"Wie in den Ferien" Streik: Ruhe in den Notgruppen der städtischen Kitas

BONN · So chaotisch, wie man sich eine Notgruppe vom Namen her vorstellt, war es am Montag in der Kita Oberaustraße in Mehlem nicht. Sonst ist es dort sogar wesentlich lauter, wenn sieben Erzieherinnen 47 Mädchen und Jungen zwischen zwei und sechs Jahren betreuen.

 Picknick im Garten: Die 14 Mädchen und Jungen der Notgruppe in der Kita Oberaustraße und ihre Erzieherinnen bei der Obst-Pause.

Picknick im Garten: Die 14 Mädchen und Jungen der Notgruppe in der Kita Oberaustraße und ihre Erzieherinnen bei der Obst-Pause.

Foto: Nicolas Ottersbach

Am Streiktag waren es in der Notgruppe nur 14. "Das ist dann wie in den Ferien", sagte Leiterin Angelika Zehnder. Dementsprechend entspannt war die Situation. Die ersten Eltern brachten ihren Nachwuchs gegen 7 Uhr, die letzten holten ihn um 16.30 Uhr ab, als die Kita schloss. Anna Schultz kam schon etwas früher wieder, um ihren Sohn Bruno einzusammeln. "Mein Mann und ich sind berufstätig, die Großeltern wohnen zu weit weg", erklärte sie.

Zwar bot ihr Chef bei der Bundesanstalt für Landwirschaft und Ernährung an, Bruno mit ins Büro bringen zu dürfen. "Aber das ist auch keine optimale Lösung, weil ich mich dann nicht auf die Arbeit konzentrieren kann", sagte Schultz. Sie hat Verständnis für den Streik und war froh, dass ein paar Erzieherinnen sich trotzdem um die Kinder kümmerten.

"Die meisten Mütter und Väter unterstützen uns und sind dankbar", sagte Zehnder. Besonders, wenn es richtige Notfälle sind. So hatte ein Vater eine Operation, seine Frau wollte deshalb gerne bei ihm im Krankenhaus sein. "Da springen wir natürlich ein." Weil viel weniger Kinder als erwartet da waren, konnten sich die Erziehrinnen mehr Zeit mit jedem ihrer Schützlinge nehmen. Es gab wie gewohnt einen Morgenkreis, bei dem auch über den Streik gesprochen wurde. Denn die Mädchen und Jungen fragten sich natürlich, warum ihre Freunde fehlten. "Wir haben versucht, das mit einfachen Worten zu erklären."

Nach dem Mittagessen ging es in die Schlafpause, zwischendurch konnten die Kinder draußen spielen. Christa Putzke, Erzieherin im Anerkennungsjahr, knotete Gänseblümchen zusammen. Die dritte Kollegin, die gestern arbeitete, bastelte mit den Kleinen. Die drei Frauen übernahmen die Notgruppe, weil sie nicht gewerkschaftlich organisiert sind und deshalb kein Streikgeld bekommen. "Wir stehen aber hinter dem Streik, schließlich profitieren wir auch davon", erklärte Zehnder, die seit mehr als 25 Jahren Erzieherin ist. Wie ihre Kollegen klagte sie über zu geringe Löhne sowie fehlende Anerkennung. So ruhig der Streiktag für sie auch war, so sehr wünscht sie sich alle Kinder zurück. "Wir wollen ja, dass alle unsere Angebote mitmachen können, wir lieben unseren Beruf."

34 der 67 städtischen Kindertagesstätten wurden gestern bestreikt, neun nur teilweise. 21 waren regulär geöffnet. Die Information über die bestreikten Einrichtungen haben laut Marc Hoffmann vom Presseamt dazu geführt, dass die Anrufe bei der Kita-Streik-Hotline (Tel. 02 28/77 55 44, Montag bis Freitag 8 bis 16 Uhr) weniger geworden seien und "dass die Eltern in sehr hohem Maße für Ersatzbetreuungen gesorgt haben". Ende vergangener Woche gab es etwa 70 Anrufe, gestern waren es 20. "Wir versuchen zu helfen, was aber bei der großen Zahl der betroffenen Familien und bestreikten Einrichtungen fast nur vor Ort geleistet werden kann", so Hoffmann. Deshalb seien die Leitungen der Kitas erster Ansprechpartner der Eltern.

Christoph Busch von der Komba-Gewerkschaft war zufrieden mit dem Streiktag. Insgesamt fuhren 350 Bonner Erziehern zur NRW-Demonstration nach Aachen. Heute starten die lokalen Streikaktionen, los geht es um 10 Uhr mit der Kita an der Rigal'schen Wiese in Bad Godesberg. An anderen Tagen folgen die weiteren Bezirke Zentrum, Bonner Norden, Beuel und Hardtberg.

Diese Kitas werden bestreikt

  • Dienstag, 12. Mai: Domhof/Friedrich-Bleek-Straße, Neuer Weg, Eduard-Otto-, Oberau-, Ellesdorferstraße, Pappelweg, Heinrich-Schneiders-Straße, Splickgasse, Annaberger-, Talstraße, Kurfürstenallee, Weißenburg-, Lindstraße, Winkelsweg, Markusplatz. Kundgebung um 10 Uhr an der Rigal'schen Wiese.
  • Mittwoch, 13. Mai: Rheindorfer Burg, Graurheindorfer Straße, Auf dem Huckstein, Helsinkistraße, Berliner Platz, Kaiser-Karl-Ring, Dorotheen-, Loe-, Eller-, Warschauer und Estermannstraße. Kundgebung um 10 Uhr in der Kita Botania, Graurheindorfer Straße 147.
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort