bonn lebenden Sinti und Roma haben die Zeit der Nationalsozialisten überlebt. Den Verfolgten wird jetzt in der Bundesstadt mit Stolpersteinen gedacht. Die Zahl der Steine steigt derzeit deutlich.
Bei Regenwetter machten sich zwei Männer mit Spitzhacke und Drucklufthammer am Gehweg in der Ellerstraße zu schaffen. Nach ihrer Arbeit leuchteten sechs neue Stolpersteine vor der Hausnummer 34. Bereits 20 Jahre ist es her, als Künstlers Gunter Demnig in Bonn die ersten Stolpersteine verlegt hat – nun folgen weitere 36 Stolpersteine für die Bonner, die von den Nationalsozialisten verfolgt, vertrieben oder ermordet wurden. Gemeinsam mit Michael Berft vom städtischen Tiefbaumt formt Demnig an zwei Tagen kleine Mosaikmuster in die Bordsteine. Die Steine sollen auch jenen gedenken, die Ausgrenzung und Verfolgung überlebt haben oder sich durch Flucht in Sicherheit bringen konnten.
Nur die Hälfte der Bonner Sinti überlebte
Bei den Verlegungsarbeiten, die von der Gedenkstätte Bonn durchgeführt werden, wurden erstmals auch Stolpersteine für ermordete Sinti aus Bonn berücksichtig. Nur die Hälfte der etwa 100 Bonner Sinti, die in der Zeit des Nationalsozialismus in Bonn wohnten, überlebte die Verfolgung und Deportation durch die Nationalsozialisten. Ihre ermordeten Angehörigen wurden Opfer der rassistischen Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten. Oberbürgermeisterin Katja Dörner, die bei der Verlegung in der Ellerstraße anwesend war, machte bei ihrer Rede auf das Thema aufmerksam. „Es ist ein wichtiges Zeichen, dass erstmals für vier Sinti Stolpersteine gespendet werden. So wird die Verfolgung und Ermordung von Sinti und Roma in Bonn sichtbar“, sagte Dörner.
Für die Verlegung der Stolpersteine war Musiker Barry Mehler aus Amsterdam angereist. „Ich bin hocherfreut, dass meine Mama und meine Großmutter nun einen Platz in der Bonner Historie haben. Das Stolpersteine-Projekt ist sehr wichtig, um an die vielen Menschen zu erinnern, die Opfer des Nationalsozialismus wurden“, sagte Mehler. Die Stolpersteine seiner Mutter und Großmutter liegen nun in der Noeggerathstraße 8. Sie mussten während der Nazi-Zeit aus Bonn fliehen. Mehlers Urgroßonkel Albert Meyer (1886 – 1934), hat einen Stolperstein in der Ellerstraße.
Weitere Stolpersteine wurden in der Nordstraße 48 und 106, Wenzelgasse 39-41, Rheindorfer Straße 50 sowie am Nesselroderhof 4 verlegt. Am Donnerstag wird das städtische Tiefbauamt weitere Stolpersteine in der Rheinallee 31 und 35 in Bad Godesberg verlegen.
Ausschließlich durch Spenden finanziert
Die Verlegung der Stolpersteine wird ausschließlich von Spendern finanziert. Insgesamt sind so 385 Stolpersteine im gesamten Bonner Stadtgebiet zusammengekommen. In das Jahr 2022 fällt nicht nur der 20. Jahrestag der ersten Stolpersteinverlegung in Bonn 2002, auch die Deportationen der jüdischen Bevölkerung aus Bonn im Jahr 1942 fanden vor 80 Jahren statt. Die im Ghettolager Endenich internierten Menschen wurden, nachdem sie am Vortag in das Messelager Köln gebracht worden waren, vom Bahnhof Köln Messe/Deutz am 15. Juni 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt, am 15. Juni 1942 in den Distrikt Lublin, am 20. Juli 1942 nach Minsk und am 27. Juli 1942 in das KZ Theresienstadt deportiert. Nur wenige von ihnen überlebten die folgenden Strapazen und Torturen.