Auf Bonner Parkplatz Streit um einen Euro Parkgebühr eskaliert

Bonn · Auf einem Bonner Parkplatz eskalierte der Streit um einen Euro zwischen einem Rentner und einer Parkwächterin. Nun urteilte das Gericht.

Der Angeklagte (links) mit seinem Verteidiger.

Foto: Ulrike Schödel

Am Ende hatte der Rentner keine guten Karten mehr – und der Streit um ein Euro Parkgebühr, der zunächst wegen seiner Süffisanz auch eine heitere Note zu haben schien, endete mit einem sehr deutlichen Urteil: Sechs Monate Haft mit Bewährung – wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und gefährlicher Körperverletzung.

Immerhin habe der 81-Jährige, so der Bonner Amtsrichter, seinen Mercedes als Waffe benutzt, als er am 16. April 2018 die Nachgebühr von einem Euro auf dem privaten Parkplatz im Viktoriakarree nicht zahlen wollte. Aus Wut über den „unverschämten Ton“ und das „burschikose Auftreten“ der Wächterin wollte der Unternehmer schleunigst den Parkplatz verlassen: Per Knopfdruck schloss er das Autofenster an der Beifahrerseite, klemmte den Arm der 51-Jährigen ein und gab Gas: Die Hüterin musste fünf Meter mitlaufen, bis es ihr gelang, den Arm herauszuziehen.

Der Angeklagte hatte den nicht undramatischen Vorgang im Prozess vehement bestritten. Niemals würde er sich wegen einem Euro so ein Ding leisten, hatte der 81-Jährige beteuert, der sich „der Wahrheit und dem lieben Gott“ verpflichtet fühlt, wie er im letzten Wort geschworen hatte. Vielmehr sei es die „blühende Fantasie“ der Parkwächterin, die diese Geschichte in die Welt gesetzt und ihn verunglimpft habe. Nach dem Vorfall hatte der Ex-Firmenchef noch versucht, mit einer Briefmarke im Wert von 1,45 Euro die Sache wiedergutzumachen: In einem Umschlag hatte er – anonym – das Postwertzeichen an den Betreiber des Parkplatzes geschickt.

Der Amtsrichter glaubte dem Mann, der sich selbstgerecht, überheblich und uneinsichtig präsentierte, kein Wort – und hielt die Version der Parkwächterin für glaubwürdig. Es sei völlig lebensfremd, dass jemand wegen des Schadens von einem Euro zur Polizei gehe, hieß es im Urteil. „Da muss schon mehr passiert sein.“ Zudem hatte eine Rechtsmedizinerin bestätigt, dass die Verletzungen – zwei längliche Blutergüsse – auf dem Arm der 51-Jährigen durchaus von der Einklemmung stammen können.

Keine Frage, dass der Angeklagte sich mit dieser hochriskanten Aktion, die auch viel böser hätte enden können, sich völlig ungeeignet gezeigt habe, am Straßenverkehr teilzunehmen. Entsprechend wurde ihm auch der Führerschein entzogen, vor Ablauf von neun Monaten darf er keinen neuen beantragen.

Auch der Staatsanwalt hatte den Rentner als „Ausbund an deutscher Rechthaberei“ bezeichnet, aber noch eine milde Geldstrafe von 2700 Euro beantragt. Obwohl der Angeklagte sogar seine 82-jährige Ehefrau, die am Tattag auf dem Beifahrersitz gesessen hatte, zur Falschaussage verleitet hatte: Im letzten Wort hatte der 81-Jährige ohne Unrechtsbewusstsein eingeräumt, dass er „den Fall mit ihr wiederholt besprochen“ habe, da sie „zunehmend vergesslich“ sei. Wegen des Zoffs um einen Euro drohen dem Paar kurz vor ihrer Diamantenen Hochzeit weitere Verfahren: Ihr wegen Falschaussage und ihm wegen Anstiftung dazu.